7b 84-B 1527 VON J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel) in Strassburg. Zur Kunstgeschichte des Auslandes. (Erscheint seit 1900). 1. Heft. Haendcke, B., Prof. Dr., Studien zur Gesch. der spanischen Plastik. Juan Martinez Montanes — Alonso Cano — Pedro de Mena — Francisco Zarcillo. M. 11 Taf. 3. — 2. WolfT, Fritz, Dr., Michelozzo di Bartolommeo. Ein Beitrag zur Geschichte der Architektur und Plastik im Quattrocento. 4. — 3. Jaeschke, Cmil, Dr., Die Antike in der bildenden Kunst der Renaissance. I. Die Antike in der Florentiner Malerei des Quattrocento. 3. — 4. Prestel, Jakob, Dr., Des Marcus Vitruvius Pollio Basilika zu Fanum For- tunae. Mit 7 Tafeln in Lithographie. 6. — 5. Pelka, Otto, Dr., Altchristliche Ehedenkmäler. Mit 4 Lichtdrucktafeln. 8. — 6. Hamilton, Neena, Die Darstellung der Anbetung der heiligen drei Könige in der toskanischen Malerei von Giotto bis Lionardo. Mit 7 Lichtdrucktafeln. 8. — 7. Goldschmidt, Adolph, Die Kirchentür des heiligen Ambrosius in Mailand. Ein Denkmal frühchristlicher Skulptur. Mit 6 Lichtdrucktafeln. 3. — 8. Prestel, Jakob, Dr., Die Baugeschichte des jüdischen Heiligtums und der Tempel Salomons. Mit VH Tafeln auf zwei Blätter. 4, 50 9. Brach, Albert, Giottos Schule in der Romagna, Mit 11 Lichtdrucktafeln. 8. — 10. Witting, Felix, Die Anfänge christlicher Architektur. Gedanken über Wesen und Entstehung der christlichen Basilika. Mit 26 Abbildungen im Text. 6. — 11. Lichtenberg, Reinhold, Freiherr von, Dr., Das Porträt an Grabdenk- malen ; seine Entstehung und Entwicklung vom Altertum bis zur italienischen Renais- sance. Mit 44 Tafeln. 15. — 12. Rothes, Walter, Dr., Die Darstellung des fra Giovanni Angelico aus dem Leben Christi und Mariae. Ein Beitrag zur Ikonographie der Kunst des Meisters. Mit 12 Lichtdrucktafeln. 6. — 13. IVulfT, Oskar, Die Koimesiskirche in Nicäa und ihre Mosaiken nebst den ver- wandten kirchlichen Baudenkmälern. Eine Untersuchung zur Geschichte der byzant. Kunst im I. Jahrtausend. Mit 6 Tafeln und 43 Abbildungen. 12, — 14. Roosval, Johnny, Schnitzaltäre in schwedischen Kirchen und Museen aus der Werkstatt des Brüsseler Bildschnitzers J an Bor mann. Mit 61 Abbildungen. 6. — 15. Schubring, Paul, Urbano da Cortona. Ein Beitrag zur Kenntnis der Schule Donatellos und der Sieneser Plastik im Quattrocento nebst einem Anhang: Andrea Guardi. Mit 30 Abbildungen. 6. — 16. Brach, Albert, Nicola und Giovanni Pisano und die Plastik des XIV. Jahr- hunderts in Siena. Mit 18 Tafeln. 8. — 17. Fechheimer, S., Donatello und die Relief kunst. Eine kunstwissenschaftliche Studie. Mit 16 Tafeln. 6. — 18. Stengel, Walter, Formalikonographische Detail -Untersuchungen. I. Das Taubensvmbol des hl. Geistes (Bewegungsdarstellung, Stilisierung : Bildtemperament). Mit 100 Abbildungen. 2. 50 19. Witting, Felix, Westfranzösische Kuppelkirchen. Mit 9 Abbildungen. 3. — 20. Poppelreuter, Jos., Der anonyme Meister des Poliphilo. Eine Studie zur italienischen Buchillustration u. zur Antike in d. Kunst des Quattrocento. Mit 25 Abb. 4. — 21. Hasse, C, Roger van Brügge, der Meister von Flemalle. M. 8 Taf. 4. — 22. Gottschewski, Adolf, Die Fresken des Antoniazzo Romano im Sterbe- zimmer der hl. Catarina von Siena zu S. Maria Minerva in Rom. Mit 11 Tafeln. 4. — 23. Sachs, Curt, Das Tabernakel mit Andrea's del Verrocchios Thomasgruppe an or San Michele zu Florenz. Beitrag zur Florentiner Kunstgeschichte. M. 4 Tfln. 3. — 24. Pinder, Wilhelm, Einleitende Voruntersuchung zu einer Rhythmik roma- nischer Innenräume in der Normandie. Mit 3 Doppeltafeln. 4. — 25. Rothes, Walter, Die Blütezeit der sienesischen Malerei und ihre Bedeutung für die Entwicklung der italienischen Kunst. Ein Beitrag zur Geschichte der sienesischen Malerschule. Mit 52 Lichtdrucktafeln. 20. — 26. Hedicke, Robert, Jacques Dubroeucq von Möns. Ein niederländischer Meister aus der Frühzeit des italienischen Einflusses. Mit 42 Lichtdrucktafeln. 30. — 27. Weber, Siegfried, Fiorenzo di Lorenzo. Eine kunsthistorische Studie. Mit 25 Lichtdrucktafeln. 12. — 28. Witting, Felix, Kirchenbauten der Auvergne. Mit 9 Abbildungen. 3. 50 29. Valentiner, W. R., Rembrandt und seine Umgebung. Mit 7 Tafeln. 8. — Verlag von J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel) in Strassburg. 30. Hasse, C, Roger van der Weyden und Roger van Brügge mit ihren Schulen. Mit 15 Tafeln. 6. - 31. Schmerber, Hugo, Die Schlange des Paradieses. Mit 3 Tafeln. 2. 50 32. Suida, Wilhelm, Florentinische Maler um die Mitte des XIV. Jahrhunderts. Mit 35 Lichtdrucktafcln. 8. — 33. Siren, Osvald, Don Lorenzo Monaco. Mit 54 Lichtdrucktafeln. 20. - 34. Crroote, Maximilian, von, Die Entstehung des Jonischen Kapitells und seine Bedeutung für die griechische Baukunst. 3. — 35. Krücke, Adolf, Der Nimbus und verAvandte Attribute in der frühchristlichen Kunst. Mit 7 Lichtdrucktafeln. 8. — 36. Pinder, Wilhelm, Zur Rhythmik romanischer Innenräume in der Normandie Weitere Untersuchungen. Mit 4 Doppeltafeln. 4. — 37. Groner, Anton, Raffaels Disputa. Eine kritische Studie über ihren Inhalt. Mit 2 Lichtdrucktafeln. 3. 50 38. Bernoulli, Rudolf, Die romanische Portalarchitektur in der Provence. Mit 19 Abbildungen und 1 Uebersichtskarte. 4. — 39. Jacobson, Cmil, Die «Madonna piccola Gonzaga». Untersuchungen über ein verschollenes und angeblich wiedergefundenes Madonnenbild von Raphael. Mit 3 Lichi- drucktafeln, 2. 50 40. Würz, Hermann, Zur Charakteristik der klassischen Basilika. Mit 12 Ab- bildungen im Text und 5 Lichtdrucktafcln. 5. — 41. Siebert, Margarete, Die Madonnendarsteliung in der altniederländischcn Kunst von Jan v;in Eyck bis zu den Manieristen. 2. 50 42. Schmerber, Hugo, Betrachtungen über die italienische Malerei im 17. Jahr- hundert. Mit 30 Tafeln in Lichtdruck. 20. — 43. Würz, Erwin, Plastische Dekoration des Stützwerlces in Baukunst und Kunstgewerbe des .Altertums. Mit '83 Abbildungen. 8. — 44. Willich, Hans, Giacomo Barozzi da Vignola. Mit 38 Abbildungen im Text und 22 Tafeln. 12. — 45. Grassmann, Karl, Der Gcmäldczyklus der Galerie der Maria von Medici von Peter Paul Rubens. Mit 9 Lichtdrucktafcln. " 8. — 46. Kühnel, Ernst, Francesco Botticini. Mit 15 Tafeln in Lichtdruck. 7. — 47 Goldmann, Karl, Die ravennatischen Sarkophage. Mit 9 Lichtdrucktafeln. 5. - 48. Hadeln, Detlev Freiherr von. Die wichtigsten Darstellungsformen des H. Sebastian in der italienischen Malerei bis zum Ausgang des Quattrocento. Mit 7 Licht- drucktafeln. 4. — Unter der Fresse: Burger, Fritz, Francesco Laurana und die Meister des Triumphbogens des Alfonso in Neapel. Mit zahlreichen Abbildungcii. Jacobson, Emil, Sienesische Meister des Trecento in der Gemäldegalerie zu Siena. Mit zahlreichen Abbildungen. Burger, Fritz, Studien zur Mediceerkapelle Michelangelos. Mit 7 Abb. im Text und 6 Lichtdrucktafeln. Weitere Hefte in Vorbereitung. - Jedes Heft ist einzeln käuflich. GESCHICHTE DER DEUTSCHEN PLASTIK IN SIEBENBÜRGEN Digitized by the Internet Archive in 2013 http://archive.org/details/geschichtederdeuOOroth STUDIEN ZUR DEUTSCHEN KUNSTGESCHICHTE 75. HEFT. GESCHICHTE DER DEUTSCHEN PLASTIK IN SIEBENBÜRGEN VON Dr. VICTOR ROTH MIT 74 ABBILDUNGEN AUF 30 LICHTDRUCKTAFELN. STRASSßURG J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel) 1906 DEN PROFESSOREN DER KUNSTGESCHICHTE Dr. KONRAD LANGE und Dr. HANS SEMPER IN HERZLICHER VEREHRUNG. I INHALTSVERZEICHNIS. Seite Vorwort IX Allgemeines als Vorbemerkung 1 Die Periode des romanischen Stils 3 Adam und Eva, Relief in Holzmengen 4 Portal in Fr eck 4 Portal in Sakadat 4 Gewölbeschlussteine in Alzen und Neustadt 5 Die Skulpturen des Weissenburger Domes 5 Der Hermannstädter Urceolus 6 Die Periode des gotischen Stils 8 Die Steinplastik 8 Georg und Martin von Klausenburg 9 Die Heiligenstatuen der ev. Kirche in Mühlbach 13 Peter Lantregen von Oestreich 16 Die Reichesdorfer Kreuzigungsgruppe 22 Der Hermannstädter Christuskopf 23 Die Marienburger Skulpturen 24 Kleinere Plastiken in Hermannstadt, Pretai, Hetzeldorf, Wurmloch 25 Die Hermannstädter mater dolorosa 26 Die Kronstädter Heiligenstatuen 27 Statue eines segnenden Bischofs in Bistritz 28 Der Türstock im alten Bistritzer Kapitelshof 28 Die Krönung Mariae, Relief in Petersdorf bei Bistritz .... 29 Das Bistritzer Relief vom Jahre 1320 29 Grabstein des Georg Hecht 29 Grabstein des Nikolaus Prol 29 Grabstein des Johannes Lula 30 Grabstein des Augustin Hedwig 30 Jungfrau Maria von Recanati 31 Die Holzplastik 32 Die Malmkroger Kreuzigungsgruppe 32 Die Michelsberger Madonna 34 Die Hermannstädter Marienstatue 34 Johannes der Jünger in Hermannstadt — vin — Seile Kruzifixus in Hermannstadt 35 Der Schönberger Kruzifixus 35 Relief des hlg. Nikolaus in Schässburg 36 Die Periode der Renaissance 38 DieSteinskuIpturen 39 Ulrich von Kronstadt 40 Die Birthälmer Kanzel 43 Die Schässburger Skulpturen 45 Die Holzskulpturen 46 Die Schmiegener Madonna 46 Die Meeburger Christusstatue 48 Die Gross-Schenker Madonna 50 Die Bogeschdorfer Statuen 51 Die Birthälmer Kreuzigungsgruppe 54 Die Schnitzereien des Mühlbächer Altars 56 Die Statuen des Heldsdorfer Altars 74 Die Plastik des 17. Jahrhunderts 80 Die Grabsteinplastik 84 Elias Nikolai 89 Monument des Georg Apaffi 91 Grabstein des Georg Heltner 100 Grabstein des Georg Theilesius 101 Grabstein des Christian Barth 102 Grabstein des Valentin Frank 103 Grabstein des Tobias Sitt 105 Wappen des Christian Hirscher und des Michael Weiss. . 107 Epitaphium des Michael Agnethler 107 Portraitgrabsteine 107 Grabstein des Stefan Man 107 Grabstein des Valentin Seraphin HO Grabstein des Andreas Fleischer 112 Grabstein des Matthias Semriger 113 Grabstein des Petrus Weber 115 Grabstein des Christian Haass 117 Grabstein des Georg Peltzius 118 Grabstein des Paulus Whonner 119 Grabstein des Michael Oltardt 120 Der Drauth'sche Grabstein 121 Grabstein des Simon Albelius 122 Grabstein des Lucas Ungler 126 Grabstein des Matthias Schiffbäumer 126 Grabstein des Zacharias Weyrauch 126 Grabstein des Johann Bayer 126 Grabstein des Georg Hann 126 Grabstein des Georg Jüngling 126 Grabstein des Thomas Bordan 126 Grabstein des Petrus Calopaeus 126 Grabstein des Franziskus Elisius 127 DieWappengrabsieine 127 Grabstein des Lukas Enjeter 128 Grabstein des Albert Huet 129 Grabplatte des Michael Lutsch 129 Grabplatte des Petrus Haller 131 Grabstein des Koloman Gotzmeister 133 X Seite Grabstein des Michael Agnethler 13-1 Grabstein des Christoph Offner und des Christopherus Greisin g 136 Grabstein des Andreas Literatus 136 Grabstein der Margarethe Budai 136 Grabstein des Johann Roth und dessen Frau 137 Grabstein des Petrus Richelius 139 Grabstein des Martinus Rosalerus 140 Grabstein des Michael Schwartz 141 Andere Plastiken des 17. Jahrhunderts . . . 141 Der Hermannstädter Roland 14J Die Schässburger Apostelstatuen 144 Die Burgberger Apostelstatuen . . . , 145 Die Epitaphien 145 Ephitaphium des Valentin Franck 149 Epitaphium des Michael Agnethler 151 Epitaphium des Johann Simonius 151 Epitaphium des Andreas Fleischer 151 Epitaphium des Matthias Semriger 152 Epitaphium des Georg Armbruster 154 Epitaphium des Christian Reichart 155 Epitaphium der Familie Franck 157 Epitaphium der Familie Haupt 158 Holzschnitzereien des 17. Jahrhunderts. . . 160 Die Orgeln in Hermannstadt und Schässburg 160 Das 1 8. J a h r h u n d e r t 164 Grabstein des Andreas Rehter 166 Grabstein der Pfarrerin May 167 Grabstein des Michael Hermann und Bartholomäus Seuler . . 168 Epitaphium des Aegidius Mangesius 170 Epitaphium des Simon von Baussnern 170 Epitaphium des Johann Kertsch 171 Epitaphium des Dr. Martin Sutoris 171 Epitaphium des Georg Salmen 171 Epitaphium des Michael Schuler 171 Epitaphium des Samuel von Dobosi 171 Epitaphium des Michael Zikeli von Rosenfeld 172 Grabstein der Katharina und Margarethe Seulerin 173 Der Bodendorfer Kruzifixus 173 Die Mediascher Orgel 173 Der Rotberger Altar 173 Die Skulpturen in der Karlsburger Festung 174 Zwei Sandsteinstatuen in Hermannstadt 174 Ein Stuckrelief 174 Ausgang 175 Das Epitaphium des Michael von Brukenthal 175 Das Honterusdenkmal 175 Das Bischof Teutschdenkmal 175 Das Donath'sche Honterusrelief 175 Die Portraitsbüste des Emerich Tamäs 175 VORWORT. Ueber die Geschichte der deutschen Plastik in Siedenbürgen ist bis zur Stunde in zusamine?ihä?igender Weise nicht gehandelt worden, Wohl werden hier und dort^ kurze Bemerkungen über einzelne Künstler eingestreut und Beschreibungen des einen und des anderen Werkes geboten, aber zu einer eigentlichen Bearbei- tung ist es nicht gekommen. Und doch drängt auch hier die Wissenschaft^ den Besitzstand zu sichten und zu bewerten, die betreffenden Künstler, soweit sie als geschlossene Persönlichkeiten erkannt werden können, hervorzuheben und zu charakterisieren und den Quellen und treibenden Kräften nachzugehen, die den Geist der siebenbürgisch-deutschen Plastik schufen und bedingten. Einem ersten Versuche wird man es bei dem Mangel an grund- legenden Vorarbeiten zu gute halten müssen, wenn manches in den folgenden Ausführungen problematisch bleibt. Dabei entbehrt das Unterfangen, aus dem Nichts ein Etwas zu zeugen, des belebenden Reizes nicht. Man kann hier aus dem Vollen schöpfen, Material ist in genügender Fülle vorhanden, wohin man greift, ergeben sich die interessantesten Stoffe. Schon eine flüchtige Schau lehrt, dass auch dieses Gebiet der deutschen Kunst im siebenbürgischen Karpathenlande bei aller Verschieden- heit seiner Darstellung Einheitsgedanken voller Kraft und erhe- 1 Vgl. V, Roth : < Deutsche Kunst in Siebenbürgen,* Beilage zur Allgemeinen Zeitung. München igo6. Nr. ig. XII bendeni Inhalt zum Ausdruck briyigt. Die Ziisammenhänge mit dem Kunstleben Mitteleuropas treten unverkennbar zu Tage^ ja sie sind in einig e7i Fällen im stände, geradezu Ergänzungen und Nachträge zur allgemeinen deutschen Kunstgeschichte zu liefern. Im engereii Sinne stellt sich dtc vorliege?ide Arbeit in eine Reihe mit jenen Bestrebungen der ivissenscJiaftlichen Kreise des sächsische7i Volkes, die es sich zur Aufgabe gemacht habest, die Volkskunde zu einem geivisse?i Abschluss zu bringen. Was das Wörterbuch der siebe7ibürgisch-säcJisischen Mundart, die Geschichte dieses Volkes, das Urkundcnbuch, die Volkslieder saminlung , die Erforschung der Volkstracht beabsichtigt, das ivill auch dieses Buch : es zvill mit dazu bettragen, dass die Kennt?iis der Eigenart und der Kultur der siebenbürgisch-säcJistschen Volksgesamtheit auf die Grundlage historischer Forschung gestellt zverde. Kultur und Kirnst sind überall Haiid in Harid gegargen, und wenn die Wissenschaft als eine Aufgabe der Kultur gelten muss, so darf die Kunst und ihre Geschichte aus dem Rahmen dieser Aufgabe nicht her ausgeno7nmen zverden. Es hat sich auch in Siebenbürgen bewahrheitet, dass alle Kunstbetätigung das sichtbare Ergebins jener Geisteskräfte ist, die nur gedeiJuii kdn7ien, wenn der Zug zur Hohe 7n ächtig er ist. als die Schwere des Lebens, aus de77t sie hervorgelmi. Dass sich diese Tatsache auch i7i der siebe7ibürgi- sche7i Plastik offenbart, besonders dort, wo sie in den Grabdc7ik- mäle7'n durch Portraitiviedergaben persönliche Beziehungen der Dargestellten zu de7i Kultur auf g ab e7i ihrer Zeit bezeugt, lässt diesen Ziueig der Kunst als das Resultat einer herzerf7'ischenden Lebe7isau ffassung erscheinen . Die ällge7neine Kunstgeschichte wird vielleicht Ursache haben, an 7na7ichefn Werke achtlos vorüber zu gehen, das in diesen Blät- te7'7i eingehendere Behandlung gefunden hat. Die Berechtigung, ja die Notwendigkeit hiezu ist i7i deifi Zweck dieser Arbeit e7U- halten. Es ha7idelte sich darum zu untersuchen, zvelche Wege die Plastik in der Enge einer künstlerischen Provinz gezvandelt, welche Kräfte sie gefördert und welche sie beeinträchtigt haben. Auch — XIII künstlerisch imd ästhetisch wenige}' hervorragende Schöpfungen sind Zeugnisse des Lebens, das sich hier geltend gemacht hat. Wenn man von einer den ganze7i Entwich lungsga^tg umfassendefi Darstellung ei?i getreues Bild jenes Ledens verlangt, so konnten Er scheinungen nicht bei Seite gelasse?t werden, die die Schatte?i im Bilde hervorrufen. Die Vorarbeiten zu der „ Geschichte der deutschen Plastik in Siebenbürgen'''' reichen geraume Zeit zurück. Was ich auf meinen Wanderzügen durch das Land seit Jahrcii gesammelt habe, biete ich hier dar, nicht ohne die Bitte, den guteji Wille7i Ji'öher einzu- schätzen, als die Tat. Dabei bin ich mir desseji zuohl bewusst, dass weder mit de7i beiden vorliegenden noch mit den beiden fol- genden Bänden die Aufgabe der siebcnbürgisch-säcJisischen Is^tmst- gc Schichtsforschung als vollendet angesehen iverden darf. Mancher- lei Schivierigkciten, in erster Reihe der Mangel an Vergleichs- material haben Hindernisse nach allen Seiten erzeugt. Aber Prob- leme gebär eji Pobleme l hl Bezug auf den Leserkreis, für den diese Abhandlung be- stimmt ist, glaubte ich einer doppelten Aufgabe gerecht werdest zu müssen. Einesteils ist dieses Buch für das Sachsenvolk ge- schrieben zvorden, um ihm im Spiegel der Kirnst einen Teil seiner Vergangenheit vor Augen zu halten, andernteils für alle diejenigen, die für die Ausbreitung der deutschen Kunst zveit über die Gren- zen des staatlich geeinigten Deutschtums hinaus ein allgemeines und zvissenschaftliches Interesse hegen. Dem Herr?i Verleger gegenüber fühle ich ?}nch verpflichtet, für die geschmackvolle Ausstattung auch dieses Buches meinen verbindlichsten Da??k auszusprechen. So übergebe ich den7i das Werkchen als zzveite7i Teil ^ der „Siebenbürgischsächsischen Kunstgeschichte"' der Oeffe7itlichkeit. ^ Der erste. Teil : bei J. //. Ed. Heitz (Heitz <^ Miindel) in Strossburg. Ich tue, das in der Zuversicht, auch diesmal freundliches Wohl- wollen zu finden, dann auch in der Hoffnung, dass die Behand- lung des Kunstgewerbes und der Malerei nicht allzulange auf sich warten lässt. Gr o s s- L a s s le n , am i6. Juli igo6. Dr. VICTOR ROTH. Die Gedankenwelt, in der die siebenbürgisch-sächsische Plastik lebt, trägt mit ganz geringen Ausnahmen kirchlichen Charakter. Es gibt nur vereinzelte Werke der Kleinplastik und des Stuck - reliefs, die im Dienste rein privater Neigungen standen. Wir be- sitzen keine Skulpturen mit genrehaften Darstellungen, keine Portraitbüsten, keine Gruppen. Selbst dort, wo der Kunst ein persönlicher Zug innewohnt, in den Bildnisgrabsteinen und Epi- taphien, handelt es sich um Arbeiten, die nicht durch reine Kunstinteressen und ästhetische Neigungen hervorgerufen worden sind, sondern um solche, die die durch Sitte und Ueberlieferung formulierte f>ömmigkeit, gesellschaftlicher und kirchlicher Brauch geschaffen haben. Eine solche Tatsache ist notwendig das Ergebnis bestimmter Kräfte und Verhältnisse, und ihre Erkenntnis versetzt uns in die Lage, manchem Zug in dem Gesamtbilde dieser Kunst gerecht zu werden. Den Kunstmäcen, den bewussten Kunstförderer hat es bis auf BrukenthaP nicht gegeben. Die Plastik ist überhaupt die Kunst, die am schwersten in das Bürgerhaus eindringt, weil sie, abgesehen von der Voraussetzung grösserer Mittel, in Bezug auf die Räumlichkeit erhöhte Anforderungen stellt, insofern nicht Erzeugnisse der Miniaturskulptur in Frage kommen. Im deutschen Siebenbürgen galt die Pflege der Plastik als Sache der Allgemeinheit. So erhielt der Meister Ulrich aus Kron- stadt sein Honorar für eine Pietä der Hermannstädter Pfarrkirche aus dem Stadtsäckel. Auch die Grabdenkmalsplastik war nicht für den intimen Kunstgenuss bestimmt ; sie wurde der OefTentlich- keit überlassen, wenn auch der Einzelne die Kosten trug. 1 Vgl. V. Roth: Geschichte der deutschen Baukunst in Sieben- bürgen, Strasrburg igoS, S. iSy. ROTH. I Die Stellungnahme eines Volkes auf einem bestimmteii künst- lerischen Gebiete kann man nur aus seinem kulturellen und geistigen Leben begreifen. Das deutsch-siebenbürgische Leben aber war von den Sorgen und Angelegenheiten des Dorfes und der Stadt, der Kirche und der Nation so sehr erfüllt, dass ihm zu einer privaten Kunstpflege d'e Müsse fehlte. Zwar erhielten Ma^er und Kunsthandwerker auch aus Bürgerkreisen ihre Auf- träge, aber der Bildhauer lebte von den Arbeiten, die er für die Zwecke des Kultus und der Religion oder der Pietät den Toten gegenüber ausführte. Die Periode des romanischen Stils. Es ist eine natürliche Folge der geschichtlichen Entwickeluno; des deutschen Volksstammes in Siebenbürgen, dass die Plastik erst im 14. Jahrhundert höheren Flug zu wagen begann. In der romanischen Periode der Kunst in diesem Lande, die von dem Ende des 12. bis zu dem Beginn des 14. Jahrhunderts reichte, konnte es zu einer reicheren Pflege der plastischen Aufgaben nicht kommen. Die einzelnen Niederlassungen waren noch so sehr mit der Schaffung der Giandlagen ihres weiteren Bestandes, mit dem Ausbau des Dorfes, der Rodung des Waldes, der Urbar- machung des Ackerfeldes, der Aufführung des Kirchleins be- schäftigt, dass das Drängende des unbedingt Notwendigen den Gedanken an künstlerische Betätigung vorläufig bei Seite schieben musste. Hundert Jahre später, als die ersten von Geisa II. in die Karpathentäler gerufenen deutschen Ansiedler ihren Fuss in die neue Hjimat gesetzt hatten, brauste der Mongolensturm (124 1) mit furchtbarer Gewalt über die junge Kolonie. Wie schwer diese unter der schrecklichen Heimsuchung gelitten hat, berichtet Ro- gerius, seit 1249 Erzbischof von Spalato. „Wir durchwanderten," so erzählt er, „eine entvölkerte, menschenleere Gegend, die die Tartaren auf ihrem Zuge verheert hatten. Die Glockentürme der Kirchen waren die einzigen Zeichen, welche uns von Ort zu Ort leiteten und wahrlich sie zeigten uns hinreichend schrecklichen Weg."^ Im Kronstreit zwischen Otto dem Baiern und Karl von Anjou hatten die Sachsen offen Partei für den deutschen Fürsten 1 G. D. Teutsch : Sachsengeschichte, Hermannstadt 1899, Bd. I, S. 47. — 4 — ergriffen, freilich ohne der Sache Ottos helfen zu können. Als dann unter der Regierung der Könige aus dem Hause Anjou die Verhältnisse sich von Jahr zu Jahr besserten, die alten Wunden vernarbt waren, als schliesslich unter Ludwig I. (l342 — 1382), den auch die Sachsen mit dem ehrenden Beinamen des Grossen benennen, für die deutsche Siedlung eine Blütezeit anbrach, wie sie seither ein zweitesmal nicht mehr eingetreten ist, da war der Geist der romanischen Formenwelt schon längst vom Schauplatz gewichen. In reicherer Ausgestaltung war diese Formenwelt am Dom zu Weissenburg in Verwendung gekommen, an einem Orte, der schon vor der Einwanderung der Sachsen als Kulturstätte und Ausstrahlungspunkt abendländischer Gesittung seine Bedeutung hatte. Was dort fertig vorlag, die Verbindung mit dem W^esten, musste sich die neue Siedlung erst schaffen und als sie endlich so weit war, war für die Kunst eine neue Zeit angebrochen. So sind denn die romanischen Kirchenbauten jener Epoche schwerer Kolonistenarbeit beinahe ohne allen Schmuck. Was wir an Werken der Plastik mit Sicherheit dem romanischen Stil zuschreiben können, ist ausserordentlich gering. So sehr die zahlreichen romanischen Basiliken zu Michelsberg und Heitau , Thaiheim und Burg- berg, Marktscheiken und Gross-Scheuern, Rotberg und Gross-Schenk in ihrer Anlage streng romanisch sind, so gross ist ihre Armut in Bezug auf schmückendes Detail.. Ueber jene Strenge hat die Kraft ihrer Erbauer nicht hinausgeragt. Zu den Bildwerken dieser Periode gehören das Relief: Adam und Eva, sowie die Figuren am Portal der Kirche in Holzmengen, die figürlichen Darstellungen an den Portalen der Kirchen in Freck und Sakadat, einige Skulpturen im Weissenburger (Karls- burger) Dom, hin und wieder ein Gewölbeschlusstein, wie in Alzen und Neustadt bei Kronstadt und schliesslich ein aus Bronze gefertigtes Giessgefäss im Brukenthalschen Museum zu Hermann- stadt. Vergebens sieht man sich nach Elfenbeinschnitzereien, ver- gebens nach gegossenen Kirchentüren und monumentalen Werken der Erzplastik um, vergebens sucht man kostbare und kunstreiche Reliquienkästen und andere plastisch wertvolle Kultusgeräte ! Die Siebenbürger Sachsen der romanischen Periode waren eben ein armes, mit den Nöten des Lebens schwer ringendes, die Grund- lagen seines Bestandes schaffendes Volk, das aus dem grossen Kulturstroni des Mutterlandes herausgerissen worden war und nun den Zusammenhang mit der alten Heimat von neuem zu suchen hatte. Aus diesem Grunde erscheint jene Armut an Kunstwerken dieser Zeit als notwendige Folge der gegebenen Verhältnisse. Die Heiligenskulpturen des Weissenburger Doms, in hohem Relief ausgeführt, gehören nicht in den Kreis der sächsischen Plastik. Sie sind in geschickter Weise ausgeführt, anmutig im Faltenwurf der Gewänder, doch steif in der Haltung. Was den sächsischen Bildwerken eignet, ist eine nicht zu übersehende Derbheit der Ausführung. Die Gewölbeschlussteine in Alzen, hier vor dem südhchen Portal liegend, und in Neustadt, an diesem Orte in die Chorwand hinter dem Altar eingemauert, mit Dar- stellun":en des Lammes und des Brustbildes Christi sind nicht ohne eine gewisse Sicherheit der Komposition aus Sandstein ge- meisselt, jedoch kaum über das Niveau besserer Steinmetzarbeit sich erhebend. Es sind symbolische Ornamente, wie sie in der Kirchenarchitektur aller Perioden ihre Verwendung gefunden haben. Als solches ist auch das'Kapitäl aus der Mönchsdorfer Kirche zu betrachten, das im Brukenthalschen Museum aufbewahrt wird. In flachem Relief zeigt es auf der einen Fläche ein schön ge- zeichnetes Fabeltier, das sich in den Schwanz beisst. Grössere Beachtung gebührt dem Holzmenge ner Relief: Adam und Eva. Zwei Menschengestalten am Baum der Erkenntnis, in wenig geschickter Weise gezeichnet und m.odelliert, ohne besondere künstlerische Qualitäten, technisch derb behandelt, und doch ist dieses Werk als selbständige vom dekorativen Zweck losgelöste Ar- beit, als der Anfangspunkt der sächsischen Plastik bedeutend. Ob die über dem nördlichen Portal der Kirche in Burgberg in Flach- relief gebildeten Löwen in diese Zeit zu versetzen sind, ist um so sicherer zu bezweifeln, als sie nicht in Stein, sondern in Stuck aus- geführt worden sind. Die Statuen des H olzmengener Portals, ganz ungewöhnlich nach Form, Grösse und Aufstellung, besitzen keinen künstlerischen Wert; jedenfalls stellen sie Heilige dar, die infolge des Mangels jeglichen Attributes nicht näher bestimmt werden können. Am Portal der Kirche in Freck haben die Skulp- turen, die über den Kapitalen der Leibungspfeiler angebracht sind, so sehr gelitten, dass sie kaum in ihren Grundformen er- kannt werden können. Dem Anschein nach werden Menschen- — 6 - und Fabeltierkörper dargestellt, und demnach würde es sich auch hier, wie in Sakadat^ um einen phantastischen Zierfries handeln, wie er dem romanischen Stil nicht fremd ist. Besser als in Freck sind die plastischen Bildwerke des Sakadater Portals erhalten. Die Kapitale der Pfeiler und Säulen sind teils ornamentiert, teils mit nackten Kinderleibern und seltsamen Tieren versehen. Auf den Kapitalen hocken und knieen ebenfalls Kinder mit tierischen Wesen. Tieferen Sinn in der figurenreichen Arbeit zu suchen, ist wohl nicht nötig, aber ohne Frage ist die ganze Reihe der possier- lichen Gestalten humoristisch gedacht und empfunden. Jedenfalls hat neben dem phantastischen Moment auch fröhliche Laune in dem Zierwerk der romanischen Architektur eine grosse Rolle ge- spielt, an ungezählten Beispielen lässt sich der Humor an diesem Seitenzweig der Plastik verfolgen. Dass solcher Frohsinn bis in die ferne Kolonie gedrungen ist, mutet uns heute wie ein Gruss aus alter Zeit an. Die Frage liegt nahe, ob die Siebenbürger Sachsen aus der alten Heimat nichts künstlerisch Wertvolles mitgebracht haben, das sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Man muss doch annehmen, dass mit den Bauern- und Handwerkerscharen auch Geistliche eingewandert sind, die die unentbehrlichsten Kultus- geräte mit sich führen mussten, weil man sie in der neuen Hei- mat nicht beschaffen konnte. Zu dieser Frage führt ein Urceo- lus, ein Giessgefäss, das im April des Jahres 1873 zwischen Schellenberg und Baumgarten bei Hermannstadt mit vielen mittel- alterlichen Eisen Waffen ausgegraben wurde. ^ Nach Angabe des Katalogs im Brukenthalschen Museum, in dem dies bronzene Kult- gerät aufbewahrt wird, stammt es aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Dieser Urceolus hat die Gestalt eines Männerkopfes in recht primitiver, besonders die Augenpartie mangelhaft behandeln- der Modellierung, trägt auf der Stirn das Ausgussrohr und auf der entgegengesetzten Seite den Henkel. Die Zickzacklinien am Rande und an dessen Uebergang zum Halse dienen als Schmuck, desgleichen auch ein Band um den Kopf mit Buckeln darauf. Das Gefriss ruht auf drei Füssen. Die Haare sind graphisch be- 1 Vergl. V. Roth, n. a. O., S. 23. 2 s. Tafel [. handelt, die Augenbrauen schliessen sich über der Nase zusam- men und die Augäpfel treten stark hervor. Stil und Auffassung sind ohne Zweifel romanisch. Wenn nun das Stück vor der Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden ist, so ist es nicht unmöglich, dass es die Einwanderer aus Deutschland mitgebracht haben, stammt es aber aus späterer Zeit, so kann es im Lande selbst angefertigt worden sein. Der Metallguss ist ja diejenige kmistge- werbliche Technik gewesen, die in Siebenbürgen durch das Be- dürfnis jeder einzelnen Gemeinde nach Glocken sicherlich früh- zeitig in Blüte stand. Die älteste, allerdings mehrmals umgegossene Glocke der Gemeinde Klosdorf soH aus dem Jahre 1 ic 3 ^ her- rühren und die Glocke von Jegeny bei Klausenburg wurde 1252 von einem Hermannstädter Giesser verfertigt.^ Trotzdem muss der Urceolus als aussersiebenbürgisch angesehen werden, weil er unseres Erachtens ausgesprochen frühromanisch ist. Er ist die älteste mittelalterliche Plastik, die sich in Siebenbürgen befindet. Mit diesen kurzen Bemerkungen über die siebenbürgische Plastik des romanischen Stils ist wohl das Wichtigste zu ihrer Kennzeichnung gesagt worden. Ihre Dürftigkeit ist nicht zu leug- nen, aber sie spricht eine deutliche Sprache. So gering die Denk- mäler der Bildhauerei aus dieser Zeit auch sind, so sind sie doch Zeugnisse dafür, dass der Zusanuiienhang mit der Kunst des Mutterlandes auch in einer Periode der Armut r-cht ganz ver- loren gegangen war. Als dann Sicherheit und Wohlhabenheit ge- wonnen wurden, als die Bedeutung der Siedlung für das ungari- sche Reich erkannt wurde, als 1370 Ludwig der Grosse von den Sachsen lähmte : „sie seien diejenigen Bürger seines Reiches, auf deren Kraft die Sicherheit jener Grenze wie auf festen Säulen ruhe und deren unwandelbare Treue die Erfahrung fortwährend rühmlich bewähre",^ da floss auch das Wasser der Kunst nicht mehr als seichtes Bächlein durch die Täler, sondern als rauschen- der Strom! Die Gotik war gekommen! 1 Vgl. Fr. Müller: Zur alteren siebenbüri^ischen Glockenkunde. Archiv des Vereins !ür sieb. Landeskunde, Bd. IV, S, 208; — Teutsch, Sachsengeschichte, S. 62. 2 Vgl. Müller, a. a. O., S. 2o5 ; — Teutsch, a. a. O., S. 62. 3 Teutsch, a. a. O., S. 8r. Die Periode des gotischen Stils. Unter Karl Robert von Anjou (1308 — 1342) kam in Sieben- bürgen der Uebergangsstil in Aufnahme. Da das Baubedürfnis gering war, konnte er nur beschränkte Verbreitung finden. Mit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begann die Blüteperiode siebenbürgisch-sächsischer Kunst. Ihr Boden war die Spätgotik. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts hatte sie eine volle und un- eingeschränkte Herrschaft geführt. Musste die romanische Architek- tur darauf verzichten, den Schwesterkünsten mitaufzuhelfen, so lehnte sich an die gotische Baukunst ein fruchtbares Leben auch der anderen Zweige an. Die Gotik der Architektur zieht alle Künste in ihren Bannkreis. Malerei und Plastik müssen sich in ihren Dienst stellen. Sie schafft das gotische Kirchengebäude und die Kirche ^drückt nun den übrigen Künsten ihren Stempel auf. So hat denn auch in Siebenbürgen die gotische Plastik aus der Kirche und dem kirchlichen Leben die nährende Kraft gesogen. Aber bald wusste sich die Skulptur dem Einfluss der Gotik zu entziehen. Je fester der geistige Konnex mit dem Mutterlande wurde, je reger der künstlerische Verkehr und Gedankenaustausch sich gestaltete, um so mehr musste auch die Plastik auf neue Wege geführt werden, und es ist Tatsache, dass wie in Deutsch- land, so auch in Siebenbürgen „die plastische Bildnerei des fünf- zehnten Jahrhunderts schon vor der Mitte desselben eine der goti- schen Zeit geradezu entgegengesetzte Richtung annimmt und, mit ähnlichem Rechte wie gleichzeitig die Plastik in Italien, als Kunst der „Renr-ssance" bezeichnet werden muss". ^ Dieser Gegensatz zwischen zwei Anschauungswelten tritt ganz besonders in den 1 Bode: Geschichte der deutschen Plastik, Berlin ib85, S. yS. gotischen Flügelaltären zutage, deren architektonische Teile in gotischen Formen geradezu schwelgen, in ihrem plastischen Schmuck, in den Statuen hingegen den Geist einer neuen Rich- tung atmen. Dort Phantasie, fröhliches sich Recken nach der Höhe, hier ein kräftiger Realismus. Bei allen Schwächen und Mängeln, die der spätgotischen Periode der Skulptur auch im Sachsenlande anhaften, ist sie dennoch die Zeit gewesen, die aus der Mitte des deutschen Stammes in Siebenbürgen ein Künstlerpaar erstehen Hess, über deren einziges noch erhaltenes Werk in der Kunstgeschichte nur eine Stimme herrscht, dass es ein Werk von unvergänglicher Schönheit und hoher künstlerischer Bedeutung ist. Dieses Künstlerpaar waren die Brüder M artin und Georg von Klause nbur^^ in Sie- benbürgen, ihr Werk ist die eherne Reiterstatue des heiligen Georg auf dem Hradschin in Prag aus dem Jahre 1373. Die Kunst der Siebenbürger-Sachsen ist im allgemeinen rezeptiv ge- wesen, Dass aber ein Fall verzeichnet werden kann, in dem sächsische Künstler sich an die Spitze der Kunst ihrer Zeit stellten, darf dieses Volk mit berechtigtem Stolze erfüllen. Was Jahr- hunderte von der deutschen Kunst empfangen haben, das wird hier, einmal wenigstens, mit vollen Händen zurückgegeben ! In der kunsthistorischen Literatur wird die Frage nach der Herkunft der beiden Künstler offen gelassen. Selbst Bode klagt, dass „für die in Böhmen zerstreuten Bildwerke die Publi- kationen der k. k. Zeiitralkonunission nicht den nötigen Anhalt zur Beurteilung" bieten „namentlich wie weit dieselben noch für die deutsche Kunst in Anspruch genommen werden dürfen". Ja. er meint: „Nach dem, was Böhmen sonst an Bildwerken dieser Epoche bietet, möchte man kaum zweifeln, dass die Verfertiger dieses sehr ausgezeichneten Werkes nicht in Böhmen geborene Künstler waren ; aber irgend welche Beweise haben wir nicht da- für, zumal nicht einmal der Stil des ganz eigenartigen Bildwerkes einen Anhalt dafür bietet." ' Der Grund für die Unklarheit hin- sichtlich der Heimat der Brüder Georg und Martin ist darin zu suchen, dass man den in der renovierten Inschrift des Originals vorkommenden Ortsnamen: Clussenberch und die offenbar ver- 1 Bode, a. a. O., S. 90. — 10 — derbte Lesart : Clausenbach auf der Berliner Kopie mit dem sie- benbürgischen Stadtnamen : Klausenburg nicht identifizierte. Die unter Maria Theresia 1757 renovierte Aufschrift lautet: „Anno Domini 1378 hoc opus immaginis vSt. Georgi per Georgium et Martinum de Ckissenberch conflatum ist." ^ Uns erübrigt es nun den Beweis zu führen, dass „Ckissenberch" nichts anderes be- deuten kann, als Klausenburg, magyarisch Kolozsvär. Sprachgeschichtlich kann .,Clussenberch" nur ,, Klausenburg" sein.^ Ob die Originalform Ckissenberch oder Clussenbrich, das letztere entspräche der dialektischen Fassung, wie sie in dem mundartlichen Namen : Klausenbrich noch heute vorliegt, gelautet hat, ,,]ässt sich natürlich nicht mehr feststellen, doch geht, wenn auch die Originalinschrift Clussenberch gelautet haben sollte, diese Lautform augensckeinlich auf die Form — brich zurück, die wir doch für jene Zeit schon annehmen müssen, Vgl. Sey brich, Ende des 15. Jahrhunderts, dafür schon 1289 Syberg ; Syburg 1414; Schreibungen, welche beweisen, dass schon im 13. Jahrhundert die mundartliche Aussprache — brich lautete, während die Kanz- leisprache sich bemühte, die (erstarrte) urkundliche Schreibung festzuhalten, oder nach Analogie ( — berg) neu zu bilden, und nur hie und da eine mundartliche Nameiigebung entschlüpfte. Das geschah natürlich nur bei weniger bekannten Namen. Nach Ana- logie von Seybrich, Syberg steht also philologisch der Deutung von Clussenberch als — brich nichts im Wege." ^ In Zusammen- setzungen ist also siebenbürgisch-sächsisches brich, soviel wie „burch" (Burg). Als Petrus Nunne und Henninus 1348/1349 einen Ablassbrief erbaten, so gelange in demselben der Name „Clusenburg" zur Verwendung, ,,ecclesia parochialis sancti Micha- elis archangeli in Clusenburg" heisst es da.'* Wichtig ist auch die 1 Quast und Otte, Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst I, S. 161. — Bernhard Grueber : Die Kunst des Mittelakers in Böhmen. III. Teil, 4. Lieferung, S. 106 f. 2 Vgl. Johann Wolff: Materialien zur Etymologie Siebenbürgi- scher Ortsnamen. Korrespondenzblatt des Vereins für sieb nb. Landes- kunde. XXI, S. 12 f. A. Schullerus, Korrespondenzblatt des Vereins für sieben^. Lan- deskunde. XXIX, S. 3i. ^ A. Schullerus in der Kritik von Alexander Marki: «Ueber den Namen Kolozsvär. Budapest 1904», Korresponi enzblatt des Vereins für siebenb. Landeskunde. XXVIII, S. 32. — 11 — Tatsache, dass ,,im Umfang der deutschen Sprache . . . Klausen- burg auch zur Zeit der „nationalen Könige und Fürsten'' ebenso in offiziellem (Stadt und Kirche) wie privatem Gebrauch mit dieser deutschen Namensform benannt worden ist." ^ Nun gibt es auch in der alten Heimat der Siebenbürger Sachsen gegenüber der Moselmündung auf dem Klausenberg eine Klausenburg, deren Klause für das Jahr 1333 urkundlich belegt ist,^ und man könnte diesen Ort als die Heimat unserer Künstler in Anspruch nehmen. Dagegen sprechen gut verbürgte geschicht- liche Zeugnisse. Vor dem Dome der Gross- Wardeiner Festung befanden sich ehemals die ehernen Standbilder der ungarischen Könige: Stephan, Emerich und Ladislaus, die im Jahre 1 370 als Stiftung des Gross-Wardeiner Bischofs Demetrius von Martin und Georg von Klausenburg geschaffen wurden. Denselben Meistern entstammte das früher am nämlichen Orte aufgestellte Reiter- standbild des Königs Ladislaus vom Jahre 1390. In Jos. Aloys. Kereszturi : Descriptio episcopatus et capituli M. Varadiensis, H 230 — 234 lesen wir: „Anno domini mccc 70, serenissimo prin- cipe regnante domino Ludovico rege Hungarie XXIX, venerabilis dominus pater Demetrius, episcopus Varadiensis, fieri fecit has sanctorum imagines per Martinum et Georgium, filios magistii Nicolai pictoris de Colosvar." Dass dieses „Colosvar" die ma- gyarische Benennung für „Klausenburg" ist, wurde oben nachge- wiesen. Es ist als das bleibende Verdienst W. Wenrichs zu betrach- ten, dass er als erster mit aller Entschiedenheit die Identität der Prager und Wardeiner Meister betont hat.'* Es kann nach den angeführten Gründen kein Zweifel darüber herrschen, dass Martin und Georg von Klausenburg, die Söhne des Malers Nicolaus, die Schöpfer des Prager Georgstandbildes sind, und dass sie Sieben- 1 Ebenda S. 34. Gustav Kisch : Vergleichendes Wörterbuch der Nösner (sieben- bürgischen) und moselfränkischen Mundart. Archiv des Vereins für siebenb. Landeskunde. XXXI, S. 128. — Derselbe: Geschichte des Namens Klausenburg in der Urheimat. Bistritzer Zeitung vom 1. Ok- tober 1904. 3 Wilhelm Wenrich : Künstlernamen aus siebenbürgisch-süchsischer Vergangenheit. Archiv des Vereins ilir siebenb. Landeskunde. XXII, S. 63 f. 4 Ebenda, S. 64 ff. — 1 2 — bürger Deutsche gewesen sfnd, hat man um so mehr Ursache an- zunehmen, weil sie sich in der lateinischen Aufschrift ihres Werkes, ganz gegen den sonstigen Gebrauch nicht „de Colosvär", sondern ,,de Clussenberch" genannt haben. Wie wichtig die Lösung der Frage nach der Herkunft und Heimat der beiden Künstler ist, geht schon aus dem Urteil Bodes hervor, der in den Meistern Goldschmiede zu erblicken geneigt ist. Er sagt: ,, Der Wert und der besondere Reiz des Prager Standbildes, welches nur in etwa halber Lebensgrösse wiedergegeben ist, liegt .... in der stilisierten Behandlung, in der heraldischen Auffass- img von Ross und Reiter und in einer dementsprechenden Durch- bildung aller Details, welche uns die Künstler unter den Gold- schmieden der Zeit vermuten lässt."' Goldschmiede waren Martin und Georg von Klausenburg schon mit Rücksicht auf ihre Gross- Wardeiner Werke nicht. Aber damit ist für die Frage, welchen Entwicklungsgang die Brüder durch wandelt haben, nichts gewonnen. Darin sind sich alle Kunst- schriftsteller, die über die Prager Reiterstatue ein Urteil abgege- ben haben, einig, dass dieses Werk singulär in seiner Art da steht. Für diese Art aber fehlen alle Anhalts- und Vergleichs- punkte. „Denn nirgends im Bereich der Bildnerei fand sich ein Werk vor, das mit dem von ihnen gefertigten Standbilde eine Verwandtschaft gezeigt hätte, mit deren Hilfe man den Schleier über iiirem rätselhaften Auftauchen hätte lüften können. Wird doch mehrfach ausdrücklich betont, dass ihre Auffassungsweise einzig in der Kunst weit dagestanden habe. So blieb denn ihr Werk, trotz der wunderbaren Sprache, die es zum Beschauer sprach, ein von allen Beziehungen losgelöstes, unverstandenes Gebilde, ein erratischer Block auf dem Boden kunstgeschichtlicher Entwicklung^, und sie selbst Künstler unbekannter Herkunft".^ Ob man nun, wie die meisten es tun, die naturalistischen, oder mit Bode die stilisierenden Momente als Charakteristika dieses Werkes annimmt, die Schönheit und Lebendigkeit wird über- einstimmend hervorgehoben. Schon 1679 schrieb Bohuslaus Baibin :^ 1 Bode, a. a. 0., S. 00. 2 Wenrich, a. a. O., S. 66 f. 3 Miscellanea historica regni Bohemiae, Pragae, 167Q, Dec. I, IIb. III, S. 126. — 13 — Das Reiterstandbild sei ein Wunder von einem Kunstwerk. Reiter und Tier habe der Künstler mit unübertrefflicher Naturwahrheit dargestellt; die kleinsten Adern und Fibern und was nur immer im Pferde lebe, lebe auch im Erze; als höchste Leistung erscheine aber die kunstgerechte Darstellung des Pferdes, wie es zum Sprunge aushole und wie der Reiter mit ganzem Körper sich dieser Be\^^egung anschliesse.^ Aber wo und von wem haben die beiden Klausenburger Erzgiesser, deren Giesshütte sich allem Anschein nach in Grcss- Wardein befunden hat, den hohen Grad ihres Könnens erhalten? Leider sind die Gross- Wardeiner Bildwerke durch beispiellosen Unverstand zu Kanonen umgegossen worden,^ und damit ist die Möglichkeit Eigenart und Richtung unserer Meister aus mehreren Denkmälern ihres Schaffens zu erkennen und eine eventuelle Be- einflussung ihres Werdeganges durch bestimmte Schulen festzu- stellen, für immer vernichtet werden. Der Stand der damaligen Kunst in Siebenbürgen und Ungarn lässt es als völlig ausge-; schlössen erscheinen, dass Martin und Georg von Klausenburg bei einem sächsischen, noch weniger bei einem magyarischen Meister ihre Ausbildung gefunden haben. Hier werden sie höchstens bei einem Glockengiesser in Lehre gestanden sein. Vom Vater her wogte Künstlerblut in ihren Adern, und vvir dürfen annehmen, dass sie auf Wanderungen weit herumgekommen sind, bis sie sich in Gross-Wardein niederliessen, wo sie von Karl IV. den Auftrag für Prag erhielten. Sie mögen auf ihren Wanderschaften besonders auch in technischer Beziehung viel gelernt haben, aber, ihrer Kunst brachten sie etwas entgegen, was sich nicht lernen i lässt : die künstlerische Genialität ! Die bedeutendsten Steinskulpturen des 14. Jahrhunderts sind die Heiligenstatuen der e v. Kirche in Mühlbach. ^ Es ist natürlich, dass mit der Freude an reicheren und grösseren Kirchen auch das Bedürfnis nach plastischem Schmuck seine Be- friedigung suchte, und dass der katholische Heiligenkultus der bildnerischen Darstellung nicht entbehren konnte. In der zweiten^ Hälfte des 14. Jahrhunderts war die Spätgotik in Siebenbürgen, 1 Wenrich, a. a. O., S. 65. 2 Derselbe, ebenda. - : . -c . > 3 s. Tafel II, 1 — 4. : r 'Ai\::::.\'AL< [ — 14 — allgemein zur Aufnahme gelangt und wo sie, bedeutendere Denkmale hinterliess, fehlt es nicht an Werken der Plastik. Während sich aber der Steinbildhauer bei den Dorfkirchen in der Regel nur an den Gewölbeschlussteinen, den Türstöcken und Portalen, hin und wieder an einem Sakramentshäuschen zu be- tätigen Gelegenheit hatte, wurde seiner Arbeit an den grösseren Kirchen einzelner Städte ein weiteres Arbeitsfeld eingeräumt. In dieser Zeit stand die Plastik willig im Dienste der Architektur, mit der sie organisch verwachsen war. Die Skulpturen der Mühlbächer Kirche sind auf den ersten Blick als gotische Werke zu erkennen. Zu Gunsten des Falten- wurfs tritt die Behandlung des Körpers in den Hintergrund, der Gesichtsausdruck ist entweder ruhig oder zeigt ein stereotypes Lächeln, das man eher als Grinsen bezeichnen muss. Offenbar sind die Statuen nicht auf eine Hand zurückzuführen, denn die Standbilder, die auf den Konsolen der Wandpfeiler und der herr- lichen Pfeiler im Innern des Chores stehen, offenbaren eine grössere Sicherheit in der Formbeherrschung und einen gleichmässigen, fast möchte man sagen edeln Gesichtsausdruck. Die Statuen wurden aus einem grobkörnigen Sandstein angefertigt und sind am Aeusseren des Chores in zwei Reihen an den Chorpfeilern und im Innern in der besprochenen Art angebracht. Ursprünglich mögen es rund fünfzig gewesen sein. Einige sind von ihren Konsolen herabgestürzt, nicht wieder aufgestellt worden und in der Folge verloren gegangen. Die Dargestellten sind zumeist Apostel und Heilige, dann auch Kirchenväter und wehliche Personen, dazu eine Ver- kündigung Marias in zwei Figuren, eine Heimsuchung, eine Anbetung des Jesuskindes. Von den einzelnen Figuren lassen sich erkennen: Johannes der Täufer im zottigen Gewände, der Apostel Jakobus mit dem Reisehut und der Pilgermuschel darauf, die heilige Katharina mit dem Rad, Paulus und Petrus, der heilige Ur- ban mit dem Weinstock, der heilige Bartholomeus, die heilige Jungfrau mit dem Jesuskind. Sehr interessant sind ein Krieger mit Schild und Schwert, vielleicht der heilige Georg, dann ein König und eine Madonna auf der Südseite, der erstere in vornehmer selbstbewusster Haltung, die letztere in höfisch zierlicher Durchbie- gung. Im Innern des Chors ist die Bischofsfigur auf dem Wand- pfeiler neben dem Sakramentshäuschen als heiliger Nikolaus zu — 15 — bestimmen. In manchem Kopf lassen sich Ansätze zur Schil- derung inneren Lebens wahrnehmen, so an dem knieenden Manne an der Südseite. So sehr sich die Mühlbächer Bildwerke in ihren beiden Gruppen als Arbeiten zweier Meister von klar umgrenzter Indi- vidualität präsentieren, so gehen sie ihrem Werte nach keineswegs in das Gebiet ausserordentlicher Leistung. Die Weihe eines höheren Künstlertums kann ihnen nicht zugesprochen werden. Wir er- kennen die Klarheit an, mit der die beiden Meister ihre Aufgaben bewältigt haben, erkennen aber auch all das Typische und Kon- ventionelle ihrer Skulpturen. Ihre Individualität bestand eben darin, dass sie den traditionellen Stoff- und Formenkreis ge- wandt und sicher beherrschten. Geschickt verstanden sie es den ornamentalen Zweck mit der monumentalen Wirkung zu ver- binden, ja, man kann annehmen, dass sie sich dessen bewusst waren, mit ihren Bildwerken dekoratives Beiwerk des ganzen Baues zu liefern. Wie die Dombauhütte zu Köln eine ausge- zeichnete Schule der Bildhauerei war,^ wie überhaupt jede Bau- hütte eine Anzahl von Bildhauern anziehen musste, so fühlten sich die deutschen Bildhauer dieser Zeit den Steinmetzen kaum überlegen und betrachteten sich selbst als Handwerker und Bau- arbeiter. .,Es ist ein charakteristisches Zeichen für die Plastik dieser Epoche und zugleich ein weiterer Grund für ihren Verfall, dass bei der Abhängigkeit derselben von der Architektur die Ausfüh- rung auch der rein plastischen Arbeiten in die Bauhütte, in die Hand der Steinmetzen kommt. Durch die ausserordentlichen An- sprüche, welche die gotische Architektur an ihre Handwerker stellte, waren dieselben technisch allerdings dazu befähigt ; dafür ging ihnen aber nicht nur das feinere Verständnis der Natur von vornherein ab, sondern dasselbe wurde durch die dem Steinmetzen geläufige stilistische Behandlung der Tier- und Pflanzenformen bei den architektonischen Ornamenten auch zu manirierter Behand- lung des menschlichen Körpers verkehii."- Eine solche Stellung selbst des künstlerisch begabten Stein- 1 Vgl. E. Gradmann: Geschichte der christlichen Kunst. Calw u. Stuttgart 1902. S. 393. Bode, a. a. O., S. 74. — 16 — bildhauers seinem Beruf gegenüber konnte auf die Ausbildung der Plastik im Dienste der gotischen Architektur nicht ohne Ein- fluss bleiben. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, dass in der Skulptur dieser Zeit vor allem die dekorative Bestimmung auf Kosten der inneren Durchbildung, die Behandlung der Gewandung als Hauptsache betont wurde. Ueber diesen Gesichtskreis haben sich die iMühlbächer Meister nicht erhoben. Gerade deshalb sind auch ihre Schöpfungen Zeugnisse der allgemeinen deutschen Kunst- entfaltung, und deshalb uns teuer, wenn sie auch in Bezug auf ihren aesthetischen Wert an die Apostelstatuen des Kölner Doms, die Standbilder und Reliefs des Portals von Sl. Sebald in Nürnberg oder die Skulpturen des Strass burger Münsters auch annähernd nicht heranreichen. Als die Steinskulpturen der deutschen Siedlung in Siebenbürgen aber, die man mit Sicherheit dem 14. Jahrhundert zuschreiben kann, haben sie historisch genommen ihre bleibende Bedeutung. In das erste Viertel des 15. Jahrhunderts fällt das einzige ge- nau datierte Werk dieser Zeit. Es ist die Kreuzigungs- gruppe des Peter Lantregen aus Oesterreich aus dem Jahre 14 17 in der Kapelle vor dem Elisabethtor in Her- mannstadt.^ Aus hartem Sandstein in anderthalbfacher Lebensgrösse gearbeitet ist das Kruzifix nebst den beiden bedeutend kleineren, ungefähr in halber Lebensgrösse gehaltenen Statuen der Maria und des Jüngers Johannes von hohem kunsthistorischen Wert. Die prächtige, technisch vollkommene Ausführung, die trotz einiger anatomischer Beobachtungsfehler ein Bild von grosser Eindrucks- fähigkeit geschaffen hat, lassen in Peter Lantregen einen bedeu- tenden Künstler erkennen. Offenbar sind die Arme, wie schon Wenrich bemerkt hat,^ im Verhältnis zur Körperlänge zu kurz, ebenso scheint der Kqpf etwas klein zu sein, aber diese Mängel wird man der anderen grossen Vorzüge wegen gerne mit in Kauf nehmen. Lantregen war ein ausgesprochener Anhänger eines, weitgehenden Naturalis- mus! All seine Kraft hat ej" aufgeboten,:, um den höchsten Schmerz auszudrücken! Tiefe Leidensfalten durchfurchen das Antlitz des ^ Vgl. Ferdinand von Zieglauer: Znr Geschichte der Kreuzkapelle in der Elisabethvorstadt von Hermannstadt, s. Tafel Iii. ' . , j. .. 2 a. a. O., S. 5i. , - ^ .V .'^ ' ' 17 — sterbenden Heilandes, der Unterleib ist krampfhaft eingezogen, das Haupt mit der Dornenkrone ist nach rechts geneigt, die Augen voller Qual. Aus der Wunde auf der rechten Seite und aus den Wundmalen der Hände und Füsse quillt das Blut hervor. Muskeln und Sehnen sind markig modelliert. Um die Lenden ist ein Tuch gewunden, das sich über die Oberschenkel straff anlegt, so dass das Fleisch durchschimmert. Die Enden des Tuches hängen auf beiden Seiten in ruhigen und einfachen, stilisiert über- einander gelegten Falten herab. Die Rippen treten deutlich her- vor, wobei jedoch der Knorpelansatz unrichtig dargestellt wird. In eigentümlicher Weise werden die Adern durch wellenartige Linien ausgedrückt und dabei hat der Künstler übersehen, dass es solche über dem Schienbein nicht gibt. Die Sehnen an den Unter- armen werden durch parallele, erhabene Striche hervorgehoben. An den Kreuzenden sind die symbolischen Bilder der vier Evangelisten in Relief ausgeführt, deren Stilisierung und Zeichnung meisterhaft zu nennen ist, ja. wir rechnen diese Arbeiten zu dem Schönsten, was die Plastik in Siebenbürgen hervorzubringen ver- mocht hat. Besonders der Löwe des Markus am unteren Kreuz- ende zeigt einen entzückenden Schwung der Linien. Die Symbole des Matthäus, Johannes und Lukas sind auf quadratischen Feldern angebracht, deren Seiten von je einem Halbkreis eingefasst wer- den, das des Markus ist in ein Rechteck hineingestellt. Jedes Symbol ist mit einem Spruchband versehen, das in gotischen Mi- nusk'eln den Namen des betreffenden Evangelisten enthält: J[Il^at]f|EU^ lEbangßlifta u. s. w. Quer über den Kreuzesstanmi unterhalb des oberen Symboles zieht sich die Inschrift in Uncialen I N R I. Auf der rechten Seite des Kreuzes, unten neben dem Markus- sinnbild, lesen vvir : Hoc opus fecit petr' lätregen von Ostreich und auf der linken Seite: Anno domi milesimo ccccxvu. Beide Zeilen beginnen mit gotischen Uncialen und werden in Minuskeln fortgesetzt. Das Werk ist vorzüglich, ohne jedwede Beschädigung erhal- ten, leider durch einen grauen Oelfarbenanstrich sehr verunstaltet. Fasst man das Kruzifix als Ganzes, so tritt uns in ihm die Arbeit eines künstlerisch hochveranlagten Mannes entgegen. Petrus Lantregen besass eine ausgeprägte Individualität. Sein Werk ist trotz seiner Mängel voll Eigenart und persönlicher Auffassung. ROTH. 2 — i8 — Der Meister hat die Fähigkeit gehabt, sich in den Geist seiner Aufgabe hineinzuversetzen, er besass die Gabe der Illusion und die Kraft die Gebilde seiner Phantasie mit Meissel und Schlegel zu verwirklichen. Vom Standpunkt einer strengen Kritik beurteilt, ist die Wiedergabe des Christuskörpers nicht einwandsfrei, aber man darf nicht übersehen, dass dieses Werk in einer Zeit ent- standen ist, wo in der deutschen Kunst die Darstellung des un- bekleideten Menschenleibes grosse Fortschritte noch nicht gemacht hatte. Die Statuen der Maria und des Johannes, die rechts und links vom Kreuz aufgestellt sind, haben alle Notizen und Bemerk- ungen über dieses Werk in auffallender Weise völlig unberück- sichtigtgelassen. Die Gründe der Stilkritik indessen sind so zwingend, dass wir, wenn auch nicht die eigenhändige Ausführung, so doch die Zeichnung und den Entwurf auf Peter Lantregen zurückführen müssen. Im Faltenwurf der Gewandung lässt sich an beiden Figuren bis in einzelne kleine Züge der Meister des Kruzifixes wieder erkennen. Man vergleiche nur den Wellenfluss der gerade herabhängenden Kleidungsteile mit dem Lendentuch des Gekreuzig- ten, die Partien der Gewandung, durch die die Umrisse des Körpers hindurchschimmern, die Behandlung des Haares bei Johannes und bei Christus, und man wird zu keinem anderen Ergebnis der Un- tersuchung gelangen können. Die Ausmasse der Maria- und lo- hannesstatue verhalten sich zu der Grösse des Kruzifixus wie l : 2, was nach den Ansichten über das künstlerisch Zulässige in jener Zeit nicht wundernehmen kann. Eine kunstgeschichtliche Darstellung, die es sich zur Aufgabe macht, die wirksamen und ausgestaltenden Kräfte der ganzen Entwickelung klar zu legen, wird ein datiertes und signiertes Kunstwerk mit besonderer Aufmerksamkeit betrachten. Dieser Peter Lantregen von Oesterreich ist in eine deutsche Kolonie ge- kommen, um hier deutsche Kunst auszuüben. Das aber ist wieder ein Beweis dafür, dass die siebenbürgisch-sächsische Kunst in der ersten tlälfte ihrer bis ca. 1 525 reichenden Entwickelung nichts ande- res gewesen ist, als deutsche Kunst. Wir bedauern es, dass Petrus Lantregen nur kurze Frist bei uns verweilte und nur ein Werk hinterlassen hat, die Wege aber, die auch in diesem Lande zur Kunst geführt liaben. liegen klar vor uns. Ueberall, vor jedem — 19 — einzelnen Werke gelangt man zu der üeberzeugung, dass die deutsche Kunst in Siebenbürgen nur unter der Voraussetzung einer lebendigen Verbindung mit deutschen Landen verstanden und in ihren Erscheinungen begriffen werden kann. Peter Lant- regen ist ein Träger dieses Bandes gewesen und gerade er stellt die Vermutung über jene Zusammenhänge auf den Boden ge- schichtlicher Wahrheit. Doch auch hier wieder die Frage : wer war Petrus Lantregen, wo sind seine Werke, die er sonst, weiss Gott wo, geschaffen hat ? ! Die Sage hat auch um dieses Kreuz ihre Ranken geschlungen. Sie berichtet, der ungarische König Andreas II. habe 1219 bei der Rückkehr von seinem Kreuzzuge vor dem Elisabethtor in Hermannstadt ein Kruzifix errichten und eine Kapelle erbauen lassen, mit der Bestimmung, es solle daselbst jeden Freitag eine Messe gelesen werden. Die kleine Kreuzkapelle sei später in einen Klosterbau einbezogen „und im Jahre 1417 ober dem Al- tare ein kolossales Kreuz mit dem sterbenden Erl()ser, aus einem riesigen Steine gehauen, aufgestellt worden". Nach der im Jahre 1529 erfolgten Zerstörung der Kapelle sei das Kreuz in die Sümpfe vor dem Stadttore gestürzt, daraus aber von einem österreichi- schen General gehoben und in einer kleinen zu dem Zweck er- richteten Kapelle wieder aufgestellt worden.^ Demgegenüber ist es bezeugt, dass das Werk des Petrus Lantregen in enger Verbindung mit der Geschichte des Domini- kanerklosters in Hermannstadt steht, ja wir müssen es als sicher annehmen, dass unsere Kreuzigungsgruppe über Auftrag der Mönche für ihr Kloster angefertigt worden ist. Wenige Jahre nach der Stiftung des Ordens^ (l2 16) finden sich ihre Vertreter in Hermannstadt ein, aber ihr vor den Mauern der Stadt gelegenes Kloster wird beim Mongoleneinfall im Jahre 1241 niedergebrannt, in der Stadt selbst aber werden an die hundert Menschen umgebracht.^ Friedlichere Zeiten ermöglichten den Wiederaufbau des Klosters, fiir das die Kreuzigungsgruppe 1 Vgl. Gustav Seivert : Collectanea historica ; Manuskript in der Baron Brukenthalschen Bibliothek, S. i36. 2 Pertz : Monumenta Herrn. Script. XVI. 84 . . . «civitatem dictam Hermanni villam in Aprili expugnantes, usque nd centum ibi prome- runt(l), praedicatorum cenobium ibidem incendentes.» — 20 — geschaffen wurde, denn unter des Andreas, Sachsengrafen und Königrichters „Amtsführung ist 14 17 das heilige Kreuz vor dem Ehsabethtor, woselbst die Predigermönche Kirche und Kloster hatten, verfertigt worden. Das Bildnis von ausserordentlicher Menschengrösse ist nebst dem Kreuze aus einem einzigen Felsen- stücke." ^ Im 15. Jahrhundert mehren sich die verheerenden Ein- fälle der Türken. Kloster und Kirche, ausserhalb der Mauern gelegen, sahen sich schutzlos allen WechseHällen einer unsicheren Zeit ausgesetzt und 1474 schliesst der Rat der Stadt Hermann- stadt mit dem Provinzialkapitel der Dominikaner einen Vertrag, dem zu folge dem Orden die Niederlassung innerhalb der Stadt- mauern gestattet wurde, dieser selbst aber die Baulichkeiten des aufgelassenen Klosters samt der Kirche der Stadt zu freieni Eigen- tum überwies. Interessant ist die Bedingung, dass derPrior oder Prälat des Klosters, sowie der grössere Teil der Mönche „Teutonen" sein müssen.^ So zogen die Dominikaner in die Stadt. Ihre Kirche und ihre Klosterbaulichkeiten sind später in den Besitz der Ursuliner- innen übergegangen. Die aufgelassene Kreuzkirche vor dem Elisabethtor, mit dem Werk des Peter Lantregen darin, blieb stehen, nur erscheint sie in den Chroniken des 17. Jahrhunderts unter dem Namen Siechen- kirche, vielleicht deshalb, weil das frühere Kloster als Hospital oder Leprosenheim benutzt worden sein mag. Die Belagerung Hermannstadts durch den Fürsten Georg Rakozzi im Jahre 1659 wurde den alten Bauten des Klosters und der Kirche verhängnis- voll. Da es galt dem Feinde alle Stützpunkte zu nehmen, so be- schloss der Stadtmagistrat die Gebäude vor den Toren, alle Meier- höfe, Landhäuser, Mühlen, Zäune und Bäume und was sonst Deckung bieten konnte, zu zerstören. Am 28. Dezember konnte 1 Ungarisches Magazin, II. Band, S. 284. 2 Originalurkunde im sachsischen Nationsarchiv. Articuli conven- tionis inter conventum fratrum ordinis praedicatorii ecclesiae s. crucis et civitatem Cibiniensem, ut monasterium extra muros civitatis, excur- sionibus Teucrorum (?) expositum intra muros transferatur A. 1474. •— «Quod nisi ad praesidia munitionum dictae civitatis intra muros trans- feratur, fratres in eodem constituti nunquam de sua vita existunt se- curi, ruinaque et devastatio nedum ipsi monasterio sed et dictae civi- tati vestrae ex ipso monasterio vehementer formidatur.» — «quod con- currentibus pluritatibus fratrum prior seu praelatus et maior pars fratrum sint Theutoni.» — 21 — Paulus Brölfft in seine Chronik schreiben : ,,Item ist die Seich- Kirch ausser dem Elisabether Thor von uns in Grund abgebrochen worden." ^ Unter den Trümmern der stürzenden Mauern wurde die Kreuzigungsgruppe begraben, aber nicht vergessen. Im Jahre 1683 wurde sie, vielleicht unter der unmittelbaren Einwirkung der Niederlage der Türken vor Wien, über Anordnung des Her- mannstädter Rates aus dem Schutt gehoben und unter ein nach Westen offenes Gewölbe aufgestellt.^ Da das Gewölbe nach Süden zu etwas zu enge ausfiel, so wurde ein Teil des linken Kreuz- armes eingemauert, so dass sein Ende an der Aussenseite des Gebäudes hervorsieht. Ein in der Kapelle heute noch aufbewahr- tes Oelgemälde hat uns die Ansicht des offenen Gewölbes erhal- ten. Im Jahre 1755 wurde über Veranlassung des berüchtigten Hofrats Martin Wankel von Seeberg das offene Gewölbe in eine geschlossene Kapelle verwandelt/ und später, 1822 und 1878, renoviert. Aus den überlieferten Tatsachen hat nun Wenrich geschlossen, dass das Kruzifix des Peter Lantregen ein sogenanntes Triumph- kreuz ist,* und dass es möglicherweise' an „die Stelle eines frühern, aus Holz geschnitzten getreten sei". Das ausserordentlich hohe Gewicht einer über fünf Meter hohen Steinskulptur verbietet die Annahme Wenrichs von selbst. Wie hoch hätte die Domini- kanerkirche sein müssen, um auf einem quer durch den Triumph- bogen gezogenen Balken ein solches Triumphkreuz tragen zu können ? ! Viel natürlicher ist dagegen die Annahme, dass die Kreuzigungsgruppe zum Hauptschmuck der Kirche, zum Symbol des dem hl. Kreuz geweihten Gotteshauses bestimmt war und deshalb auch auf dem Fronaltar aufgestellt wurde. Das entsprach durchaus der kanonischen Regel, die bekanntlich vorschrieb, dass 1 E. V. Trauschcnfels: Deutsche Fundgruben zur Geschichte Sie- benbürgens. Kronstadt 1860. S. 382. 2 Vgl, Job. Seivert: Von den Grafen der sachsischen Nation, Un- garisches Magazin, II. Band. S. 285 ; Siebenbürgische Quartalschrift 1791. S. 323. 3 Vgl. Ungarisches Magazin, a. a. O. — Zu den historischen Aus- führungen vgl. F. V. Zieglauer, a. a. O., S. 5 ff. und Georgi Soterii Cibinium a Georgio Soterio Pastore in Vico Saxonico a Cruce dicto descriptum. c 1700. Manuskript in der Baron Brukenthalschen Biblio- thek. 4 a. a. O., S. 5o f. — 22 — sich auf dem Altar eines bestimmten Heiligen eine auf dessen Leben bezügliche bildliche Darstellung zu befinden habe. Soviel über das Kreuzigungsbild des Petrus Lantregen. Ob sich mit dieser Skulptur auch jenes Kreuz messen konnte, das ehemals auf der linken Seite des Zibinflusses gegen Salzburg hin aufgestellt, während der Rakotzianischen Belagerung durch Ge- schützkugeln zu Fall gebracht worden war und später in dessen Stamm lange Zeit unter dem Burgertor auf offener Strasse hing, können wir nicht mehr entscheiden, da auch die letzten Reste dieser Arbeit verloren gegangen sind.^ Die Plastik der gotischen Periode hat auch in Siebenbürgen eine grosse Menge von kleineren Skulpturen hervorgebracht, die als Begleiterscheinungen der Architektur nicht als selbständige Werke gedacht waren. Es sind dies die architektonischen Zier- stücke, Werkstücke und Konstruktionsteile, wie sie überall im Ge- folge der Gotik auftraten. Der Steinmetz, der sie verfertigte, war wohl nicht immer ein Künstler, aber anderseits steckte dafür in manchem Gesellen echte Veranla^un«^. Daraus erklärt es sich wohl von selbst, dass jene Steinbildnereien an Wert sehr verschieden sind. Einesteils sind sie nichts anderes als roh zurechtgehauene Stein- blöcke, bei denen es nicht selten schwer fällt, den dargestellten Gegenstand zu erkennen, andernteils zeigen sie eine ent- zückende Feinheit der Ausführung und eine künstlerische Auf- fassung in Formgebung und Komposition. Die Gewölbeschlussteine mit verschiedenen Motiven in der Reich es dorfer Basilika sind kaum mehr als derbe Steinmetzarbeiten, ganz im Gegensatz zu der leider beschädigten Kreuzigungsgruppe im Tympanon des Westportals, deren Meister bei einfachster Verteilung der Per- sonen die Aufgabe mit Geschick gelöst hat und die als einziges Werk dieser Art in Siebenbürgen Beachtung verdient. Auf der rechten Seite des Kreuzes steht Johannes mit den beiden trauernden Frauen, auf der linken halten zwei Krieger zu Pferde. Engelsköpfchen neben dem oberen Kreuzesende und je ein Engel unter den Hän- 1 Vgl. G. Soterius, a. a. O. «Altera Crux ultra flumen Cibinium versus Vizaknam collocata fuit, sed sub Rakociana obsidione, quum Ungaris latibulo esset currulium tormentorum globis dejecta est. Trun- cus ejus molis portmodum diu sub porta Civium in via publica haerit, unde vero deformis nimium ad priorem promotus fuit a superstitioso vulgo.» — 23 — den des Gekreuzigten sind auch hier, wie auf so vielen Kruzifixkom- positionen wir erinnern nur an die berühmte Kreuzigun^^^sdarstellung zu Wechselburg, ein wunderbares Werk des 13. Jahrhunderts der Gruppe beigefügt. Um den Anschein hervorzurufen, als schwebten die beiden Engel aus den Wolken hervor, um das Blut aus den Wundmalen der Hände aufzufangen, bediente sich unser Künstler eines liebenswürdig naiven Mittels, indem er einfach nur den Ober- körper der Engel aus dem Stein hervortreten liess. Die Skulpturen in den Konsolen, zum teil Fratzen und Gesichter von eigentümlich archaisierender Auffassung, und in den Pfeilerkapitälen im Chor der Mühlbächer Kirche sind meisterliche Arbeiten ihrer Art, besonders das eine Stück mit der Darstellung des guten Hirten offenbart neben einer ausgezeichne- ten Beherrschung gotischer Stilisierung bewundernswerte Anmut und Leichtigkeit. Unter der gotischen Steinplastik des 15. Jahrhunderts nimmt einen der vornehmsten Plätze der Christuskopf am Turm- portal der ev. St ad tp fa r r k i rche in Hermannstadt ein.^ Da der Turm 1431 fertig war und die Ferula in den Jahren 1448 bis 1460 aufgeführt wurde, so darf man in diesem Christuskopf eine Frucht aus dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts erblicken. Ursprünglich befand er sich im Sclieitelpunkt des Portalkielbogens, gegenwärtig ist er samt diesem Bogen über die westliche Ein- gangspforte im Innern der Ferula in wenig entsprechender Weise eingemauert. Solches geschah 1905, als zur Sicherung der Basis ein gewaltiger Bettonmantel um Fundament und Gewölbe des Turmes gelegt werden musste. Dass dadurch das schöne Portal, in dem man noch den romanischen Bogen, als letztes Ueberbleibsel der alten romanischen Kirche erblicken konnte, vernichtet, das ansprechende Raumbild der grossen Halle zerstört wurde, liess sich mit Rücksicht auf die Baufälligkeit des Turmes nicht vermei- den. Der Christuskopf hebt sich ohne Halsansatz von der kreis- runden Platte des Heiligenscheines ab. Das längliche Oval des Ge- sichtes, umrahmt von den Locken des Haupthaares und dem spitzzulaufenden Barte, fesselt ebensosehr durch die edelste Form- gebung, wie der Ausdruck des schönen Gesichtes mit dem liebe- 1 Vgl. Roth, a. a. O., S. 43 - s. Tafel VI, 1. — 24 — vollen Auge, der hohen Stirn und feinen Nase durch Sanftheit und Milde. Man kann sich kaum einen grösseren Gegensatz denken, als er zwischen! dem Kopf des Kruzifixus von Peter Lantregen und diesem Christushaupt besteht. Dort höchster Affekt und hier die Klarheit selber. Dort der Ausdruck dessen, als sollte dem Beschauer gesagt werden : ,,Seht her, wie sehr ich eurethalben leide", und hier an die Menge, die ehedem durch dieses Portal die Kirche betrat, der freundliche und friedevolle Gruss : ,,Ich bin die Wahrheit und das Leben/' Es muss eine begnadete Hand ge- wesen sein, die dieses Stückchen aus dem starren Stein zu lebens- voller Gestalt, zum köstlichen Träger eines schönen Gedankes ge- formt hat! Nicht nur in den grösseren Vororten der einzelnen Stühle, auch in den kleineren Ortschaften fand der Bildhauer bei der Aus- schmückung des Gotteshauses Beschäftigung. Bemerkenswert sind die plastischen Arbeiten in der Kirche v o n M a r i e n- burg bei Kronstadt.^ Das Gewölbe des Chores wird hier von Wandpfeilern getragen, deren Kapitale reich verziert sind und da- durch uns besonderes Interesse bieten, weil deren fünf mit figür- lichen Reliefdarstellungen ausgestattet sind. Die Reliefs ent- halten neben dem Wappen des Ortes Szenen aus der heiligen Ge- schichte, so auch den heiligen Georg. Aus einem der Kapitale hinter der Orgel erhebt sich eine Statuette der Maria frei empor, eine feine zierliche Arbeit von guter Beobachtung, die ursprüng- lich ebenso wie die übrigen Skulpturen wahrscheinlich farbig ge- wesen ist. Leider oft wiederholte weisse Kalktünche hindert einen vollkommenen Genuss dieser Plastiken, deren Gipsabgüsse 1896 auf der Milleniumsausstellung in Ofen-Pest bei Kennern allgemeine Beachtung fanden. Stilistisch gehören sie dem 15. Jahrhundert an, ja wenn man annehmen will, dass der Stein mit der in gotischen Minuskeln gehaltenen Jahreszahl 1471 und mit dem aus sieben Sternen und einem Halbmond der bestehenden Wappen, sich über der westlichen Pforte des südlichen Seitenschiffes befindet, den Umbau der ursprünglich romanisch angelegten Kirche be- 1 Vgl. Ernst Kühlbrandt : Die Kirchen und Burgen des Burzen- landes, in dem Werk : Das sächsische Burzenland. Kronstadt 1898. S. 90 f. — 25 — zeichnet, so wäre damit auch die Entstehüngszeit unserer Skulp- turen gegeben. Wenn dies nun, wie wir glauben, zutrifft, so wäre damit auch der Beweis geliefert, dass der Stil der gotischen Plastik in Sieben- bürgen über das Jahr 1450 hinausgeht und hier rund ein halbes Jahrhundert länger angehalten hat, als in Deutschland, wo er ja nach der wohlbegründeten Ansicht Wilhelm Bodes schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts der Renaissance weichen musste.^ Das ist nun aber nicht in dem Sinne zu verstehen, als ob in Sieben- bürgen eine Stilrichtung mit einem Schlage aufgehört habe, um einer neuen Raum zu bieten, denn wir besitzen einige Arbeiten, die keine Spur von Gotik an sich tragen und doch in das 15. Jahr- hundert hineinragen. Diese Erscheinung des Nebeneinanderlebens zweier Stilgattungen kann begreiflicherweise nur am Ausgang einer alten und zu Beginn einer neuen Periode statthaben. Allgemein aber kann man sagen, dass in Siebenbürgen das 15. Jahrhundert mit gewissen Ausnahmen der gotischen Plastik gehört. Das längere Andauern der Gotik auf diesem Gebiete der Kunstübung und die Anfänge der Renaissance in derselben Zeit erklärt auf der einen Seite die lebendige Berührung mit der gemeindeutschen Entwick- lung, auf der anderen Seite die weite räumliche Entfernung von den Mittelpunkten der deutschen Kunst. Von kleineren spätgotischen Skulpturen erwähnen wir die beidenEngel mit Spruchbändern vom Westportal der evan- gelischen Stadtpfarrkirche in H e r m an n stad t, die jetzt in der archäologischen Sammlung des Baron Brukenthalschen Mu- seums aufbewahrt werden, desgleichen die Köpfe an dem West- portal der Kirche in P r e t a i und einen mit Tüchern umwun- denen Kopf einer Frau, vielleicht einer Nonne an einem Pfeiler der nördlichen Arkadenreihe in demselben Gotteshaus, die Fratze an einem Pfeiler des südlichen Seitenschiffes in H et zel- dorf und ganz besonders den Oberkörper eines Ecce homo, der sich aus den Resten eines Sakramentshäuschens oberhalb der Tabernakelnische in der Kirche zu Wu r m l och hervorbeugt. Die Inschrift darunter, in Charakteren der gotischen Minuskel verfasst, lautet : salvator rex solamen. Als sehr schöne Arbeiten 1 a. a. O., S. 73. — 26 — verdienen noch genannt zu werden die Ge wölbeschlussteine aus der ehemaligen Jakobskapelle in Herrn annstadt, die sich jetzt in der archäologischen Sammlung des Baron Brukenthalschen Mu- seums befinden. Zwei derselben sind mit Rosetten verziert, auf dem dritten ist ein Jesuskopf in typischer Form mit graphischer Behandlung des Haares und auf dem letzten der Apostel Jakobus mit Hut und Pilgermuschel, Stab und Reisetasche dargestellt. Auf- fassung und Ausführung sind sehr ansprechend. Als eines der frühesten Bildwerke des 15. Jahrhunderts darf ein aus Stein gehauenes Brustbild der mater dolorosa an- gesehen werden, das jetzt in der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche an einem der südlichen Pfeiler eingemauert ist. Das Haupt ist zur Seite geneigt und gleich der Büste mit Tüchern in reichem, weichem, sorgsam arrangiertem Faltenwurf bekleidet. Aus dem zart geformten Gesicht spricht wahre Empfindung, Hal- tung und Formengebung werden durch den Schmerz bestimmt, der zum Ausdruck inniger Demut gemildert erscheint. Neben dem Kruzifix des Peter Lantregen, dem Hermannstädter Oelberg ^ und der Pietc\ des Meisters Ulrich von Kronstadt aus dem Jahre 1506^ ist sie eine der wenigen siebenbürgischen Skulpturen, die in der Heiligendarstellung auch einen Gedanken, in diesem Falle den des mütterlichen Schmerzes naturwahr zu schildern imstande war. Obwohl die angewandten Ausdrucksmittel, das Neigen und die Verhüllung des Hauptes nichts Neues darbieten, so ist das Bild- werk, in dem wir vielleicht die Reste einer „Beweinung Christi" erblicken dürfen, doch die Arbeit einer gut geschulten Kraft, die freilich nicht das Höchste zu leisten berufen war, aber doch so weit künstlerisch befähigt gewesen ist, dass ihre Aeusserung in der Gestalt dieser Schmerzensmutter dem Beschauer auch heute noch eine aesthetische Idee, die Illusion einer schmerzbewegten Frau mitzuteilen vermag. In diesem Umstand aber erkennt man nach den Grundsätzen der realistischen Aesthetik das künstlerisch Schöne und aesthetisch Wertvolle eines Kunstwerkes. Da unsere Skulptur offenbar ein Torso ist, so müssen wir in dem Unter- gang der übrigen Teile einen unersetzlichen Verlust der sieben- bürgisch-sächsischen Kunstgeschichte beklagen. 1 s. Tafel Xir. i. ^ s. Tafel VII. — 27 — Zu den Steinskulpturen der ausgehenden gotischen Epoche sind die H eili gen statuen an den Chor-Strebepfeilern der Krön Städter evangelischen Stadtpfarrkirche^ zu rechnen. Da diese Kirche im Jahre 1477 ganz oder zum grössten Teil vollendet war, so ist damit wenigstens das Jahrhundert dieser Skulpturen angegeben. Die elf vorhandenen Statuen können zum Teil noch ihrer Bedeutung nach bestimmt werden. Deutlich lassen sich Maria mit dem Jesusknaben auf dem Arme, Christus mit Buch und Heiligenschein, Jakobus, der Apostel, mit dem Hute, Johannes der Jünger mit dem jugendlichen Habitus des Gesichtes erkennen. Als Ganzes betrachtet gibt sich der Zyklus als Arbeit eines Meisters. Auffassung und Ausführung werden durch über- einstimmende Zü^e gekennzeichnet. Während das hervorstechendste Merkmal der Mühlbächer Statuen eine vielleicht beabsichtigte Starrheit ist, zeigt sich in den Kronstädter Statuen unverkennbar das Bestreben in die Gestalten leise Bewegung zu bringen. Eine leichte Neigung des Hauptes, eine sanfte Beugung des Körpers in den Hüften, ein geringes Vorstellen des Fusses, lebendigere Haltung der Hände, vor allem aber eine grössere Mannigfaltig- keit im Arrangement der Gewandung bringen der Betrachtung zum Bewusstsein, dass sich zwischen den Mühlbächer und Kron- städter Statuen der Zeitraum eines Jahrhunderts befindet. Ja, man möchte beinahe meinen, dass sich in diesen Skulpturen die Kämpfe ausprägen, die Gotik und Renaissance miteinander ge- führt haben. Einerseits hielt sich der ruhige Faltenwurf und das Verschwinden des Körpers unter den schweren Stoffen an gotische Ueberlieferung, andererseits war jenes Streben nach Bewegung ein Reflex neuer Ideen. Da die Kronstädter Statuen dem Ausgang unserer Periode angehören, so sind sie bei allen ihren Vorzügen doch Zeugen einer zusammenbrechenden Welt der Formen und Anschauungen. Und hierin liegt, so glauben wir, der Schwerpunkt ihrer Bedeu- tung für die Entwicklung und Geschichte der Kunst im sieben- bürgischen Sachsenland. Wertvoll sind diese Werke als Denk- mäler des Uebergangs einer Stilrichtung in die andere und beach- tenswürdig, weil sie von einem Meister modelliert worden sind, der 1 s. Tafel IV und Tafel V. " 28 — aus den Kämpfen zwischen zwei Welten der Form als Künstler von klaren Grundsätzen hervorgegangen ist. Deshalb wirken diese Steinbilder so einheitlich und so geschlossen, obwohl sie stilistisch keineswegs als Einheit gelten können. Um Gegensätze zu überbrücken und Widersprüche auszugleichen, bedarf es hoher Begabung und ungeschwächter Kraft, und beides besass der unbe- kannte Kronstädter Meister. Es ist auffallend, dass die Plastik, ja die Kunst überhaupt im Norden der Kolonie , im Nösner Gelände eine viel ge- ringere Verbreitung gefunden hat, als im Süden. Es mag das vielleicht daher kommen, dass die Handelsbeziehungen dieser Gegend mehr auf den Osten beschränkt waren, während die der Hermannstädter Provinz und der Schässburger, Mediascher und Mühlbächer Territorien mehr nach dem Westen gingen. Von Westen aber kam in dieser Zeit auch die Kunst. Aus diesen Gründen können wir nur weniges anführen. Das Relief an der Pfarrkirche in Bist ritz, das Wortisch erwähnt,^ scheint die heilige Ursula darzustellen , doch fehlt es an einer einge- henden Untersuchung. Die steinerne Figur eines segnenden Bischofs mit Vollbart und Mitra sowie langem priesterlichem, leicht gefaltetem Gewände am evangelischen Pfarrhofe in Bistritz kann mit Bestimmtheit dem 15. Jahrhundert zugewiesen werden. Fein in deu Verhältnissen und gediegen in der technischen Be- handlung verdient sie volle Beachtung. Da die Hauptkirche in Bistritz dem hl. Nikolaus geweiht war und unsere Statue dem Darstellungsgebrauch dieses Heiligen entspricht, so darf man in ihr ein Bild des hl. Nikolaus erblicken. Unmittelbar nicht zur Plastik gehörig heben wir hier die prachtvolle steinerne Umrahmung mit zwei Wappenschilden und einer ausgezeichnet formgewandt und sorgfältig geschnitzten Türe aus dem Jahre 1480 im alten Bistritzer Kapitels hof^ hervor. Das eine Wappen trägt unter Mond und Stern in gotischer Minuskel die Worte : Petrus Maria, während das Wappenschild oberhalb des Pfarrhofes in Bistritz, eben- falls mit der Jahreszahl 1480 mit der Inschrift: Jhesus Maria nnd darunter mit Sonne, Mond und Stern geschmückt ist. In diesem 1 Vgl. Theobald Wortitsch : Das evangelische Kirchengebäude in Bisiritz. Bistritzer Gymnasialprogramm 1888. S. 6. 2 Gegenwartig Keintzelsches Haus auf dem Kornmarkt in Bistritz. — 29 — Zusammenhang erwähnen wir noch, das Relief mit der Darstellung der Krönung M ari a e zur Himmelskönigin i n P et e rsd o r f bei Bist ritz. Ursprünglich war es neben dem Portal der Kirche dieses Ortes angebracht, jetzt befindet es sich über demselben ein- gemauert.^ Leider steht eine eingehendere Untersuchung dieses Werkes noch aus. Wenn das Bistritzer Gelände im ganzen genommen arm an Denkmälern der Plastik genannt werden muss, so eignet ihm doch der Ruhm, die älteste datierte Bildhauerarbeit zu besitzen. An der Bistritzer Stadtpfarrkirche, an der südlichen Ecke der beim Neu- bau dieser Kirche beibehaltenen, ursprünglich dem Erzengel Michael geweihten Kapelle, befindet sich nämlich das Bildnis eines Ritters in Lebensgrösse mit Wappenschild, Schwert und Mantel. Die deutlich lesbare Jahreszahl darauf MCCCXX führt diese Ar- beit tief in das 14. Jahrhundert zurück." — Am Ende des 15. Jahrhunderts kam auch jene Sitte auf, die sich in späterer Zeit einer ausserordentlich grossen Beliebtheit er- freuen sollte, die Sitte der Errichtung von Grabverschluss- platten. Einer der ältesten dieser Grabsteine ist dem Andenken des Georg Hecht ("i" 1496) gewidmet. Aus rotem Marmor v^erfertigt und in der Ferulader Hermannstädter Stadtpfarrkirche aufbewahrt, zeigt die von der Inschriftleiste umrahmte Füllung das Hechtsche Wappen in schöner, sicherer Zeichnung, der man die Vertrautheit mit derartigen Arbeiten ansieht. Die Umschrift ist in gotischen Mi- nuskeln abgefasst und lautet: „Dominus vir Georgius Hecht alias chwkas^ dictus condam Magister civium civitatis Cibiniensis . . . . Aus späterer Zeit in lateinischen Initialen: Melchior Hermannus."^ An demselben Orte befindet sich das aus grauem Marmor angefertigte Denkmal des Hermannstädter Bürgermeisters und Kammergrafen Nikolaus Prol ("j- 1499). Auch hier wird die Tafelfüllung durch die Wappendarstellung des Verewigten völlig in Anspruch genommen, während die Umrandung der hier in la- 1 Vgl. L. Reissenberger : Kurzer Bericht über kirchliche Alter- tümer. Hermannstadt 1873. S. 6 des Sonderabzuges. Ebenda. 3 «csuka» ist die magyarische Bezeichnung für «Hecht». * Vgl. S. Möckesch : Die Pfarrkirche der Augsburger Confessions- verwandten zu Hermannstadt. Hermannstadt t83o. S. 3(). — Archaeo- logiai ertesitö. (Indicateur archeologiquej Bd. XUI. 1879. S. 382. — 30 — teinisclieii Initialen gehaltenen Inschrift Raum bietet. Während aber der Grabstein Hechts noch reine Gotik bietet, erscheint hier in der Ornamentik des Wappenmantels ein ängstliches und un- vollkommenes Suchen nach der Form. Der Meister dieses Steines hat von der Gotik nichts verstanden ! Die Inschrift lautet: „Sepul- tura nobilis et egregii viri qiiondam Nicolai Prol comitis camera- rum salium regalium parcium regni Transsilvarum ac ma^dstri ci- vium civitatis Cibiniensis suorumque heredum qui obiitin festo beati Nicolai Confessoris anno milesimo quadringentesimo nonagesimo nono".^ — Viel gewandter in der Form der Wappenzeichnung und von korrekterer Gotik ist der Marmorgrabstein des Königsrichters und Sachsengrafen Johannes Lula (j- 1521), der ebenfalls in der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche aufbewahrt wird. Hier jedoch nimmt die Wappendarstellung nicht die ganze Tafel ein, sondern lässt Raum für eine Inschrifttafel, deren Text sich aber nicht auf Lula, sondern auf Johannes Stentzel und dessen Ge- mahlin Katharina Lotzin bezieht und 1649 auf die leere Tafel geschrieben wurde. Die in grossen lateinischen Buchstaben ver- fasste Randschrift, die uns hier allein interessiert, lautet: „Sepultura nobilis ac egregii Johannis Jula (!), judicis regii ac comitis camere Cibiniensis qui e medio vivencium fatorum vocacione sublatus, cuius anima Deo vivat MDXXl die vero XII mensis Aprilis".^ — Aehnlich in der Form ist auch der Grabstein des Sachsen- grafen August in Hedwig ("t" 1577), jedoch mit abgestumpften Ecken, nur ist hier das Wappenrelief kräftiger in der Form. Die Umschrift lautet : „Selig ist der in Gottes Wegen gehet und in seinen .... stehet. Idem Augustinus Hedwig regius judex hic sepultus anno 1577 Februarii 3". Die Aufschrift der Tafel unter- halb des Wappens enthält das offizielle Totenpoem. — Mit der Erwähnung der kleinen in Stuck ausgeführten Kr euz i gu ngsg ruppe, einem Relief ohne besonderen Wert unter dem Tabernakelbaldachin in der Kirche zu Malmkrog, mit dem Hinweis auf den schönen Manneskopf mit altdeutscher Kopf- bedeckung in der Umrahmung der Sakristeitüre der 14 14 vollen- 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 91. Ebenda, S. 92. — 31 — deten Klause nb ur ger H auptkirche und auf die Tafel über der Eingangstüre des ev. Stadtpfarrhofes in Hermannstadt aus dem Jahre 1502^ kann die Besprechung der Steinplastik dieser Periode abt^eschlossen werden. Die beiden Reliefs mit Darstellungen des Oelbergs aus der Schule des Veit Stoss werden weiter unten behandelt werden. Neben die Steinplastik hat sich überall, auch in Siebenbürgen, schon frühzeitig die Holzskulptur gestellt. Allerdings waren die Voraussetzungen für ihre Pflege verschieden. Jene wurde hauptsächlich als Teil des architektonischen Schmuckes in Ver- wendung genommen, diese diente der inneren Ausstattung der Kirchen und spielte im Kultus, insoweit sie die Altäre mit Hei- ligenstatuen versah, eine vornehme Rolle. Dass sich aus der Zeit der Gotik nur vereinzelte Denkmäler geschnitzter Holzplastik er- halten haben, ist in der Vergänglichkeit und geringeren Wider- standsfähigkeit des Materials, sicher auch in der mangelhaften Sorgfalt begründet, die man den Resten abgebrochener Altäre nach der Reformation angedeihen Hess. Wie viel des Schönen mag unrettbar verloren gegangen sein 1 Zu diesen Verlusten gehört auch ein bezeugter Altar der Hermannstädter Stadtpfarrkirche. Er war der Maria von Re- canati gewidmet, was wir aus dem Testament des Hermann- städter Bürj^ers Georg Schneider (Georgius Sartor) erfahren, der 1485 letztwillig verfügte, dass aus dem Ertrag von verschiedenen Liegenschaften „pro Altari benedictae Virginis Mariae de Reco- nato (sie !) in Ecclesia dictae Civitatis fundato" gesorgt werden sollte.^ Man darf vielleicht annehmen, dass sich auf diesem Altar eine Statue der Maria befunden habe, aber unbegreiflich ist es, weshalb sie hier als gebenedeite Jungfrau Maria von Recanati bezeichnet wird. Da dafür ikonographische Gründe nicht vorhan- den sind, so erhebt sich die Frage, ob sie von der Stadt Reca- nati in der italienischen Provinz Macerata, südlich von Ancona, deshalb ihren Namen erhalten hat, weil ihr Bildnis daselbst er- zeugt worden war. Wäre diese Frage bejahend zu beantworten, 1 s. Tafel VI, 2. 2 Vgl. Ludwig Reissenberger: Die evangelische Pfarrkirche A. B., in Hermannstadt. Hermannstadt 1884. S. 70. so hätte man Ursache in dem verloren gegangenen Marienbild den Verhist des einzigen aus Italien nach Siebenbürgen gelangten Kunstwerkes jener Periode zu beklagen. Eine der Marienstataen/ die sich in der archäologischen Sammlung des Brukenthalschen Museums zu Hermannstadt befindet, als Maria de Recanati zu bezeichnen, verbietet der ausgesprochen deutsche Charakter dieser Skulptur. An den Anfang der Holzschnitzerei in Siebenbürgen ist die Kreuzigungsgruppe von der Bekrönung des Altars in Malmkrog zu verlegen. ^ Während die Statuettchen der Maria und des Johannes bei der Kleinheit ihrer Ausmasse und unter dem schweren Faltenwurf ihrer Gewänder plump erscheinen, verdient der Cliristuskörper durch die Feinheil der Ausführung und die bis auf die etwas zu langen Arme gelungene Naturbeob- achtung unsere Aufmerksamkeit. Die drei Teile dieser Kreuzi- gungspruppe werden von je einer Fiale der Altarbekrönung ge- tragen — ein Gebrauch, der ja auf überaus zahlreichen gotischen Altären in Anwendung stand. Auch bei diesem Werke bedauern wir den kläglichen Erhaltungszustand. Von Würmern arg zer- fressen, der einstigen Polychromierung längst entkleidet, geht die besonders im Gekreuzigten tüchtige Arbeit unaufhaltsam dem Untergang entgegen, wenn nicht bald für die Konservierung, die ja in diesem Falle schon die historische Pietät vor der ältesten Holzskulptur der Deutschen in Siebenbürgen zur Pflicht macht, Sorge getragen wird. Eines der ältesten Werke der Holzskulptur in Siebenbürgen ist ferner die M i ch elsb e rg er Madonna.^ Früher in der alten romanischen Bergkirche des heiligen Michael zu Michelsberg bei Hermannstadt aufgestellt, wurde sie, nachdem sie jahrelang auf dem Aufboden des evangelischen Pfarrhauses dieses Ortes gelegen war, 1905 der archäologischen Sammlung des Brukenthalschen Museums einverleibt. Die lange schlanke Gestalt, die schmalen Hände, der fliessende von allen Knicken und gebrochenen Linien freie Faltenwurf, der nach rechts herausgebogene Körper, das 1 s. Tafel VIII, i. 2 Vgl. V. Roth: Das Altarwerk zu Malenkrog. Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. XXV. Nr. 9 u. lo. 3 s. Tafel VIII, 3. — 33 - starre Lächeln des breiten Gesichtes, das plumpe und besonders in der Halspartie ungeschickt wiedergegebene Körperchen des Jesusknaben lässt in der Arbeit ein Erzeugnis der spätgotischen Epoche erkennen. Die Figur zeigt ganz ähnliche Missverhältnisse, wie so viele Skulpturen dieser Zeit, z. B. wie das Christuskind auf dem Arm einer Maria vom Dome zu Augsburg.^ Spuren noch vorhandener Farbenstellen und der Kreidegrund, mit dem die Statue überzogen ist, weisen darauf hin, dass die Figur polychrom war. In ihrem gegenwärtigen, unscheinbaren Zustand ist es be- dingt, dass die Mängel stärker, die Vorzüge geringer hervortreten. Während die Steinskulpturen des 14. und 15. Jahrhunderts die Möglichkeit einer allgemeinen Charakteristik dieses Zweiges der Plastik in Siebenbürgen darbieten, sind wir bei der Holzskulptur ungleich schlechter dran. Aber selbst die geringe Anzahl von Holzschnitz- werken dieser Zeit gibt die Gewähr, dass auch auf diesem Ge- biete eine besondere siebenbürgisch-sächsische Schule nicht tätig gewesen ist. Und wenn sich bei der Michelsberger Madonna die Frage erhebt, ob sie als Werk eines siebenbürgischen Künstlers oder eines von Auswärts zugewanderten Gesellen oder Meisters anzusehen sei, so kann die Antwort nur im Sinne der letzt ge- nannten Möglichkeit gegeben werden. In dem hundertjährigen Zeitraum von der Mitte des 14. bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts, von Ludwig dem Grossen bis zu Mathias Corvinus hat das deutsche Volk in Siebenbürgen seine glücklichsten Zeiten erlebt. Gerade in dieser Periode war das Zunftwesen innerlich und äusserlich auf die Höhe seiner Bedeut- ung gelangt. Im Jahre 1376 war über könighche Veranlassung die Neuordnung der Zünfte durchgeführt worden. Ludwig der Grosse hatte zu diesem Zweck durch eine Versammlung der Ge- werbemänner in Hermannstadt, der nicht nur Richter, Aldermänner und Geschworene der sieben Stühle, sondern auch zwei Vertreter des Königs, der Bischof von Siebenbürgen, Goblinus, ein Sachse, und der Vogt der Grenzburg Landskrone, Johann von Scharffen- eck beiwohnten, ein Regulativ ausarbeiten lassen und demselben seine Bestätigung gegeben. Wie sehr die Zunftordnung ihrem 1 s. die Abbildung bei Lübke : Geschichte der Plastik. Leipzig i863. S. 396. . ROTH. 3 — 34 — Zweck entsprach, beweist der Umstand, dass sie in vielen Städten Ungarns als mustergültige Vorlage für ähnliche Einrichtungen diente. Blühender Handel und ein gedeihliches Gewerbe sind auf die Entwicklung und den Aufschwung auch der Kunst von v^eit- tragendster Bedeutung gewesen. Deshalb war ,,es geradezu von unschätzbarem Wert . . . ., dass der Geselle, bevor er sich zum Meisterstück meldete, zuvor in der Regel eine Zeitlang auf der Wanderschaft zubrachte. Das Ziel dieser war von allem Anfang an vornehmlich Deutschland und hier insbesondere die Städte Regens- burg, Augsburg, Nürnberg, Köln, Strassburg u. a. Doch nicht selten wurden auch Venedig und Florenz, ferner Brügge, Gent, Antwerpen und andere Städte Flanderns, Brabants und der Nie- derlande besucht. Von diesen altbewährten Stätten des Gewerbe- fleisses und der Künste brachten die wackeren ,, Knechte" manche neue Erfindung und manche feine Kunst in die ferne Heimat an den Grenzen der Christenheit." ^ So sind die Fäden erkennbar, mit denen das deutsche Kul- turleben in Siebenbürgen mit dem fernen Mutterlande verbunden war. Dabei ergibt sich, dass es sich gleich bleibt, ob auf dem- selben Wege, auf dem Siebenbürger Sachsen hinaus zogen, fremde Handwerker hereinkamen und hier ihre Kenntnisse und Fähigkeiten verwerteten, oder ob Einheimische bei ihrer Rückkehr die im Auslande ersehene und erlernte Technik und Formen- sprache in der Heimat zu betätigen begannen. Das Wichtige bleibt die Tatsache, dass in beiden Fällen eben nicht eine Kunst ausge- übt wurde, die im Lande entstanden war, hier ausgebildet und weiter entwickelt wurde, sondern dass auch hier wieder jenes schon mehrfach betonte Moment hervortritt : es ist deutsche Kunst, die im Siebenbürger Sachseniande gepflegt wurde, frei von allem Pro- vinzialismus, der sich erst später, besonders im 17. Jahrhundert entwickeln sollte. Von solchen Gesichtspunkten aus muss auch die Michelsberger Madonna betrachtet werden. — Man wird wohl nicht fehl gehen, wenn derselben Entsteh- ungszeit auch die Madonna in der archäologischen Sammlung 1 O. V. Meltzl: lieber Gewerbe und Handel der Sachsen im XIV. u. XV. Jahrhundert. Hermannstadt (1892). 1. Teil, S. i5. — 35 - des Baron von Brukenthal sehen Museums zugeschrieben wird. ^ Sie stand ehedem in der evangelischen Pfarrkirche zu Hermannstadt. In ihr schätzen wir eine beachtenswerte Arbeit dieser Zeit, deren starke Vergoldung und sonstige Bemalung sich, die in ein schwärz- liches Braun übergegangenen Fleischtöne ausgenommen, sehr gut konserviert haben. Allerdings ist auch in dem Gesichte dieser Maria der Gesichtsausdruck und der nackte Leib des Jesusknaben als die Schwäche des Werkes anzusehen. Immerhin muss man das Antlitz der Himmelskönigin wohlgebildet nennen. Die rechte Hand dürfte im Verhältnis der etwa in dreiviertel Lebensgrösse darge- stellten Gestalt zu klein ausgefallen sein. Der Faltenwurf zeigt nur mässige Bewegung. Leider ist das Holzwerk stark wurmstichig. In derselben Sammlung wird eine in halber Lebensgrösse ausgeführte Statue Johannis des Jüngers aufbewahrt, die ohne charakteristische Merkmale in platter Behandlung gehalten nichts von einer individuellen Auffassung des Künstlers verrät. Sie stammt ebenso wie die Rudimente eines Kr u zi fi xu s, dessen Kreuz, Arme und Füsse verloren gegangen sind, aus der Her- mannstädter Stadtpfarrkirche. Zu den schönsten Denkmälern spätgotischer Holzplastik in Siebenbürgen gehört der Kruzifixus in der evangelischen Kirche zu Schön berg^, ein Werk, das zugleich das einzige Triumphkreuz ist, das sich in diesem Lande erhalten hat. Es hängt gegenwärtig an dem Mauerfeld oberhalb des Scheidebogens zwischen Chor und Schiff. An seinen vier Kreuzesenden wird es durch die Reliefbilder der Evangelisten mit Schriftbändern, auf denen die Namen derselben in Minuskeln zu lesen sind, in gotischer Vierpassumrahmung geschmückt. Der Christuskörper mit Lenden- tuch und Dornenkrone zeichnet sich durch richtige Wiedergabe der anatomischen Proportionen aus, der Schmerzensausdruck in dem Gesicht mit halbgeschlossenen Augen ist gemildert. Die Art der Darstellung, der Charakter der Schriftzeichen, die Form der Ein- fassung der Evangelistensymbole lassen uns dieses Werk in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts verlegen. Die technisch voll- kommene Ausführung des Schnitzwerkes, die kräftige und doch fein abgestimmte Polychromierung, die in dem Körper und in dem 1 s. Tafel VIII, i. - 36 - Antlitz des sterbenden Heilandes atmende Ergebenheit sind Zeug- nisse nicht nur für den durch tüchtige Schulung ausgebildeten Meister und seine Tüchtigkeit, sondern auch für den fein empfin- denden Künstler. Im Gegensatz zu Petrus Lantregen, dem Natura- listen und Schilderer eines leidenschafdichen Schmerzes und über- menschlichen Leidens, war er Idealist. Jener wollte die ganze Schwere des Opfertodes Christi wiedergeben, dieser betonte den Gedanken der Erlösung und Versöhnung. Dem Gesamteindruck der Skulptur nach scheint unser Meister in süddeutschen Tradi- tionen zu wurzeln. Der Erhaltungszustand des Kreuzes ist zufrie- denstellend, doch wäre eine gründliche Renovierung und Auf- frischung desselben im Interesse seiner Konservierung dringend zu wünschen. Wohl jünger als das Schönberger Kreuz ist ein R el i e f d es heiligen Nikolaus im Museum „ Alt-Schässburg", wohin es aus der Schässburger Bergkirche gelangte.^ In einen gotischen Vierpass hineingestellt, zeigt diese Arbeit das Brustbild des seg- nenden Nikolaus mit Mitra, Casula und Krummstab, dessen obere Hälfte leider abgebrochen ist. Es ist also dieselbe, der christlichen Ikonographie entsprechende Darstellungsart gewählt worden, wie wir sie in der Figur desselben Heiligen in Bistritz und Mühlbach gefunden haben. Stark vergoldet war dieses Werk wohl nur als Wandschmuck gedacht. Die dekorativen W^erte kann man aner- kennen, aber die künstlerischen muss man in Abrede stellen. Das Gesicht ist vollkommen verzeichnet, die Augen stehen zu nah aneinander, die Nase ist zu flach, der Mund eingedrückt und die breiten Fleischmassen des Kopfes werden durch den gekräuselten Vollbart noch schwerer gemacht. Steht das Relief äusserlich noch in den Ueberlieferungen der Gotik, seiner inneren künstlerischen Bedeutung nach kann es nur der Zeit des Verfalls dieser Kunst- richtung angehören. Mit der Erwähnung des Schässburger Nikolausreliefs sind wir an das Ende der gotischen Periode der Plastik in Siebenbürgen gelangt. Diese Periode umfasst hundert Jahre deutscher Kunst mit ihren Vorzügen, aber auch mit all ihren Schwächen und Mängeln ! Es ist nicht siebenbürgisch-sächsische Kunst, sondern deutsche Kunst 1 Tafel VI, 3. - '37 — in Siebenbürgen gewesen ! Deshalb können wir auch ihre Ergebnisse als gemeindeutsch bezeichnen und deshalb ist es wohl erlaubt, die schöne Charakteristik hierher zu setzen, die Hans Semper von der Skulptur dieses Abschnittes gegeben hat, wenn auch nicht alles direkt auf die Verhältnisse Siebenbürgens angewendet werden kann. „Für die grösseren Kirchen findet jetzt ein ungeheurer Aufwand an Skulpturen statt .... Durch diese Massenerzeugung wird zwar die technische Fertigkeit der Bildhauer und Steinmetzen gesteigert, artet aber allmählich in Effekthascherei oder flüchtige Mache aus. An Stelle des ernsten Strebens nach einfacher, grosser Wirkung auf klassischer Grundlage tritt bald ein absichtliches Suchen nach überraschenden Wirkungen, sowohl in der übermässig bauschigen, von tiefen Schatten unterhöhlten und nach künstlichen Schön- heitslinien gezogenen und gelegten Gewandung, wie in den bald übermässig erregten und ausgeprägten, bald von weichlicher Süssig- keit oder von spiessbürgerlicher Alltäglichkeit erfüllten Köpfen. Besonders das Frauenlächeln oder auch der Schmerz äussern sich jetzt häufig in unschönem Grinsen. Die Gestalten erhalten über- trieben ausgeschwungene Stellungen, deren Unnatur durch maleri- sche Gewandfülle nur teilweise verhüllt wird, welche das plastische Durchscheinen der Körperformen aufhebt und dadurch die Ab- nahme der Kenntnis dieser letzteren herbeiführt. So kommen jetzt wieder häufiger Proportionsfehler, ^u kurze Arme, zu lange Hälse u. dgl., vor. — Dieser Stil, welcher gleichwohl in den besseren Werken eine naive Anmut und Frische des Ausdrucks und einen weichen, idealen Linienrhythmus erzielt, blüht besonders im vierzehnten Jahrhundert und dauert im Anfang des fünfzehnten (in Siebenbürgen um rund fünfzig Jahre länger als in Deutschland) fort. . . . Der realistische Drang der nördlichen Völker hatte das antike Joch allmählich gänzlich abgeschüttelt und war allerdings in der Kenntnis und Darstellung der Wirklichkeit weit fortgeschritten, das Gebiet und Wesen der Kunst dadurch wesentlich erweiternd und vertiefend, wogegen es ihm nur ausnahmsweise gelang, seinen Werken den Stempel vollendeter Schönheit aufzuprägen."^ 1 Hans Semper: Das Fortleben der Antike in der Kunst des Abendlandes. Esslingen 1906. S. ggf. Die Periode der Renaissance. „Die Bande, in welche die gotische Architektur die bildne- rische Kunst geschlagen hatte, mussten den Künstler, der sich derselben mehr und mehr bewusst wurde, geradezu auf eine Trennung hindrängen, zumal die Architektur in Deutschland zu- nächst ihre alte Formensprache beibehielt." ^ Die Plastik wird selbständig, sie fühlt in sich selbst den Endzweck ihrer Bestimmung und geht nun auf den Urgrund aller künsderischen WirJ^ung, auf die Natur zurück. Darin liegt der Schwerpunkt der Renaissance auch in Siebenbürgen. Eine strenge Naturbeobachtung offenbart sich in der virtuosen Behandlung der nackten Körperteile, der Hände, Füsse und Köpfe, seltener des ganzen Leibes, der in der Regel mit reich ausgestatteter Gewandung in üppiger Faltengebung bekleidet wird. Dass die Gewandung noch immer mit sichtbarer Freude als selbständiges künstlerisches Motiv betrachtet wird, war eine Nachwirkung gotischer Anschauungsweise und darin war auch die Gefahr der Entartung enthalten. „Am wohltätigsten wirkt der neue Realismus der deutschen Kunst in der Schilderung der Stimmung, im Ausdruck des inneren Lebens. Auch hier sind ihr allerdings gewisse Schranken gesetzt, welche in der Richtung der Zeit und in der Stellung der Künstler be- gründet waren : erhabene Grösse oder dramatisches Pathos werden uns nur ausnahmsweise in diesen Bildwerken begegnen, und nur bei einigen wenigen Künstlern dürfen wir sie überhaupt erwarten. Da- gegen überrascht selbst in den geringeren Arbeiten dieser Zeit fast Regelmässig eine zum Herzen sprechende Innerlichkeit der Empfin- i Bode, a. a. O., S. 109. — 39 — düng. Die weicheren Regun^^en des Gemütes, die Aeusserun^en der mütterlichen Liebe, des Leidens und des Mitgefühls sind mit einer Tiefe und Wahrheit zum Ausdruck gebracht, welche eine Reihe dieser Bildwerke gerade dadurch unter die edelsten Leistungen der Plastik überhaupt erhebt. Diese Tiefe der Empfindung in den Bildwerken, gepaart mit der Naivität und einer gewissen be- haglichen Breite, mit welcher sie vorgetragen ist, ist ein treuer Ausdruck der Blüte des deutschen Bürgertums."^ Monumental ist die Plastik auch in der Epoche ihrer zweiten Blüte (in Deutschland von c. 1450 — 1530) nicht gewesen. Da- gegen muss ihr eine ausgezeichnete malerische Wirkung zuge- sprochen werden. Die glänzende Vergoldung, die reiche Farbig- keit, der knitterige Faltenwurf, der ganze Altarbau dieser Zeit sind Zeichen für die lebhafte Wertschätzung der malerischen Mo- mente der Bildhauerkunst. An dieser Blüte der deutschen Renaissance hat die deutsche Siedclung in Siebenbürgen ihren vollen Anteil gehabt. Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts, etwa von 1475 angefangen, weiss sie sich auf dem Gebiete der Plastik durchzusetzen und erlischt zu derselben Zeit, wie in Deutschland. Während die Architektur bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts in der Gotik fusst, hatte sich die Plastik schon frühe der neuen Richtung fest angeschlossen. Soweit es sich um die Holzskulptur handelt, hält sich das sieben- bürgisch-sächsische Kunstleben durchaus an die grosse Gruppe der süddeutschen Kunst, in mehreren Fällen an die fränkische, speziell an die Nürnberger Schule. So begegnet also auch in dieser Periode die erhebende Tatsache, dass die Kolonie in Siebenbürgen auch in künstlerischer Beziehung von der alten Heimat nicht vergessen worden war. In der Zeit der Renaissance tritt in Siebenbürgen die Stein- skulptur hinter die Holzskulptur zurück. In demselben Masse, in dem die Bautätigkeit abnahm und die grösseren und kleineren Kirchen vollendet wurden, sank auch die Pflege der Steinplastik. Aus diesem Grunde wird sich die Aufzählung von Bildwerken dieser Zeit auf einige wenige Stücke zu beschränken haben. F3s 1 Bode, a. a. O., S. 1 1 1. — 40 — sind dies zunächst die Reliefs an der Birthälmer Kanzel^ und die Hermannstädter Pietä.^ Das letztgenannte Werk ist das ältere und zugleich eine der wenigen Skulpturen, deren Meister und Entstehungsjahr bekannt ist. Sie wird gegenwärtig in der Sammlung archäologischer Altertümer des Baron von Brukenthal- schen Museums aufbewahrt und ist eine Arbeit des Meisters Ulrich von Kronstadt, der sie im Jahre 1506 für die Ge- meinde in Hermannstadt schuf, als Paul Remsser Bürgermeister war. In der Stadtrechnmig für das Jahr 1506 heisst es: Dominus magister civium assignavit magistro Ulrico sculptori Brassoviensi ad rationem solutionis cujusdam imaginis mira arte sculpti deposi- tionis videlicet salvatoris et cetera jussu dominorum, ne de civitate transferetur üor. 12."^ Für die Geldwerte jener Zeit ist das Honorar nicht gering gewesen. Aber nicht die Angabe des bezahlten Preises ist uns in dem Posten der Rechnung das Wichtige, sondern die Be- urteilung des Werkes durch die Zeitgenossen. Wenn man auch den Ausdruck „von bewunderungswürdiger Kunst" mehr auf die Redseligkeit des Jahrhunderts und die lateinische Phraseologie zurückführen möchte, der Beschluss der „Herrn" Stadtväter, „dass das Werk niemals aus der Stadt geschafft werden dürfe", ist einerseits ein Zeugnis für die Freude über den Erwerb, an- drerseits für die Wertschätzung, die sie der Skulptur entgegen- brachten. Dieses „ne de civitate transferetur" ist unendlich wertvoll! Denn dass im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts die Holzplastik in Siebenbürgen zu wahrer Blütenentfaltung gelangen konnte, erklärt sich in ausschlaggebender Weise durch den geistigen Boden, den die Kunst damals vorfand. Im Bürgertum war das Wohlgefallen an der Kunst erwacht, die Altäre werden mit Statuen geschmückt, deren Gold und Farbenreichtunl die Hallen des Gottes- hauses durchfluten ! 1 s. Taf XIV, 1—3. 2 s. Taf. VII. 3 Quellen zur Geschichte Siebenbürgens aus sachsiscHen Archiven. Herausgegeben vom Ausschuss des Vereins für siebenbürgische Landes- kunde/Hermannstadt 1880. I. Band, i. Abteilung, S. 447. — Ludwig Reissenberger: Siebenblirgisch-deutsche Bildhauer, Goldschmiede und Siegelstecher. Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde, VHl. S. i33. — 41 — Meister Ulrichs Beweinung Christi, aus einem gelblichen Sand- stein gröberen Korns gemeisselt, ist leider arg beschädigt. Das hohe Kunstverständnis der Stadtväter vom Jahre 1506 haben die nachfolgenden Geschlechter nicht überkommen, sonst hätte man mit dieser Gruppe nicht so barbarisch umgehen können. Kopf und Unterschenkel des Heilandes fehlen, ebenso der linke Arm der Maria. Auch die Nase der trauernden Christusmutter ist abge- brochen. Und trotzdem ist es eine Arbeit, bei deren Anblick auch der moderne Beschauer in jenes „mira arte" einstimmen möchte. Obgleich der in überlieferten Formen gehaUenen Komposition originale Züge abgehen, denn weder in dem schmerzlichen Neigen des Hauptes, weder in dem Faltenwurf der Gewandung, noch in der technischen Ausführung tritt uns eine individuelle Kraft ent- gegen, so ist Meister Ulrichs Werk trotzdem von gewinnendem Liebreiz und anerkennenswerten Ouahtäten. Es ist nicht die Schöpfung eines gottbegnadeten Künstlers im Sinne der höchsten Leistung der Antike — wo fände sich in der Skulptur der deutschen Renaissance ein solches Bildwerk! — aber es liegt soviel Gewinnen- des in der ganzen Arbeit, dass man sich ihrer immer wieder mit Freuden erinnert und bei einem Gang durch die Brukenthalschen Sammlungen stets gerne zu ihr zurückkehrt. Der unendlich weh- mütige Blick der Maria, die ganze leiddurchbebte Gestalt sprechen um so deutlicher, je länger man die Gruppe betrachtet. Nichts wäre ungerechter, als in ihr hausbackene Nüchternheit zu finden. Wir pflichten Wenrich bei, wenn er von unserer Maria sagt : „In ihrem mehr rund, als länglich geformten, jugendlich schönen, fast kindhchen Gesichte drückt sich bei allem Schmerze die Ruhe inneren Friedens und seligen Gottvertrauens aus", können ihm aber nicht beistimmen, wenn er unangenehm berührt wird, „durch den Anblick des Leichnams . . . ., nicht so sehr wegen d^r Verstümmelungen, die derselbe bereits erlitten hat, als wegen jener allen Schönheitssinn beleidigenden, gerippartigen Darstellung des- selben, wie sie leider so oft von einer auf Irrwegen wandelnden Kunstrichtung eingehalten worden ist."^ Aus dem Christuskörper spricht nichts weiter, als der Rea- lismus jener Zeit. Es ist geradezu ein Vorzug unseres Werkes, 1 Wenrich, a. a. O., S. 52. — 42 — dass es durchaus realistisch aufgefasst worden ist. Bei der Dar- stellung einer Pietä vergisst ein Künstler dieser Richtung nicht, dass er nicht einen sanft schlafenden xMenschen, sondern einen unter furchtbaren Schmerzen Gestorbenen wiederzugeben hat. Daran hat sich selbst der Meister der berühmten Gruppe der Maria mit dem Leichnam Christi in der Jakobskirche zu Nürnberg gehalten, von Adam Krafts Grablegung und anderen Werken zu geschweigen. Mögen über die aesthetischen Werte unserer Pietä die Mein- ungen auch auseinandergehen, kunsthistorisch ist sie eines der wichtigsten Denkmäler, weil ihr Meister ausdrücklich als ein Kron- städter, als ein Siebenbürger Sachse bezeichnet wird. Aber ist es sächsische Kunst^ die hier ein sächsischer Künstler ausgeübt hat? Die Frage mag paradox erscheinen, sie kann aber nur mit „nein" beantwortet werden, und dazu erhebt sich jene andere Frage: Wo hat Ulrich von Kronstadt die Anregung zu seinem Werke erhalten, wo hat er sein Vorbild gesehen? Was die Form- gebung und Kompositionen betrifft, so spricht aus unserer Pietä so sehr die Vulgärspraclie der Kunst, dass man den Gedanken einer durchaus eigenen Schöpfung natürlich ablehnen muss, und gerade deshalb darf es als sicher gelten, dass Meister Ulrich Werke gleichen Gegenstandes gesehen und studiert hat, die ihm auf den Wanderfahrten seiner Gesellenzeit in Oesterreich oder Süddeutschland begegnet waren. Die Möglichkeit, an deren Wahrscheinlichkeit wir eben wegen des Wortes „brassoviensis", „aus Kronstadt", nicht glauben, dass Meister Ulrich aus irgend einem Winkel deutscher Erde zugewandert sei und sich in Kron- stadt als ein Glied der Maurerzunft sesshaft gemacht habe, wollen wir nur andeutend erwähnen; aber wie dem auch immer sei — auch dieses Werk dokumentiert an sich den fruchtbaren Nie- derschlag des grossen Stromes, der sich in tausend Verästelungen so weit hinaus ergoss. Dieser Strom ist die deutsche Kunst ge- wesen! — Schon oben haben wir bemerkt, wie in dieser Zeitperiode die Steinbildhauerei, abgesehen von der Grabsteinplastik, in nur geringem Masse Verwendung gefunden hat. So weit man Mass- werk für Fenster und Türstöcke bedurfte, fand wohl der Steinmetz an den Bauten, die in dieser Zeit ihrer Vollendung entgegengingen. — 43 — Beschäftigung, aber plastische Arbeilen aus Stein fielen, wenn wir von den Grabdeckplatten absehen, nur äusserst selten in den Bereich der gestellten Aufgaben. So verstehen wir auch, dass in diesem Zeitabschnitt neben der Pietä Ulrichs von Kronstadt, den Statuen an der Schässburger Bergkirche, und den beiden Oelberg- reliefs in Hermannstadt und Mühlbach nur noch eine Steinskulptur entstanden ist, die ihrem Werte nach den Anspruch auf Beachtung erheben kann : es ist die Kanzel in der evangelischen Kirche zu B i r t h ä 1 m.^ Wie die Birthälmer Kirche in ihren Renaissanceportalen, die dem durchaus in spätgotischen Formen aufgeführten Bau eingefügt wurden, dem Geist der neuen Kunst Eingang gewährte, ^ so haben sich an der Kanzel dieses Gotteshauses zwei Stilrichtungen die Hände gereicht.. Allerdings erscheint dabei die Spätgotik, die in dem einen Felde in Gestalt eines angeblendeten Doppelfensters auftritt, durch die an die Stäbe angefügten, naturalistischen Knoten- stückchen nur wie eine unverstandene Reminiszenz, beinahe möchten wir sagen : als Archaismus. In diesem unscheinbaren P'elde unserer Kanzel ist also jener „rücksichtslose Naturalismus" angedeutet, der „die letzte Zuflucht jeder sich völlig auslebenden Kunstperiode'^ bildet.^ Die weit ausladenden Gesimse der Brüstung, die Ver- zierungen der Pyramide, in die die Kanzel nach unten ausläuft, sowie der Pflanzenstab darüber sind Formen der Renaissance. Drei Rechtecksfelder dieser Kanzel sind mit Hochreliefs ge- schmückt. Den Inhalt des ersten Feldes bildet die Verkündigung des greisen Simeon an Maria im Anschluss an das Wort bei Lu- kas 2, 35: „Und es wird ein Schwert durch deine Seele dringen, auf dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden."^ Simeon kniet vor Maria, auf deren Brust ein §chwert in höchst naiver Weise als Illustration der Schriftstelle dient. Das zweite Feld zeigt den Kruzifixus mit Maria und Johannes dem Jünger in der einfachsten Kompositionsart dieses Themas,^ das dritte endlich ist 1 s. die Abbildung bei Roth: Baugeschichte. Tafel XI, 2. — s. Ta- fel XIV, 1-3. 2 Ebenda, S. 70 und Tafel XI, i. 3 Dohme: Geschichte der deutschen Baukunst. Berlin 1 885. S. 187. i s. Taf. XIV, I. 5 s. Taf. XIV, 2. - 44 — eine Darstellung des Oelberges, des betenden Heilandes mit drei schlafenden Jüngern.^ Entsprechend uralter Tradition, die an einer grossen Zahl von Bildwerken des gleichen Inhalts bemerkt wer- den kann, bildet auch hier der geflochtene Gartenzaun im Vorder- grunde das Mittel, die Vorstellung des Gartens Gethsemane her- vorzurufen. Der dekorative Wert der Kanzel als Gesamtwerk ist ein- wandsfrei. Trotz des abscheulichen Oelfarbenanstrichs ist sie ein schönes Schmuckstück der Kirche. Der gefällige konstruktive Aufbau, die Ausmasse der Verhältnisse beweisen den gesunden Sinn für eine woltuende Wirkung des Ganzen. Eine gleiche An- erkennung jedoch kann dem Kunstwert der Reliefs nicht gezollt werden. Trotz mancher einnehmender Einzelheiten, zu denen man die Behandlung des einfachen Faltenwurfs, den Kopf des Simeon und die anspruchslose Komposition rechnen darf, ist der Meister dieser Skulpturen kaum mehr gewesen, als ein biederer Steinmetz, dem bescheidene Veranlagung und irgendwo empfangene Vorbilder die Hand geführt haben. Von einem wirklichen Künst- lertum. darf hier nicht gesprochen werden. Wie roh sind doch, mit der einen genannten Ausnahme, die Köpfe, wie plump die Hände, wie ausdruckslos die Gesichter! Der Körper des Ge- kreuzigten ist verzeichnet, in seinen anatomischen Verhältnissen verfehlt — man beachte nur die gekrümmten Unterschenkel, den dicken Kopf, die schweren Handgelenke. Wenn wir nun den Birthälmer Steinbildwerken trotz der offenkundigen Mängel eine Bedeutung zuschreiben, so darf es nicht ohne die Erkenntnis geschehen, dass historischer Wert sich mit künstlerischer Güte nicht decken muss. Der kulturgeschichtliche Wert vereinigt sich in den Reliefs der Birthälmer Kanzel mit der kunstgeschichtlichen Bedeutung nur insoweit, als hier der Verfall eines Kunstzweiges zu Tage tritt, der im voraufgehenden Jahrhundert iu manchem Werke durchaus befriedigende Beweise seiner Le- bensfähigkeit gegeben hatte. Das Material der Kanzel ist ein harter Sandstein, ihre Entstehungszeit fällt wohl in die Jahre der Vollendung der Kirche selbst, also um 1524. — Man kann sich kaum grössere Unterschiede denken, als wenn 1 s. Taf. XIV, 3. — 45 — man die Pietä Meister Ulrichs, die Birthälmer Kanzelreliefs, und die Statuen am Chor der Bergkirche in Schässburg im Geiste nebeneinanderstellt. Wie verschieden müssen Talent und Schulung der einzelnen Bildhauer gewesen sein, dass ihre Werke» zeitlich nahe zusammengehörig, ihrem Werte nach so weit aus- einandergehen! Und erst welche Gegensätze zwischen den figu- ralen Darstellungen am Mühlbächer Chor und den Statuen der Schässburger Ber<^^kirche ! Dort standen die Künstler in den gesun- den, in sich geschlossenen Ueberlieferungen ihres Gewerbes, hier ist die Tradition verblasst. Dort liegen Geist und Hände im Bann einer strengen Schule, hier versucht ein beweglicher Kopf frei zu schaffen und inviduell zu gestalten. Dadurch aber, dass die Mühl- bächer Bildhauer nur das erreichen wollten, was sie im Bewusst- sein der Grenzen ihrer Kraft erreichen konnten, entstanden klar erwogene, von einem künstlerischen Einheitsgedanken getragene Schöpfungen, in Schässburg aber strebte der Meister über sein Vermögen hinaus, sehr zum Nachteile seiner Werke. Diese Heiligenstatuen sind auf Konsolen der Chorstrebepfeiler unter Baldachinen aufgestellt und aus einem gelblichen Sandstein verfertigt. Ursprünglich sechs an der Zahl haben sich bis in un- sere Tage nur vier erhalten. An dem ersten nach Süden zu gelegenen Pfeiler erblicken wir Maria in sitzender, sehr selbstbe- wusster Stellung. Mit ausgestreckten, nackten Armen hält sie das bekleidete Jesuskind, dessen Kopf abgebrochen ist, vor sich auf ihr linkes Knie gestellt. Der Gesichtsausdruck erstirbt in einem starren Lächeln. Das Haupt ist zum Teil unbedeckt und wird von manieriert gedrehten Locken umrahmt. Ist schon die Stellun54 ungewöhnlich, so ist es noch mehr die Bekleidung. Die Figur ist in ein grosses, nicht ungeschickt gefälteltes Tuch eingehüllt, das die Brust, ja selbst den Unterleib frei lässt — bei einer Marien - Statue gewiss ein seltsames Verfahren. . - / An dem zweiten Pfeiler kniet in betender Stellung ein Mann, der erkennen lässt, dass wir es auch hier, wie in Mühlbach, , mit einer Gruppe der drei Könige aus dem Morgenlande zu tun haben. Hohe Stirne, langer Bart, eine ruhige Miene, die einfache Gewan- dung — das sind äussere Merkmale dieser Gestalt. Die Hände und Unterarme sind abgebrochen und waren offenbar im Gebet gegen Maria erhoben, die dem Könige das Jesuskind entgegenhält. 46 - In der Gestalt des dritten Pfeilers erblickt man den zweiten König. Die Gewandung, die die Brust und die grösseren Partien der Ober- und Unterschenkel nicht verhüllt, ist auch hier von derselben Besonderheit, die uns schon an dem Marienbild auffiel. Der abgebrochene Gegenstand, der nur noch in Resten vorhanden ist, dürfte ein Gefäss gewesen sein. Der König des vierten Chorpfeilers ist in ähnlicher Weise, nur etwas mehr bekleidet, wie die neben ihm stehende Statue, Was man in der linken Hand und unter dem rechten Arm noch wahrnehmen kann, darf man vielleicht als Fragment eines Käst- chens betrachten. In hohem Masse frappierend ist es nun, dass dieser Heilige auf der Oberlippe einen kräftigen Schnurrbart trägt, sonst aber bartlos ist. Der Eindruck der Schässburger Anbetungsgruppe kann kein anderer sein, als den Erzeugnisse einer künstlerisch dekadenten Zeit hervorbringen. Gegen das Jahr 1525 entstanden, bezeichnen sie den Endpunkt einer langen Entwicklungsreihe. Während der Steinbildhauer von einem auch in Siebenbürgen nicht unwürdig gepflegten Gebiete allmählich auf das begrenzte Feld der Grab- plattenplastik gedrängt wurde, eroberte die Holzschnitzerei der Renaissance das verlassene Terrain. — An den Beginn der Holzskulptur dieser Periode, etwa in den Abschnitt von 1475 — 1490 verlegen wir die Madonna im Altar zu Schmiegen. Leider hat diese Statue, das schöne Werk eines tüchtigen Meisters unbekannten Namens, durch die Feuchtig- keit der Kirche empfindlichen Schaden gelitten, und wenn nicht bald Hilfe geschafft wird, so ist die völlige Vernichtung gewiss. Die Polychromierung ist zum Teil abgefallen und an einzelnen Stellen ist das Holz total vermodert. Aber trotz dieses traurigen Erhaltungszustandes sind an dieser Skulptur Vorzüge sympathischer Art vorhanden, die uns sie in die erste Reihe der Plastik in Siebenbürgen zu versetzen veranlassen. Die Gestalt der Maria ist von einer gut proportionierten Schlankheit, die Haltung gerade, das Kinn etwas gehoben — ein gewisser Stolz in Ausdruck und Stellung ist unverkennbar. Das Körperchen des nackten Jesus- kindes ist, wie es in jener Zeit beinahe zum stehenden Gebrauch geworden war, in seinen anatomischen Verhältnissen nicht ein- wandsfrei. Für diesen Mangel wird das Auge durch einen ein- — 47 — fachen, glatt fliessenden, äusserst gefälligen Faltenwurf des Ueber- kleides der Maria, dessen lange Enden über den linken Arm ge- schlagen sind, reichlich entschädigt. Auf dem Haupte trägt sowohl Maria als auch das Christuskind eine Krone, deren Fortbleiben dem Bilde keinen Schaden zugefügt hätte. Wenn man die aus Holz geschnitzten Marienstatuen, die bis zum Jahre 1525 in den siebenbürgisch-sächsischen Kirchen zur Aufstellung gelangten, miteinander vergleicht, so gelangt man zu dem Ergebnis, dass nicht zwei Figuren zu finden sind, die miteinander nach irgend einer Richtung hin in engerem Zusammen- hange stehen. Jede einzelne besitzt ihren klar umschriebenen Cha- rakter und ihre ausgesprochene Eigenart, und diese Tatsache findet wohl nur in der Annahme ihre Erklärung und Begründung, dass es eben in Siebenbürgen weder eine Lokalschule gegeben, noch dass ein einzelner Bildhauer sich längere Zeit hindurch im Lande aufgehalten hat. Die ganze Holzplastik muss als Resultat einer Kunstübung angesehen werden, die im Lande nur vorübergehend zu Gaste weilte, keineswegs aber hier heimisch gewesen ist. Wie gross sind die Wertunterschiede zwischen den Statuen im Bogesch- dorfer ^ und denen im Meeburgef-^ und Radler Altar ^, auf die noch die Rede kommen wird. Dort in den Gesichtern ein Scheitern des Könnens und hier volles ausgereiftes Künstlertum ! Und da- bei sind die Gemälde des Bogeschdorfer Altars nächst denen des Schmiegener Werkes das Beste, was im ersten Viertel des 16. Jahr- hunderts, ja, wir dürfen sagen, was seit der Vollendung des Rosenauerschen Wandgemäldes im Chor der evangelischen Stadt- pfarrkirche zu Hermannstadt (1445) gemalt worden ist. Derartige Gegensätze lassen sich einesteils nur aus dem werkstättischen Betriebe begreifen, der den einen Gesellen längere, den andern kürzere Zeit beschäftigte, andernteils aus den Wanderungen, aus dem Kommen und Gehen einzelner Meister. Leistungsfähigkeit und Begabung dieser wandernden Künstler bewegten sich natürlich in den mannigfaltigsten Abstufungen — dafür bieten ihre Werke den sichtbaren Beweis. Die Radler Johannes- 1 s. Taf. XIII, 2. 2 s. Taf. XI, 2. 3 s. Taf. XI, I u. 3. - 48 - Statuen oder die Mühlbächer Madonna ^ sind Meisterwerke von hohem Werte, die Kreuzigungsgruppe im Birthähiier Altar Schnitzereien eines weniger begabten, allerdinj^s nach gutem Vorbilde arbeitenden Bildhauers. Die Bogeschdorfer Heiligenfigurer bewahrheiten in der einwandsfreien Behandlung des Faltenwurfs einerseits und in den ausdruckslosen verzeichneten Gesichtern andererseits, dass ihr Verfertiger zwar eine tüchtige handwerkliche Ausbildung genossen hat, die aber nicht imstande gewesen ist, aus dem fleissigen Hand- werker einen frei über die Form und Beseelung seines Stoffes verfügenden Künstler zu machen. Und es ist ganz natürlich — auch an dem Himmel der Kunst ziehen nicht nur Sterne erster Grösse auf! Obgleich die Gemälde des Altars der heiligen Ursula in der evangelischen Kirche zu Meeburg aus dem Jahre 15 13 derselben Werkstätte entstammen, wie die Flügelbilder des Radler Johannes- altars, so kann die im Meeburger Altar befindliche Christus- statue^ dem Meister der beiden Johannesfiguren, die wir als Arbeiten des Veit Stoss ansehen, nicht zugeschrieben werden. Es ist schlechterdings unmöglich hier eine stilistische Gemeinschaft zu konstatieren. Gewiss ist dies Christusbildnis ein Werk von nicht geringem Wert, ja es muss als eine der glücklichsten Schöpfungen der Holzplastik in Siebenbürgen bezeichnet werden, aber es zeigen sich in der ganzen Auffassung, der Körperhaltung, der glatten Modellierung des Kopfes und der Hände scharf ausgeprägte künst- lerische Eigentümlichkeiten, die an den Statuen in Radeln nicht vorhanden sind. Jesus ist hier als Weltherrscher gedacht. Der rechte Fuss ist nach auswärts gekehrt, die Gestalt in den Hüften zierlich ge- beugt. Mit der rechten Hand weist der Heiland gen Himmel, mit der andern hält er die Weltkugel, das in den Nacken zurückgelegte Haupt mit dem wie in gläubiger Verzückung nach oben blickenden Antlitz neigt sich nach der rechten Seite. Das alles verrät die individuellste Darstellungsweise, eine ganz persönliche Auffassung. Auffallend ist auch der aus Holz geschnitzte, aus vergoldeten Strahlen bestehende Heiligenschein, der weder in dieser noch in 1 s. Taf. IX. 2 s. Taf. XI, 2. — 49 - einer anderen Ausführung an Holzstatuen in Siebenbürgen ein zweites Mal zu finden ist. Störend wirkt es, dass die Welt- kugel auf dem Handteller nur lose, gleichsam schwebend ange- bracht ist. Die Technik der Statue ist, m Sonderheit bei der Wiedergabe der wie durch einen Luftzug dem Körper ange- schmiegten Gewandteile, meisterhaft gehandhabt worden. Auch die Meeburger Statue verkörpert, um auf einen früheren Gedanken zurückzukommen, die Tatsache, dass zu einer Zeit, als in Siebenbürgen in der Architektur noch allgemein die Spät- gotik vorherrschte, die Renaissance auf dem Gebiete der Plastik und Malerei durch alle Tore einzudringen begann. Es weht also in den Skulpturen und Gemälden dieser Periode der Odem einer neuen Anschauungs- und Ideenwelt, in seltsamem Gegensatze zu der Umgebung, in der sie uns entgegentreten. In Bezug auf den Altarbau ergeben sich aber dadurch interes- sante Ausblicke. Ohne Frage sind die Gemälde auf jener Gruppe von Altären, zu der die Altäre in Meeburg, Radeln, Schweischer, Reussdorf, Schässburg, Bogeschdorf, Birthälm, Schaas, Gross-Schenk, Nimesch und Mühlbach gehören, nach den Kostümen, den Formen etwaiger architektonischer Darstellungen und Schmuckgegenstände ebenso, wie die figuralen Schnitzereien Werke der Renaissance. Das Rankenwerk und die Abschlusstücke des Mittelschreines sind zum Teil reine Spätgotik, wie in Meeburg, oder sie teilen sich mit Renais- sancestilformen in den ihnen zugewiesenen Raum, wie in Schaas. Während der Mühlbächer Altar bis auf das gotische Gewölbe der Predella schon ganz im Sinne der deutschen Renaissance gehalten ist, wird in Bogeschdorf und Birthälm von der Fröhlichkeit spät- gotischer Motive ausschliesslicher Gebrauch gemacht. Die Kon- struktionsidee des spätgotischen Altars mit zwei beweglichen und zwei unbeweglichen Flügeln neben einem Mittelstück ist um diese Zeit, mit Ausnahme am Altar der heiligen Sippe zu Schaas,^ allenthalben zur Aufnahme gelangt. Der Besitzstand an Holzskulpturen dieser Periode ist nicht gross, um so mehr ist es zu bedauern, dass von den sicher be- 1 Vgl. V. Roth : Der Altar der heiligen Sippe zu Schaas. Korre- spondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde XXIX. S. I ff. ROTH. 4 — 50 — zeugten Statuen jener Zeit auch noch einige verloren gegangen sind. So beweisen die unvergoldet gebliei)enen Stellen in den Altären zu Schweischer, Reussdorf und Meeburg, dass sich einst auf diesen Altären Statuen befunden haben. Von dem Altar des letzt- genannten Ortes sind nicht weniger als sieben Statuettchen abhanden gekommen. In Gross-Schenk hat den „uralten Altar nach väter- licher Weise mit drei Türmen (Fialen) ausgeführt" Graf Sigismund Kornis.. damals Gubernator von Siebenbürgen im Jahre 1722 ge- plündert, indem er aus der „Mitte" „ein schönes hölzernes Marien- bild in langer Manns Grösse, das Kind Jesus auf dem rechten Arm haltend, welches einen Reichsapfel auch in der rechten Hand mit einem silbernen Kreutzlein hielt", in unverfrorener Weise von der Gemeinde erpresste.* Es ist derselbe Mann ge- wesen, der 1731 auch die Mühlbächer zwang, ihm ihr altes „wundertätiges" Marienbild, auszufolgen.^ Auch aus dem Altar- schrein in Nimesch sind drei Statuen abhanden gekonuuen. Schon oben ist erwähnt worden, dass Siebenbürgen nur in beschränktem Masse das Wanderziel deutscher Bildschnitzer ge- wesen ist, ebenso wurde behauptet, dass Maler, Bildschnitzer und Konstrukteure der Renaissancealtäre, wie wir sie trotz spätgotischer Bestandteile nennen müssen, bestimmt nicht Siebenbürger Sachsen gewesen sind, denn die von allem Provinzialismus freien, künst- lerisch im allgemeinen hochstehenden Eigenschaften ihrer Werke kann man nur begreifen, wenn man zugibt, dass sie von Händen geschaffen worden sind, die in fortwährender und nicht nur in ge- legentlicher Uebung tätig waren und die ihre Ausbildung an den Stätten eines ausgedehnteren und blühenderen Kunstlebens gefunden hatten. Damit scheint nun im Widerspruch zu stehen, wenn die Tätig- keit von heimischen „Bildschnitzermeistern" urkundlich bezeugt wird. Am 13. Januar 1523 bestätigte der Kronstädter Rat der Tischler-, Maler-, Glaser- und Bildschnitzermeisterzunft einige Zu- sätze zu ihren Artikeln, die sie aus Hermannstadt herübergebracht 1 Vgl. V. Roth: Der Thomasaltar in der evanj^elischen Kirche zu Gross-Schenk. Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde XXVII. S. i3o ff'. « Vgl. V. Roth: Das Mühlbacher Altarwerk. Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde XXXIL S. 53 ff. — 51 — hatten.^ Für das Jahr i[jOS ist in Bistritz Meister Anton und für 1527 Meister Gabriel als Maler und Schnitzer bezeugt und für Kronstadt in späterer Zeit (1531 — 1601) der Bildschnitzer Erasmus. Johannes Reychnuit hat sich selbst an einer seiner Arbeiten, dem Bogeschdorfer Chorgestühl vom Jahre 1533 genannt.^ Aber waren diese Bildschnitzer wirklich Bildhauer im höheren Sinn ? Welche Arbeiten könnte man ihnen zuweisen? Es ist nicht anzunehmen, dass irgend eine der bedeutenderen Holzskulpturen von ihnen ge- schaffen worden ist. Die als „Bildschnitzer" genannten Männer sind nicht Künstler im höheren Sinne des Bildhauers gewesen, sondern Tischler, die ihre Arbeiten, Bänke, Truhen, Tische, Schränke, Kirchengestühle, mit Intarsien, ausgegründeter Flachorna- mentik, hin und wieder auch mit erhabenem Schnitzwerk ver- zierten. Meister Antonius hat nicht nur das Chorgestühl auf der Südseite im Chor der Bistritzer Kirche, ^ sondern auch in den Jahren 1525 und 1526 die Tischlerarbeiten für das neue Rathaus derselben Stadt geliefert. Erasmus von Kronstadt gilt als Meister des Ratsherrngestühls in der Hauptkirche seiner Heimatstadt und der Chorsitze in der Stadtpfarrkirche zu Hermannstadt/ — Ausser der Meeburger Christusstatue gibt es in Siebenbürgen nur noch drei Holzskulpturen, deren Entstehungszeit inschriftlich beglaubigt ist. Es sind dies die Statuen der hlg. Katharina, der Maria mit dem Jesusknaben und der hlg. Magdalena im Mittelschrein des Bogeschdorfer Altars.^ Die Jahreszahl, die sich an der Sockelleiste der Altarnische befindet, liest man gegenwärtig als 1578, doch kann es keinem Zweifel unterliegen, dass diese Zahl erst durch die vor einigen Jahren vorgenommene Restaurierung in diese Form gebracht worden ist. Die beschädigte oder unleserliche Jahreszahl kann nur 1518 gelautet haben. Abgesehen davon, dass Pfarrer Johann Fabini in dem Bericht, den 1873 über Veranlassung des Landes- ^ Vgl. Fr. Wilhelm Seraphin : Verzeichnis der Kronstrdter Zunft- urkunden. Kronstadt ib86. S. 41 f. 2 Vgl. Wennch, a. a. O., S. 55 ff. 3 «Hoc opus fecit fieri dominus Georgias magister hospitalensis a. d. i5o8 per magistrum Anthonis (sie!) mensatorem», lautet die In- schrift. Ebenda, S. 55. 4 Ebenda, S. 57. 5 s. Talel XIII, 2. — 52 — konsistoriums jeder Pfarrer über die kirchlichen Altertümer seiner Gemeinde einzusenden hatte, an dem Bogeschdorfer Altar ausdrück- lich die Jahreszahl 1518 erwähnt,^ muss diese Zahl deshalb als die richtige angesehen werden, weil die Bogeschdorfer Gemeinde im Jahre 1578 schon einige Jahrzehnte evangelisch war und keine Veranlassung zur Aufstellung eines Altars mit kathohschen Hei- ligenstatuen vorlag.^ Ausserdem steht es fest, dass der Altar in Bogeschdorf mit den Altären zu Schaas und Birthälm aus stilisti- schen und konstruktiven Gründen, sowie aus der Uebereinstimmung gewisser Details einer Werkstätte entstammen muss. Die Altäre in Schaas und Birthälm aber können nur im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts entstanden sein.^ Wenn man mit Recht die Tafelgemälde des Bogeschdorfer Altars zu den besten malerischen Leistungen in Siebenbürgen rechnen muss, so wird die geringe künstlerische Qualität seines plastischen Schmucks um so mehr auffallend erscheinen. Der Gegensatz ist offenkundig! Die reiche Ausstattung dieses Altars mit Gemälden, deren oberer Teil schwer vergoldet ist, die kostbare Schnitzerei der Bekrönung, die verschwenderische Vergoldung der Mäntel der drei hig. Jungfrauen deuten auf die Absicht einer schon äusserlich effektvollen Arbeit hin. Aber gerade deshalb treten neben den unbestreitbaren Vorzügen dieses, auch in seinen Pro- portionen prächtigen Altarwerkes die Mängel der drei Figuren um so schärfer hervor. Liegt da die Vermutung nicht nahe, es habe dem Meister der Werkstätte an einem tüchtigen Bildhauer gefehlt?! Zwar zeigt die sichtbar sorgfältige Ausführung der Gewänder mit ihrem reich, vielleicht allzu reich bewegten, gebrochenen und 1 Manuskript in der Baron Brukenthalschen Bibliothek zu Her- mannstadt. 2 Schon i547 hatte Honterus in seiner «Kirchenordnung aller Deutschen in Sybenbürgen» im Punkt 7 des XV. Abschnittes gesagt: «Was aber sunst ongefer zufallen wirdt, vnd in diesem schreiben nit ist begriffen, sollen gelerte vnd gottsförchtig Visitierer, wie in befolen ist, trewlich und fleissig aussrichten, und nachdem das volck am ersten gnügsam davon Unterricht ist, sorg tragen, das sie mit fug vnd friden alle vnchristlich ergernis hieweg thun, als da sein, wüste vnd vnnütze Capellen, vhrig altar in den piarrkirchen, geschnitzt vnd gemalte fabeln, Ciborien mit den monstrantzen, vnd dergleichen andern getichten Dingen. ^ G. D.Teutsch: Urkundenbuch der evangelischen Landeskirche in Sieben- bürgen. Hermannstadt 1862. I. S. 66. 3 Vgl. V. Roth: Der Altar der hlg. Sippe zu Schaas, S. 2 f. — 53 — geknitterten Faltenwurf, die genossene handwerkliche Schulung, mit gutem Willen kann man vielleicht auch aus dem Antlitz der Maria einen Zug schmerzlicher Milde herauslesen, aber die Köpfe der Katharina und Magdalena sind — Karikaturen ! Wo ist der Gedanke, den sie verkörpern, wo die künstlerische Illusion, die sie hervorrufen sollen! Wie ungeschickt ist der Hals gearbeitet, wie misslungen der Uebergang zu den unteren Partieen des Kopfes! Nimmt man dazu noch den leeren, ja lächerlichen Gesichtsausdruck dieser beiden Heiligen, die höchst einfältige Haltung des linken Armes der Magdalena, ihren phantastischen, weder malerischen noch sonstwie begründeten Kopfschmuck, so wird man nicht den Vorwurf erheben können, dass eine absprechende Kritik dieser Werke auf einer Verkennung ihres Wertes beruhe. Ihr Schöpfer war kein Künstler und kein Genie! Seine Katharina Hess er die Stellung einer beleidigten Prinzessin höheren Alters einnehmen und die hlg. Magdalena macht mit ihren dicken Backen, dem fleischigen Hals, dem hervorquellenden Busen und mit der über dem Leib herabhängenden Hand den Eindruck eines auf materielle Genüsse bedachten Weibes. Gewiss lag es nicht in dem Willen des Bildschnitzers, die vielleicht zu krass geschilderte Wirkung hervorzubringen, aber gerade der unbeabsichtige Effekt ist ein Beweis für das künstlerische Unvermögen. Zu den gerügten Mängeln der hlg. Katharina an unserem Altar gesellt sich ferner, abgesehen von der koketten Art, wie sie mit den Fingerspitzen der linken Hand den Mantel hält, das starke Hervor- treten des rechten Beines, denn es ist unmöglich, dass durch ein Untergewand und einen als schweres Kleidungsstück gedachten und behandelten Mantel die Linie eines Körperteiles so deutlich zu er- kennen wäre, wie das hier der Fall ist. Weniger störend wirkt dasselbe Motiv an der Figur der Maria. Die heilige Magdalena steht auf einem Untier, wohl zum Zeichen der überwundenen Sünde, und trotzdem ist sie, bei sonst gleichen Proportionen kleiner als die beiden anderen Figuren. Das mag nun nicht so sehr ins Gewicht fallen, aber für ein Glied in der Reihe dieser Altarstatuen hätte sich eine andere Lösung des symbolischen Hin- weises empfohlen. Am gelungensten ist die Maria. Störend ist zwar der lange Hals und die ungeschickte Ueberleitung des Gesichtes nach dem Hinterhaupte, aber die ungezvvungene Haltung und das nicht 54 — ohne Geschick modellierte Christuskörperchen, die Anspruchslosig- keit der ganzen Erscheinung — das sind wohltuende Momente, und man ist geneigt dem Meister dieses Altars ihrer wegen manches zugute zu halten, was sich einer sachlichen Betrachtung als Aus- fluss mangelnder Begabung zu erkennen gibt. — Ungefähr derselben Zeit gehört die Kreuzigungs- gruppe im Birthälmer Altar^an, ein Werk von eigentümlicher Auffassung und historisch wichtiger Bedeutung. Am Kreuze hängt der Heiland, dessen Stamm von der knieenden, inbrünstig zum sterbenden Christus emporblickenden Salome um- klammert wird. Maria steht tränenden Auges auf der rechten Seite des Kreuzes in einen schweren, über den Kopf gezogenen Mantel gehüllt und hält in der linken Hand ein Tränentüchlein. Auf der linken Seite steht Johannes mit schmerzlich bewegtem Antlitz, das Haupt von dichten Locken umrahmt. Die Gewand- ungen sind mit grossem Geschick in kunstvolle Falten gelegt, wo- bei die Absicht obgewaltet hat, zu Gunsten weichfliessender Linien das Brüchige zu vermeiden. Der Christuskopf, in seinem Habitus vom traditionellen Typus abweichend, ist, obwohl er keineswegs an die Kraft der Stossischen Werke dieses Vorwurfs heranreicht, nicht ohne inneres Leben, die Dornenkrone für diese Zeit un- gewöhnlich regelmässig gewunden. Ueberraschend muss es sein, dass der Christuskörper um ein gutes Stück grösser gehalten ist, als die Personen zu Füssen des Kreuzes und diese Erscheinung der körperlichen Disharmonie in der Gruppe mutet den Beschauer befrem- dend an. Lässt man aber das Werk als Ganzes auf sich einwirken, so vereinigen sich die ansprechenden Einzelheiten und man erkennt in der Arbeit einen tüchtigen Meister von bester Schule. Die Gruppe ist vorzüglich erhalten, nur der Johannesstatue fehlen die Hände. Wo aber ist die Schule des Birthälmer Meisters zu suchen? Wenn man den Kruzifixus im Birthälmer Altar mit der Statue des Gekreuzigten im Triptychon der Czartoryski-Kapelle auf dem Wawel, der Anhöhe mit dem Königsschloss und der Kathedrale in Krakau, vergleicht, ^ so ergibt sich eine geradezu überraschende 1 s. Tafel XIII, i. 2 Vgl. die Abbildung bei Berthold Daun: Veit Stcss, Bielefeld und Leipzig 1906, S. 85 und bei desselben Verfassers: Veit Stoss und seine Schule in Deutschland, Polen und Ungarn. Leipzig igoS. S. i38. — 55 - Uebereinstimmung einzelner Teile. Die Behandlung der Armmus- kulatur mit der hervorquellenden Partie am Schulteransatz, die durch den Zug der Körperlast auf das Aeiisserste angespannten Sehnen, der eingezogene Bauch, die anatomisch unrichtig wiedergegebenen Rippen, die mageren Beine und die grossen Füsse finden wir an beiden Kruzifixen in so deutlicher und eindringlicher Gleichheit, dass wir einen direkten Zusammenhang beider Werke anzunehmen ge- zwungen werden. Ohne Zweifel ist der Altar in der Krakauer Czartoryski-Kapelle in der Schule des Veit Stoss, nach der An- sicht Dauns und Woermanns als ein Werk des Stanislaus Stoss entstanden und zwar als Stiftung der Königinmutter Elisabeth, der Gemahlin des verstorbenen Königs Kasimir, zwischen den Jahren 1502 und 1503.* Wir werden in der nachfolgenden Darstellung des Mühlbächer Altars Gelegenheit haben, auf die Beziehungen hinzuweisen, die sich zwischen Krakau und der dort blühenden Tätigkeit des Veit Stoss und seiner Schüler und zwischen Siebenbürgen als geschicht- liche Tatsache verfolgen lassen, schon jetzt aber wagen wir es mit aller Bestimmtheit auszusprechen, dass in der Kreuzigungs- gruppe des Birthälmer Altars ein sichtbarer Beweis jener Be- ziehungen zu erblicken ist. Ob aber die Berechtigung vorhanden ist, Stanislaus Stoss, vorausgesetzt, dass er den Krakauer Altar in der Czartoryski-Kapelle wirklich selbst geschaffen hat, auch als den Meister der Birthälmer Holzschnitzereien zu betrachten, darf man nicht so sehr mit Rücksicht auf die verschiedene Körper- grösse des Gekreuzigten und der Personen unter dem Kreuz, ein Missverhältnis, das sich gerade auch auf dem Krakauer Triptychon vorfindet, ablehnen, als vielmehr in der Hinsicht auf die Ver- schiedenheit des Gesichtsausdruckes und der Modellierung der Köpfe auf beiden Altären. Vielleicht kommt man der Wahr- heit am nächsten, wenn man anninmit, dass ein Künstler der Veit Stoss'schen Schule in direkter, beinahe als frei aufgefasste Kopie zu bezeichnender Anlehnung an den Gekreuzigten in der Krakauer Kapelle den Birthäliner Kruzifixus geschaffen, in den 1 V,^l. Daun : Veit Stoss, Bielefeld und Leipzig, S. 85 f. — Woer- mann: Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker. Leipzig und Wien 1905. Bd. II. S. 307. - 56 - Nebenfiguren der Kreuzigung aber eigene, allerdings durch Schule und Tradition geleitete Erfindung zum Ausdruck gebracht hat. Ist der Kern dieser Behauptung richtig, so wird die Birthälmer Kreuzigungsgruppe nicht lange nach dem Jahre 1503 entstanden sein und wenn sie in das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts verlegt wird, so ist sie, von der Schmiegener Madonna abgesehen, samt dem Altare das älteste Werk der bisher geschilderten Re- naissancealtäre. — Damit ist denn die Abhandlung über die Geschichte der deutschen Plastik in Siebenbürgen bis zu jenem Werke gediehen, das den Kulminationspunkt der Kunst deutscher Holzschnitzerei nicht nur innerhalb der sächsischen Siedlung im Karpathenlande, sondern in ganz Ungarn bildet. Dieses Werk ist der grosse Altar in der evangelischen Stadtpfarrkirche zu Mühlbach — die Freude seiner Besitzer, das Entzücken der Kennerl' Mit ihm ist die Höhe erstiegen, die der deutschen Kunst im Osten des christlichen Europa zu erklimmen beschieden war! Er ist „das bedeutendste Wahrzeichen deutschen Kunstlebens in unserer Hei- mat." ^ Es ist kein Wunder, dass wir über diesen Altar ein so glänzendes Urteil fällen, denn in ihm hat einer der hervor- ragendsten Meister des späten Mittelalters Zeugnis seiner ge- waltigen Gestaltungskraft abgelegt. Dieser Mann war Veit Stoss ! Von Daun als Vollender der spätgotischen Holzschnitzerei ge- priesen,^ von Bode der zweiten Blütezeit der deutschen Plastik, der Renaissance, zugeteilt,"^ wird der grosse Nürnberger, selbst wenn man seinen Ruf als den des „grössten und empfindungs- vollsten Bildschnitzers Deutschlands" ^ auf das richtige Mass zurück- führt, stets zu den genialsten Künstlern gezählt werden müssen, denn „in dem Buche, in dem vom Ruhm deutscher Kunst geschrieben steht, nimmt sein Name eine unüberschlagbare Seite ein."^ Das Mühlbächer Altarwerk ist ein Triptychon mit zwei be- 1 Vgl. V. Roth: Das Mühlbächer Altarwerk. Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. XXXII. S. 40 ff. — s. Tafel IX und und X, 1 — 4. 2 Ebenda, a. a. O., S. 86. Daun, Veit Stoss, Bielefeld und Leipzig. S. 3. ^ Bode, a..a. O., S. 1 19 ff. ^ Ebenda, S. 1 2 1 . 6 Daun, a. a. O., S. 92. ... - 57 — vveglichen und z.vvei unbeweglichen Flügeln, dazwischen der grosse Altarschrein. Zierwerk und Umrahmung, die Voluten neben der Predella, der ganze Stil ist Renaissance und aus diesem Grunde muss die Inschrift in dem Altarschrein: „Altare hoc exstructum est anno 1418" falsch sein. Darauf weist auch das in der linken Ecke neben der Altarstaffel angebrachte Wappen hin, das entweder dem König Wladislaus II. (1490 — 15 16) oder dessen Sohn Lud- wig II. (1516 — 1526) zugehört^, und demnach muss unser Altar zwischen den Jahren 1490 und 1526 errichtet worden sein. Da wir nun aber, wie weiter auszuführen sein wird, die Meinung vertreten, dass das Altarwerk während des Aufenthaltes des Veit Stoss in Krakau (1477 — U9ö) entstanden ist, so ergibt sich als genauere Datierung der Zeitraum zwischen den Jahren 1490 und 1496. Der plastische Schmuck des Mühlbächer Altarwerkes besteht in den vier Reliefs der Flügel mit Darstellungen der Verkündi- gung Mariae, der Anbetung der drei Könige, der Heimsuchung, der Beschneidung und dem Mittelstück; dieses zeigt in Rundbildern die Madonna als Hauptbestandteil des Stammbaumes Christi, der aus der Brust des schlafenden Isai hervorwächst und auf seinen Zweigen die Brustbilder der zwölf Könige aus dem Hause Davids trägt. Vier Engel umschweben die Maria. Die Bekrönung läuft in einen Kruzifixus aus. Die aesthetische Würdigung dieser Skulpturen wird erleichtert werden, wenn wir schon hier den Nachweis führen, dass dieselben der Werkstätte des Veit Stoss entstammen. Schon Lübke hat als Beweis für die weite Verbreitung der Veit Stoss'schen Ar- beiten darauf aufmerksam gemacht, dass nach dem Tode des Meisters „die Testamentsexekutoren eigene Boten nach Polen, Böhmen, Ungarn und Siebenbürgen schickten, entweder um For- derungen einzutreiben oder nach seinen Waren zu sehen." ^ Stoss hatte mit seinen Erzeugnissen förmlichen Handel getrieben,^ nicht 1 Vgl. A. Amiacher: Das Mühlbächer Altarwerk. Korrespondenz- blatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde XXVII. S. 36. 2 Vgl. W. Lübke : Geschichte der Plastik von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig i88o. Bd. II. S. yoS, und J. Baader: in den Beiträgen zur Kunstgeschichte Nürnbergs Ii. S. 44 ff. Dazu_ wäre noch in Betracht zu ziehen I. S. 14 ff. 3 Daun, a. a. O., S. 18. - 58 - anders als es Dürer getan, können da seine Werke nicht bis nach Siebenbürgen gelangt sein?! Wenn man nun den rein äusserlichen Grund, dass von allen Holzschnitzereien Siebenbürgens, von denen einige Stossische Einflüsse verraten, nur die Skulp- turen im Mühlbächer und Radler Altar der Werkstätte des Veit Stoss zugeschrieben werden können, nicht als zwingend ansehen darf, so kann es nur der Stilkritik und der Vergleichung vorbe- halten sein, in dieser wichtigen Frage das entscheidende Wort zu sprechen, zumal, da sowohl das Meisterzeichen Stoss, als auch sonst irgend ein urkundlicher oder inschriftlicher, auf unsern Altar Bezug nehmender Beleg nicht vorhanden ist. Unserer Behauptung, dass das Altarwerk in Mühlbach unmittel- bar auf Veit Stoss zurückzuführen sei, könnte nun die Entgegnung vorgehalten werden, dass es sich bei der unleugbaren Sti Verwandt- schaft nur um einen indirekten Einfluss des Meisters handele, in den Mühlbächer Skulpturen demnach nichts weiter vorläge, als Früchte seiner Schule, zumal es ja feststünde, dass „auch ausserhalb der Werkstatt stehende .... nach seinem Vorbild gearbeitet" ^ haben. In Krakau hatte sich doch von deutschen Vorbildern ge- tragen eine eigene, die deutsch-polnische Krakauer Schule ausge- bildet. „Polens Könige hatten ihre Residenzstadt Krakau zu der Stätte gemacht, die den Kunstbedarf der Umgegend deckte. Ausser- dem wurden in Krakau, wo die Zunftregel es zuliess, dass viele Gesellen in einer Werkstatt arbeiteten, Schnitzer ausgebildet, die den Einfluss der Krakauer Schule in die Nachbarländer trugen. Als bedeutendste bildete natürlich die Stossschule den Mittelpunkt, und bis in die kleinsten Ortschaften Polens, ja bis nach Ungarn drangen ihre heute noch erkennbaren Züge. Die politischen Be- ziehungen beider Länder kamen dem zugute. Als Kaiser Sigis- mund die sechzehn Zipser Städte an König Wladislaus Jagello von Polen verpfändet hatte und die Grafschaft im Besitze Polens blieb, konnte sich um so rascher bei den dort angesiedelten Deutschen polnische Sitte verbreiten. Noch inniger wurden die Beziehungen beider Nachbarländer, nachdem Wladislaus III. von Polen im Jahre 1440 auf den ungarischen Thron berufen war und noch ein an- derer polnischer Prinz aus dem Hause der Jagelionen, Wladis- 1 Daun, a. a. O., S. 29. — 59 — laus II. von Böhmen, die Krone Ungarns empfangen hatte. Recht lebhaft gestaltete sich der Verkehr Ungarns über die Städte Leut- schau und Kesmark her, und besonders durch das Komitat der Zips bekam die Stossschule ihre Bedeutung. Dorthin lieferten Veit Stoss und sein Sohn Stanislaus Altarwerke. Daneben entstanden unter sich auffallend verwandte Werke einheimischer Meister, die unter dem Einfluss der Stossschule weiter arbeiteten. Trotz der verwüstenden Einfälle der Türken ist eine Anzahl dieser im pol- nischen Stilsinne entstandener Werke erhalten geblieben."^ „Auch nach Schlesien und Siebenbürgen, das seit König Stefan 1. vonUngarn mit diesem Reiche vereinigt war und wo sich viele Deut- sche angesiedelt hatten, reiften um die Wende des 15. und 16. Jahr- hunderts polnische Einflüsse. Wie die reichen Polensöhne, so kam auch die vornehme Jugend von Siebenbürgen nach Krakau, um die Universität zu beziehen. Schnitzer und Goldschmiedgesellen wan- derten aus Schlesien und Siebenbürgen nach Krakau, wo der Baum des weitverzweigten Kunstlebens wurzelte, und von einem bestän- digen Hin- und Herwandern geben uns die Bürgerlisten Kunde. Aus Harro '■^ in Siebenbürgen war Veit Stoss' Bruder Matthias, der „Schwab" genannt wurde und Goldschmied war, nach Krakau ge- kommen. Nach Siebenbürgen schickte auch Veit drei seiner aus erster Ehe mit Barbara entsprossenen Söhne. Martin wurde Bürger zu Medias, ^ Johann, der das Malerhandwerk erlernt hatte, siedelte sich in Schässburg an, ein dritter Sohn Hans wird als Bürger zu Bergsass"^ genannt. Veits Sohn Florian hatte sich als Gold- schmied nach Görlitz gewandt, von wo er nach Aussig an der Elbe zog, und von einem andern Gliede der weitverzweigten Stossfamilie, von Veit Stoss dem Jüngern, gibt ein Grabdenkmal von 1569 aussen an der Pfarrkirche zu Frankenstein in Schlesien Kunde. So verbreitete sich auch in diesen Ländern die allerwärts Wurzeln schlagende Stossschule." „Johann" und „Hans" Stoss sind nicht ein und dieselbe Person, denn Hans Stoss war in Beregszäsz ansässig und wird daselbst 1 Daun, a. a. O., S. 32 f. -** Harro liegt bei Deva in der Hunyader Gespanschaft. 3 Soll heissen «Mediasch». * Soll heissen «Beregszäsz». s Daun, a. a. O., S. 36. — 60 — 1535 als Bürger erwähnt. Johann starb 1530 in Schässburg^ und seine Witwe heiratete den Gehilfen ihres Mannes, namens Christian. So erhielten die verwaisten Kinder: Franz, Emerich und Georg einen neuen Vater. Von Martin Stoss wissen wir nichts weiter, als dass er den Tod des Vaters überlebte^ und 1535 das Nürn- berger Bürgerrecht aufgab.^ Diese Tatsachen, die durch Urkun- den des Nürnberger Stadtarchivs verbürgt sind, müssen uns als weitere Zeugnisse für die engen Beziehungen des Veit Stoss zu den Deutschen in Siebenbürgen gelten/ Ja, Daun geht sogar so weit, dass er „in dem Orte Harro", woher Matthias Stoss, Veits Bruder, 1482 nach Krakau gewandert war, „den Familiensitz der Stoss, die deutschen Ursprungs waren und von denen einige nach Nürnberg und Krakau zogen" sehen möchte, jedenfalls eine besonders den Deutschen in Siebenbürgen ansprechende, aber kaum haltbare Hypothese, da in diesem Orte niemals Deut- sche gelebt haben. War Johann Stoss Maler, so hat er sicherlich auch in Sieben- bürgen als Maler gewirkt. In der Zeit seines Aufenthaltes im Lande entstanden eine Reihe von Altären, deren Gemälde nach Stil, Technik, Kompositionsart, vor allem im Kostüm der Figuren, sich in auffallendster Uebereinstimmung befinden. Was dabei ganz besonders in Betracht kommt, ist der Umstand, dass nicht nur in vielen Gesichtern der ausgesprochene slavische Typus, sondern an einer ganzen Reihe von Gestalten die polnische Tracht wieder- kehrt. Ist man da nicht in Versuchung Johann Stoss als Meister dieser Altäre, zu denen wir die Altäre in Meeburg, Radeln, Schwei- scher, Schässburg und Reussdorf in erster Linie zählen möchten, zu schätzen, wenigstens so weit es sich um die Tafelbilder handelt? Unsere Phantasie malt es sich gerne aus, wie das Ingenium des Vaters, in geschäftlicher Beziehung ebenso hervorragend wie in 1 Vgl. O.A. Schuller: Bemerkungen zu dem Aufsatz tDer Nürn- berger Bildschnitzer Veit Stoss in Kronstadt». Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürg. Landeskunde XXIX. S. 114. 2 Vgl. Eitelberger: Quellenschriften für Kunstgeschichte X, io3, und Fr. Müller im Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürg. Lan- deskunde 1878, S. 79 f. 3 Vgl. Daun, a. a. O., S. 24. 4 Die Belege sind verzeichnet bei Daun: Veit Stoss und seine Schule etc., S. i23 f. ö Daun, Veit Stoss, Bielefeld und Leipzig, 1906 S. 10. — 6i — künstlerischer, in seinen Söhnen die Verbreitung seiner Schule sichert und sie in die Welt schickt. Ausserordentlich wichtig ist es nun, dass Veit Stoss im Jahre 1523 als Mitglied der Kronstädter vereinigten Tischler-, Glaser-, Maler- und Bildschnitzerzunft bezeugt ist.^ Die von dieser Tatsache berichtende Originalpergamenturkunde, die Professor Seraphin noch 1886 gesehen hat, ist gegenwärtig verschwunden. Doch hat sich eine Abschrift erhalten, die der Tischlermeister Johannes Lutsch 1770 „als eine Kopie aus der alten Pergamentschrift aus dem uhralten Artikel" angefertigt hat. In dieser Urkunde heisst es: „Wir Hans Benckner der zweite, Richter, Clemens Jacob,- Honn, Hans Balwes .... (hier folgen die Namen der Ratsherrn und Geschworenen) tun mit diesem unserm Brief zu Urkund allen,, die ihn sehen oder lesen werden hören, dass für uns in unserm sitzenden Rat kommen sind die Ehrsame V^orsichtige Meister als: Magister Nicolaus unser Stadtschreiber, Meister Domin(ic)us Moler, Meister Wolffgang unser Organist und Glaser, Meister Greger Moler, Meister Lucas und Meister Bartholomaeus Tischler, Meister Veit Stoss Bild schnitzler und alle andere Meister Moler, Tischler, Bildschnitzler und Glaser, alle hier zu Cron, haben vor uns bracht die Artikul, auf Pergamen geschrieben, ihn aus der Hermannstadt von den Ehrsamen Zunft-Meisteren und allen andern Meistern der obgemeldten Handwerk geschickt, welche wir vor uns haben lassen lesen , . • • und mit vernunftigen anlangenden Bitt gebeten, dieselbige zur Aufnehmung ihrer Zunft und Lob und Ehr dem Allmächtigen Gott, seiner gebenedeiter Mutter Maria und Zierung des Altars ihres Catelers (!) und Evangelisten Sanct Lucus, ihn durch uns verliehen, mit unserm öffentlichen Brief befestigen und confirmieren sollten". . . Die Urkunde ist datiert: „Datum czw Khron yn vnnserenii syczende ratt Am nagsten Dynstag Nach der heyliger drey Khynigk tag (13. Januar) Im Jar vonn Christ gepurt Tawsent fvnff hundert vnnd dreyvndczwaynczig Jar." Da weder der Name Veit noch der Name Stoss in Sieben- 1 Fr. Wilhelm Seraphin : Der Nürnberger Bildschnitzer Veit Stoss in Kronstadt. Korrespondenrblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. XXIX, S. 97 ff. — 62 — bürgen gebräuchlich ist, so liegt kein Grund vor, in der Person des in Kronstadt nachgewiesenen Veit Stoss einen siebenbürgischen Meister zu vemuten. Wir halten an der Tatsache fest, dass Veit Stoss, der berühmte Nürnberger Steinhauer und Bildschnitzer, am 13. Januar 1523 in Kronstadt gelebt hat. In demselben Jahre aber stellte der Meister in der Obern Pfarrkirche zu Bamberg den Altar der Anbetung auf,' und daraus folgt, dass er noch im Jahre 1523 Kronstadt verlassen hat. Im Jahre 1524 schuf er die Dar- stellung der zehn Gebote, die sich jetzt im Nationalmuseum zu München befinden. Zieht man nun in Betracht, dass Veit Stoss zwischen 1517 und 1518 den Engelsgruss in der Lorenzkirche fertig brachte, und sieht man es als richtig an, dass die Pariser Eva, die, wie Daun meint, ^ um 1520 entstanden ist, so kann sich Veit Stoss eine kurze Zeit in Kronstadt aufgehalten haben, unserer Meinung nach rund zwei und ein halbes Jahr. Da am 27. Juli 1520 der Kruzi- fixus für die Sebalduskirche in Nürnberg, ebenfalls ein Werk des Veit Stoss, aufgerichtet wurde, so kann er vielleicht im Herbste 1520 nach Siebenbürgen abgereist und im Frühjahr 1523 wieder in seine Vaterstadt zurückgekehrt sein. Gegen die Identifizierung des in Kronstadt bezeugten Veit Stoss hat sich nun G. A, Schuller ausgesprochen,^ weil die im Jahre 1523 erfolgte Aufstellung des Bamberger Altars einen Aufenthalt Stoss' in Kronstadt zu Anfang des Jahres 1523 ausschliesse, und vielmehr anzunehmen sei, dass in dem Kronstädter Bildschnitzer ein gleichnamiger Sohn des Veit Stoss neu aufgefunden worden ist. Wie wir soeben ausgeführt haben, beweist die Aufstellung des Bamberger Altars nur, dass Veit Stoss im Jahre 1523 wieder nach Deutschland zurückgekehrt war, er kann also gut einige, wenn auch nur kurze Zeit in Siebenbürgen essshaft gewesen sein, wo ihm seine künstlerische Meisterschaft bald Ehre und Ansehen in seiner Zunft, der er sich anschliessen musste, eingetragen haben wird. Ausschlaggebend ist aber, dass in der angezogenen Ur- kunde Veit Stoss ausdrücklich als „Bildschnitzler" erwähnt wird und dass wir von Veit Stoss dem Jüngeren, der 1569 zu Franken- stein in Schlesien gestorben ist, nichts anderes wissen, als dass er 1 Daun, a. a. O., S. 69 ff. 2 Ebenda, S. 68. 3 G. A. Schuller, a. a. O., S. 1 1 3 ff. — 63 - und sein Bruder Philipp „bei Neudörffer in Nürnberg die Schreib- kunst gelernt haben, in kaiserliche Dienste getreten und geadelt worden sind."^ Hevor man sich für einen Aufenthalt Veit Stoss des Jüngeren in Kronstadt entscheiden kann, müsste der Nachweis geliefert werden, ob er ein Sohn oder ein Enkel des Meisters ge- wesen ist, dass er ferner das Handwerk eines Bildschnitzers be- trieben hat, wogegen gerade sein in kaiserlichen Diensten er- worbener Adel zu zwingen scheint, und dass er schliesslich ein so hohes Alter erreicht hat, dass er nach dem Jahre 1523 noch 46 Jahre gelebt haben kann. Neigt man der Ansicht zu, in Veit Stoss dem Jüngeren einjn Sohn des Meisters zu erblicken, so muss er, wenn er aus seines Vaters erster Ehe stammt, zum mindesten ein Alter von 74 Jahren erreicht haben, und- wenn er aus zweiter Ehe mit Christina Reinert entsprossen ist, zum we- nigsten 70 Jahre alt geworden sein. So lange wir aber über den Veit Stoss, dem sie auf seinen Grabstein an der katholischen Kirche zu Frankenstein schrieben : „Im l^öc^ Jor am Tage Marie Himmelfahrt ist vorschiden Veit Stoss der junger, dem got ge- nedig sei amen",^ nicht mehr bezeugte Datum besitzen, muss der Annahme Fr. Wilhelm Seraphins der Vorzug gegeben werden. Darin aber stimmen wir mit Schuller überein, wenn er die Vermutung Lepszys und Dauns „Harow", woher Mathias Stoss- Schwab, nach Krakau gekommen war, sei das rumänische Dorf Harrö am Fusse des siebenbürgischen Erzgebirges, ablehnt, und sind mit ihm der Meinung, dass die Forschung nach dem Stamm- ort des Stossischen Geschlechtes ihr Augenmerk auf die Bergstadt „St6sz" in Oberungarn richten müsse, wo von altersher eine deutsche Bevölkerung sesshaft gewesen war, worauf schon Anton Szaraz kurz hingewiesen hatte. ^ Es fragt sich nun, ob der Mühlbächer Altar während der Anwesenheit des Veit Stoss in Kronstadt entstanden ist oder nicht. Es steht urkundlich fest, dass kein siebenbürgischer Mei- ster sich mehr als einen Gehilfen halten durfte. Auch mit Veit 1 Daun, Veit Stoss und seine Schule etc. S. 124. 2 Ebenda. 3 vgl. G. A. Schuller, a. a. O., S. 11 5. — Anton Szäraz in «Archae- ologiai crtesitö» XIII, S. 191 f. - 64 - Stoss wird man keine Ausnahme gemacht haben. Dass aber zwei Arbeitskräfte ein so umfangreiches Werk, wie es der Mühl-] bächer Altar ist, im Laufe von zwei ein halb Jahren hätten fertig stellen können, darf wohl als unmöglich angesehen werden. Aus diesem Grunde schon halten wir es für ausgeschlossen, dass das Mühlbächer Altarwerk kurz vor dem Jahre 1523 ent- standen ist. Wichtiger aber ist der Umstand, dass die Engel im Mittelstück ihrer ganzen Auffassung nach geradezu auffallend an die Engel im Marienaltar zu Krakau (1477 — 1498) erinnern. Für uns folgt daraus, dass das Mühlbächer Altarwerk zur Zeit des Krakauer Aufenthaltes des Veit Stoss entstanden, in seinen plastischen Bestandteilen dort ausgearbeitet und hernach nach Mühlbach trans portiert worden ist. Für unsere Annahme spricht ferner, dass die Gewandbehand- lung auf den Gruppen der Flügelreliefs, der Engel und Königs- brustbilder in der reinsten Art des Veit Stoss durchgeführt ist, die besonders dort, wo das Moment der Unruhe hervortritt, nicht verkannt werden kann. Die Köpfe sind durchaus realistisch gehalten, scharf herausgearbeitet, bewegt in den Linien, wobei der innere Ausdruck zurückgesetzt wird. Von dieser Unruhe ist die Statue der Maria völlig frei ! Der Fluss des Faltenwurfs gleitet weich dahin, nur der untere Saum des Obergewandes ist wie vom Winde leicht gehoben. Sie ist nicht nur äusserlich der Mittelpunkt des ganzen Werkes. Das liebliche Gesichtchen mit dem Lächeln himmlischer Milde, die feinen schmalen Hände mit dem pulsierenden Leben in der meisterhaft wiedergegebenen Haut, die langen Flechten des gelösten Haaies, die überaus sorgsam arrangierte Kleidung, bestehend aus einem langen Untergewand und einem kürzeren Uebergewand, — das alles konzentriert den Blick des Beschauers auf sie, als die künst- lerisch höchststehende Leistung des Altars. Ohne Zweifel aber besteht zwischen den einzelnen Figuren des Werkes ein wahrnehmbarer Unterschied. Wir bemerken in den Neben- figuren des Mittelstückes und in den Reliefs viel Konventionelles, eine Vernachlässigung des Mienenspiels, schematische Behandlung des Haares, beinahe derbe Faltengebung, in der Madonna das Ergebnis eines künstlerischen Geistes, der auch das Kleinste, die letzte Linie, die verborgenste Gewandfalte auf das sorgsamste - 65 - Überlegt und nicht ruht bis sein Werk der Vorstellung und dem Bilde seiner Einbildungskraft entspricht. Trotzdem bilden die Unterschiede zwischen den Skulpturen des Altars kein Argument gegen die Urheberschaft des Veit Stoss. Auch die beglaubigten Werke seiner Hand besitzen keineswegs einen durchaus einheitlichen, an allen Arbeiten wiederkehrenden Zug. Welche Gegensätze zwischen dem Krakauer und dem Bamberger Altar, zwischen der Maria vom Stosshause und der Madonna auf dem Ottomar- Altar in der Jakobskirche zu Nürn- berg, welche Gegensätze zwischen den Medaillons des englischen Grusses und den Reliefs der Rosenkranztafel ! Stoss war eben kein Mann der Schablone! Er schuf aus dem Schatze seiner äusserst lebhaften Phantasie frei heraus, aber nicht alles, was er schuf, steht auf der wirklichen Höhe seiner Kraft und seines Könnens. So unrichtig es ist, ihm jede Holzschnitzerei dieser Periode zuzuschreiben, so falsch wäre es, die Bestimmung einzelner Werke als Arbeiten des Veit Stoss deshalb abzulehnen, weil sie dem Idealbild seiner künstlerischen Persönlichkeit nicht entsprechen. Als dem Inhaber einer grossen Werkstatt kam es ihm auch auf das Verdienen an, und so mag es geschehen sein, dass Skulpturen sein Atelier verliessen, bei denen er es entweder nicht für der Mühe wert erachtete, seine ganze künstlerische Individualität einzusetzen, oder in denen nur Gesellen- und Gehilfenarbeit zu erblicken ist. So erklären sich auch die Verschiedenheiten in der künstlerischen Auffassung und Ausführung des Mühlbächer Altarwerkes. Ist nun aber der plastische Schmuck unseres Altares wirklich ein Werk des Veit Stoss, so müssen sich ähnliche und überein- stimmende Merkmale auch an anderen Stossarbeiten vorfinden. Und das ist in der Tat der Fall. Das Flügelrehef „Mariae Verkündigung" an dem Altar zu Mühlbach erinnert nach Auffassung und Komposition an das Rehef gleicher Darstellung an dem Triptychon in Lusina in der Akademie zu Krakau,^ an die Verkündigung der Rosenkranztafel im Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin^ und im Kestner-Museum zu Hannover;^ der Stab mit dem Schriftband, die Kleidung des 1 s. die Abbildung bei Daun, a. a. O., S. 12. 2 Ebenda, S. 43. 3 Ebenda. S. yS. ROTH. 5 — 66 — Engels Gabriel, das mit Vorhängen versehene Bett Mariae, die eigentümliche Stellung des Engels sind Kennzeichen (les Veit Stoss. Da es sich sowohl in den Reliefs der Mühlbächer Altarflügel als auch in den Reliefs der Rosenkranztafel um Kompositionen von möglichster Einfachheit und absichtlicher Beschränkung in der Anzahl der verwendeten Personen handelt, so muss die innere Verwandtschaft dieser Werke und der Charakter des Meisters trotz der zeitlichen Differenz von wenigstens drei Jahren zu Tage treten. Die breite Gewandbehandlung, zu der Stoss überhaupt neigte, bemerken wir in den Darstellungen der „Heimsuchung" auf un- serem Relief ebenso wie auf dem der Rosenkranztafel. ^ Hier wie dort ist das Oberkleid der Elisabeth nach links ausgeschwungen, ein Zug, der unter anderem in ähnlicher Weise auch an der „Kreuzigung" der Rosenkranztafel in der Gewandung des Johan- nes wahrgenommen w^ird.^ Die Vorliebe für schweren, massigen, vielfach gebrochenen Faltenwairf, der sich in der Kleidung der Maria an der „Kreuzigung" der Rosenkranztafel ebenso wie an der Mühlbächer „Heimsuchung" vorfindet und vielen Werken Stoss' zueignet, der auch an der „Anbetung" und „Reschneidung" unseres Altares vorhanden ist, knüpfen die Fäden der Beweis- führung fester aneinander. Eine besonders auch bei Veit Stoss wiederkehrende Er- scheinung bildet bei den Marienstatuen und Marienreliefs die über beide oder über eine Schulter fallende Locke des aufge- lösten Haares. In Mühlbach wird von diesem Mittel der plasti- schen Belebung viermal bei fünf Marienbildern Gebrauch gemacht, und von den übrigen Werken Stoss', in denen ein Gleiches zu erblicken ist, seien erwähnt: der Marienaltar in Krakau,^ ein Kupferstich.* der Geburtsaltar in Bartfeld, die Reliefs auf der Rosenkranztafel, die Grablegung in der Frauenkirche zu Nürnberg, ° die Maria vom Stosshause,^ die Krönung der Maria, ^ der Engels- 1 Ebenda, S. 41. 2 Ebenda, S. 43. 3 Ebenda, S. 6. 4 Ebenda, S. 3o. 5 Ebenda, S. 34. 6 Ebenda, S. 49. 7 Ebenda, S. 5i. 8 Ebenda, S. 5o. - 67 — ^russ in der Nürnberger Lorenzkirche, ^ der Altar der heiligen Anna in der Jakobskirche zu Nürnberg,^ die Madonna im Ottomar- Altar derselben Kirche,^ die Anbetung der Könige am Altar in Bamberg/ das Verkündigiingsrelief im Kestner-Museum zu Han- nover^ u. s. f. Nun haben allerdings auch andere Meister der Plastik diese Locke gewiss aus malerischen Gründen verwen- det, so Michael Wohlgemut in der Kreuzabnahme in der Kapelle zum heiligen Kreuz in Nürnberg,^ Adam Kraft an der Maria des Hauses „zum gläsernen Himmel" in Nürnberg und Tilman Riemenschneider an seiner Würzburger Madonna.^ Für sich allein genommen hätte darum diese Erscheinung keine zwingende Beweiskraft, aber als ein Glied in der Kette ist sie beachtenswert. Nehmen wir dazu noch die anatomische Behandlung des Jesus- knaben mit dem hochgezogenen Beinchen und dem Apfel in den Händen, die Form der Engelsflügel, die u. a. auch auf den „Ver- kündigungsreliefs" des Altars in Lusina^ und der Rosenkranz- tafeP" zu beobachten ist, die Gestalt des Gefässes in der Hand eines der Könige auf der „Anbetung" im Kestner-Museum,^^ wie sie auch auf unserm Relief zu sehen ist, fernerhin die Köpfe der Engel und Königsbrustbilder mit dem lockigen Kraushaar, wie es auch die Köpfe des Krakauer Marienaltars zeigen, nehmen wir mit einem Worte den Stil, den Gesamteindruck des Mühlbächer Altars, so tritt in ihm der Geist und die Art des Veit Stoss deutlich zu Tage. Bei all diesen auf einen Schöpfer deutenden Eigentümlich- keiten unserer Schnitzereien fällt nun, wie bemerkt, die Ungleich- heit der Ausführung, die Verschiedenheit ihres künstlerischen Wertes mit aller Entschiedenheit auf. Die Köpfe der Könige, der Engel und des schlafenden Jesse, bei diesem die ungeschickte Verbindung ' Ebenda, S. 6i. 2 Ebenda, S. 6j. 3 Ebenda, S. 65. '» Ebenda, S. 71. 5 Ebenda, S. j5. f> Bode, a. a. O., S. 117. 7 s. die Abbildung bei Lübke, a. a. O., II. S. 728. 8 Ebenda, II. S. 729. 9 s. die Abbildung bei Daun, a. a. O., S. 12. i(> Ebenda, S. 43. II Ebenda, S. 77. i'-ä Ebenda, S. 5 rf. — 68 - des auf dem rechten untergeschobenen Arm ruhenden Hauptes mit dem Hals, die ReUefs der Flügel und schliesslich die Madonna und der Kruzifixus zeigen Unterschiede tiefgehender Art. Die pracht- volle Maria kann unmöglich ein und dieselbe Hand ausgeführt haben, die die vier Darstellungen aus ihrem Leben auf den Flügehi geschnitzt hat! Und trotzdem Veit Stoss ? Gewiss! Denn jene Unter- schiede erklären uns die Verhältnisse, die damals in der Werk- stätte des Meisters zu Krakau obgewaltet haben. Stoss hat hier mit einem Stabe von Gehilfen und Gesellen seines Handwerkes gepflegt. Schon der Umfang der übernommenen Aufträge nötigte dazu, und deshalb kann man bestimmt annehmen, dass der Meister nicht jeden Holzspan mit eigner Hand vom Blocke hieb, nicht jede einzelne Statue von Anfang bis zu Ende fertig stellte. Der In- haber der Werkstätte entwarf, zeichnete, komponierte, und wo es ihm nötig erschien, korrigierte er. Einzelne Arbeiten führte er persönlich aus, wobei die verschiedensten Gründe, die Rücksicht auf den Besteller, das künstlerische Interesse, die ausdrückliche Bedingung des Auftraggebers, massgebend sein konnten. Es ist natürlich, dass Arbeiten, die einem solchen Kunstbetriebe entspros- sen, auch seine Mängel und Schattenseiten an sich tragen müssen. Auf diese Weise N^erstehen wir die Ungleichheiten an einem und demselben Werke, verstehen es aber auch, wenn sie nicht so sehr hervortreten, um den einheitlichen Charakter der Schöpfung beeinträchtigen zu können. Hat der Meister das ganze Werk durchdacht und entworfen, ist es unter seiner Leitung, in seinem Geist und nach seinem Willen entstanden, so wird auch der Stil und die Persönlichkeit des Künstlers durchschlagen und die ver- schiedenen individuellen Eigentümlichkeiten werden sich verbinden, um jene Kriterien zu geben, die auch ein unsigniertes Werk einem bestimmten Schöpfer zuzuweisen ermöglichen. Diese Kriterien begegnen nun auch am Kruzifix an der Spitze der Altarbekrönung. Wenn an den lebensgrossen Darstellungen des gekreuzigten Christus, wie sie Veit Stoss für St. Sebald (1520),^ für St. Lorenz^ und für die Spitalkirche in Nürnberg^ geliefert hat, der „vor nichts zurückschreckende Naturalismus", der Wille 1 s. die Abbildung bei Daun, a. a. O., S. 81. 2 Ebenda, S. 78. 3 Ebenda, S. 79 und S. 80. - 69 - „die körperliche Pein ohne Idealisierung im Antlitz zum Ausdruck zu bringen und dadurch auf seine gläubigen Mitmenschen er- schütternd zu wirken"^ hervorgehoben wurde, so kann dies mit einer Einschränkung auch von dem Mühlbächer Kruzifixus gesagt werden. Die sichere und wichtige Wiedergabe des nackten Christus- körpers, das liebevolle Sichversenken in alle Einzelheiten, die scharfe Naturbeobachtung sind Zeugnisse für unseren Meister. Allerdings ist das Antlitz an diesem Bilde nicht von derselben erschütternd wirkenden Wahrheit des körperlichen Schmerzes erfüllt, wie sie die Nürnberger Kreuze in ergreifender Weise veranschaulichen. Die Tiefe der körperlichen Quai erscheint hier durch die Milde der Ergebenheit verklärt. In den rund fünfundzwanzig Jahren, die zwischen den Nürnberger Skulpturen des Gekreuzigten und dem Mühlbächer Kruzifix liegen, hat sich auch die Art des Künstlers weiter entwickelt, bis sie zu jener Höhe gelangte, auf der Stoss das Schönste seines Könnens erreichte. Wir wundern uns nicht, dass der Kurfürst von Mainz im Jahre 1652 dem Rat von Nürn- berg 1000 Dukaten für das grosse Kruzifix in der St. Sebaldus- kirche, freihch vergeblich, angeboten hatte. ^ Die Schnitzwerke des Altars, aus Lindenholz gefertigt, sind, wenn man von der jetzigen Polychromierung absieht, sehr gut erhalten. Das Fegefeuer der verschiedenen Renovierungen in den Jahren 1524, 1681, 1796 und leider auch 1896 hat dem Altar nicht viel geschadet. Wie weit die Beschädigungen gingen, die das Rahmenwerk durch das Erdbeben vom 19. November 1523 erlitten hat, als das Chorgewölbe über dem Altar zusammen- brach,^ lässt sich nicht ermessen. Im Gegensatz zu der Ansicht, 1 Ebenda, S. yS. '-J Ebenda, S. 76. 3 «Anno domini M. D. XXIII. decima nona die Novembris . . . . terribili magnoque terrae motu . . . testudo huius chori . . . corruit et columnam a parte australi supremam per fenestram subsidendo traxit in ruinam, quae in petra collocata fortis admodum solidaque videbatur, collapsum quoque casu altare majus ipsius chori miro modo tabulatum concussumque una concidit et tandem non multo post temporis inter- vallo anno domini immediate subsequente M. D. XXIIII vigesimo quarto Augusti plurimorum devotorum utriusque sexus hominum maximis im- pensis ad pristinam deo lavente immortali restaurationem iterum venit....» Inschrift auf einem Chorpteiler der Mühlbächer Kirche. Vgl. F. Bau- mann : Zur Geschichte von Mühlbach i326— 1571. Mühlbacher Gymna- sialprogramm \SSg.S. 26 f. und Roth: Das MühlbTcher Altarwerk. S.4of. — 70 — die über das Alter der jetzigen Bekrönung geäussert worden ist,^ halten wir daran fest, dass der Altar in der Form, wie er uns jetzt erscheint, mit Ausnahme der Bilder in der Bekrönung und in der Akarstaffel, samt Umrahmung, Bekrönung und Konsol- voluten zwischen den Jahren 1490 und 1496 entstanden ist. Falsch ist es jedenfalls, wenn man die Schnitzereien der Flügel „mindestens um ein Vierteljahrhundert" älter hält, als die Gruppe des Altar- schreins. ^ Da nun aber Veit Stoss in seiner Ornamentik durch- aus Gotiker war,^ so folgt für uns die Konsequenz, dass er für den Mühlbächer Akar wohl die plastischen Teile geschaffen hat^ das architektonische Gerüste aber von einem andern, ihm durch- aus fernstehenden Meister ausgeführt worden ist. — Als Arbeiten des Veit Stoss, die während seines Kronstädter Aufenthaltes entstanden sind, sehen wir nun noch die beiden Johannesstatuen des Radler Altars an."^ Wie es Kunstwerke gibt, die über ihres Gleichen empor- ragen, wie die Höhen des Gebirges über das Hügelgelände des Vorlandes, so ragt im Bereiche der deutschen Siedlung in Sieben- bürgen die Statue des Johannes Baptista, die sich mit einer Figur Johannes des Jüngers im Mittelschrein des Altars in der evangelischen Kirche zu Radeln befindet, als ein glänzendes Denkmal deutscher Plastik hervor. Der Umstand, dass dieser Altar mit dem Altar in Meeburg (l5l3), dem Altar in Schwei- scher (1520), dann mit den undatierten Altären in Reussdorf und Schässburg, was den konstruktiven Aufbau, die Malweise und Kompositionsart der Gemälde anbelangt, ungemein viel Ueberein- stimmendes zeigt, drängt, wie schon oben bemerkt wurde, zu der Annahme einer Werkstätte, in der ein Maler und Altarschreiner längere Zeit hindurch gearbeitet hat, die Bildschnitzer hingegen öfters gewechselt haben müssen. Ehemals soll im Altarschrein des Werkes zu Radeln zwischen den beiden Statuen die Jahres- zahl 1525 zu lesen gewesen sein, die als Beleg dafür dienen kann, dass der Altar um diese Zeit schon fertig dastand, nicht aber besagt, dass der Altar in diesem Jahre errichtet wurde. ^ 1 Vgl. Roth, a. a. O., S. 77. — 2 A. Amlacher, a. a. O., S. 38. 3 Vgl. Daun. a. a. 0., S. 27. -» s. Tafel XI, 1 u. 3. ö Vgl. Fieissenberger : Kurzer Bericht etc. S. 7. — 71 — Was den künstlerischen und aesthetischen Wert zunächst der Täuferstatue anbelangt, so ist sie nächst der iMadonna des Mühlbächer Altars die bedeutendste Holzskulptur in Siebenbürgen. Grad aufgerichtet, in der linken Hand ein Buch haltend, steht der Täufer, gehüllt in das stereotype Untergewand aus Kameelhaar- stoff mit ausgefranzten Aermeln und einem wunderbar schön gefalteten Uebergewand darüber da und zeigt mit dem Zeigefinger der ausgestreckten Rechten auf das Lamm zu seinen Füssen. Welche Klarheit und Ruhe, welche Festigkeit und Unerschütter- lichkeit in dem klassisch schönen Kopf mit dem kurzen Locken- haar und dem prächtigen Bart ! Vor dieser Statue mit den leben- digen Augen erfasst man das Wort Bodes in seiner ganzen Be- deutung, wenn er sagt, dass in dieser Zeit „die tüchtigeren Künstler eine ausserordentliche Geschicklichkeit in der Wiedergabe der Oberfläche der Haut und der fleischigen Wirkung des Körpers" hatten.-^ Man betrachte daraufhin die nackten Teile, besonders den rechten Unterarm mit den schwellenden Adern und die Hand und man wird es begreifen, wenn wir in der ganzen Gestalt den Strom eines überzeugenden Realismus fliessen sehen. Der hohen künstlerischen Auffassung schliesst sich die virtuose Technik, be- sonders auch die Polychromierung harmonisch an. Nicht ganz auf derselben Höhe steht die Statue Johannes des Jüngers mit dem typischen Gesichtsschnitt. Der iMantel ist etwas zu schwer in den Falten, wodurch die Figur mehr unter- setzt erscheint, als für ihre Grösse zulässig ist. Auch die Haltung der Hände, von denen die linke den Kelch umfasst und die rechte die Bewegung des Segnens macht, wie man es in sehr ähnlicher Weise an der Johannesstatue des Stoss-Schülers des Meisters Paul, im Schrein des Johannisaltars zu Leutschau ^ bemerken kann, ist nicht ganz frei von Gezwungenheit. Auch die Locken des bis in den Nacken reichenden Haares rufen den Eindruck der Schwere her- vor. Trotzdem aber ist die Statue in ihrer kräftigen Modellierung, der glücklichen Farbengebung, der dezenten Knitterung des Mantels, dem sympathischen Gesichtsausdruck von eindringlicher Wirkung. Die Steinplastik des 15. Jahrhunderts in Siebenbürgen gipfelt 1 Bode, a. a. O., S. 1 10. 2 s. die Abbildung bei Daun: Veit Stoss und seine Schule etc. S. 1 17 u. S. 118. — 72 — in dem Relief: Jesus am Oelberg, das auf der Südseite der evangelischen Stadtpfarrkirche in Hermannstadt oberhalb der Ein- gangstüre in einen kleinen Anbau eingemauert ist und das als eine Frucht aus der Schule des Veit Stoss angesehen werden muss.^ Was an diesem Werke unsere Bewunderung erweckt, ist der gemütstiefe, vergeistigte Ausdruck in dem Christuskopf. Das von langen Locken und dem spitz zulaufenden Bart umrahmte Haupt ist zurückgebeugt und verrät die innere seeHsche Erregung, die knieende Stellung, die im Gebet fest geschlossenen Hände zeugen von ergreifender Demut. Das lange Gewand ist in einfache Falten geworfen. Die Bewegung des betend ringenden Heilandes wird durch die Ruhe der drei in der rechten untern Ecke schlafenden Jünger hervorgehoben. Es mag richtig beobachtet sein, wenn man die grossen Füsse der Jesusfigur tadelt, aber dadurch wird der grosse Wert dieses Meisterwerkes, der in der Beseelung des toten Ge- steins liegt, nicht herabgesetzt. In der rechten oberen Ecke der Steintafel ist das Brustbild eines Engels angebracht, der in den Händen ein Schriftband hält. In ikonographischer Hinsicht scheint unser Werk mit Barthel Behams Bild im Berliner Museum übereinzustimmen, denn auch hier wird ein Engelskopf in der Glorie sichtbar, während der Kelch auf einem Felsen steht. Detzel nennt diese Art der Dar- stellung „ein ganz abnormes Gebilde",^ aber für eine aesthetische Würdigung unseres Reliefs ist diese ikonographische Eigentüm- lichkeit von keinem Belang. Einer vorurteilsfreien Betrachtung^ kann diese Skulptur den Schein der Wirklichkeit hervorrufen und damit jene künstlerische Illusion erzeugen, die wohl das beste Kennzeichen eines wahren Kunstwerkes bildet. Die Christusge- stalt ist eine Darstellung des betenden, gottergebenden Heilandes, und die Art und Weise, wie der Künstler sein Thema löste, be- weist, dass er die Fähigkeit besass, das, was er schaffen wollte, so zu gestalten, wie es seiner Absicht entsprach. Es ist kein Suchen nach der Form, sondern eine Beherrschung derselben! In dieser Beziehung steht dieses Werk weit über zahlreichen plastischen Arbeiten des 15. bis 17. Jahrhunderts in Siebenbürgen, 1 s. Tafel XII. i. '■^ Vgl. Detzel: Christliche Ikonographie. P>eiburg i/Brg. 1894. Band I. S. 353 t. — 73 — wo die Lösung der gestellten Aufgaben an der künstlerischen Unfähigkeit der Hand scheiterte, die das Schnitzmesser und den Meissel führte. Es gibt nicht nur einen Grabstein, in dem die Portraitierung des Verewigten misslingen und mehr als eine Holz- statue, an der der Gesichtsausdruck leer und nichtssagend bleiben musste, weil Können, Wollen und Begabung einander nicht die Wage hielten. Die Komposition des Hermannstädter Reliefs erinnert in zwingender Weise an die Steinreliefs des Oelbergs nahe der Marienkirche zu Krakau (1477 — 1489)^ und im Chor der Sebalduskirche zu Nürnberg (1499),^ beides Werke des Veit Stoss. Der Kompositionsgedanke ist so sehr übereinstimmend, dass man annehmen muss, es habe das Hermannstädter Relief ein Schüler aus der Werkstatt des Nürnberger Meisters geschaffen. Ueber den Namen des Meisters unseres schönen Werkes und das Jahr seiner Entstehung wissen wir nichts, auch ist es nur eine Ver- mutung, wenn man in ihm eine Stiftung der religiösen Verbrü- derung vom Leibe und Blut Christi zu erblicken geneigt ist, ob- wohl die Mö^dichkeit einer solchen Stiftung nicht bestritten werden soll. ^ Dass es nur von deutschen Händen geschaffen worden sein kann, dafür spricht seine Auffassung und Komposition für den Kenner eine unzweifelhafte Sprache. Das Material des Reliefs ist ein gelblich grauer Sandstein, die Erhaltung vorzüglich.^ Auffallend ist es nun, dass sich am linken Pfeiler der süd- 1 Vgl. die Abbildung bei Daun: Veit Stoss, Bielefeld und keipzig, S. ly. - Ebenda. S. 40. 3 .(Es mag das Bild seine Entstehung wahrscheinlich dem frommen Sinne einer ehemals in Hermannstadt bestandenen religiösen Brüder- schaft verdanken, welche unter dem Namen «Brüderschaft vom erha- benen und wundertätigen Sakramente des Leibes und Blutes Christi» (fraternitas excelsi et mirifici sacramenti corporis et sanguinis Christi) seit dem Jahre 1372, in welchem sie gestiftet wurde, bis zur Reforma- tion bestand, da in dem Anbau im Obergeschoss des- selben sich auch das lectorium (l.ettner), der Altar und ein kleines Wandkästchen für die Auf bewahrung von Kirchengeräten dieser Brüder- schaft sich befanden.» Ludwig Reissenberger im Begleittext zu den: Kirchlichen Kunstdenkmiilern aus Siebenbürgen, Wien 1887. S. 5. Die Abbildung des Werkes auf Tafel I der ersten Serie. — 4 Auf die Verwandtschaft dieses Reliefs mit der Oelbergdarstel- lung an dem der Marienkirche in Krakau gegenüberliegenden Hause hat schon Daun hingewiesen. Vgl. Daun. Veit Stoss und seine Schule etc. S. 123. — 74 — liehen Eingangshalle in das Schiff der M ü h 1 b ä c h e r Stadtpfarr- kirche ein leider sehr stark beschädigtes Relief eingemauert vor- findet, das ohne Zweifel mit dem eben besprochenen Werk in Hermannstadt in naher Beziehung stehen muss. Es ist eine Dar- stellung des betenden Heilandes am Oelberg. ^ Deutlich erkennen wir in den Resten die beinahe völlig übereinstimmenden Züge der Komposition, oben den Engel, unten die schlafenden Jünger, die köstlich naiv unbeholfene Wiedergabe des mit Bäumen bewachsenen Oelberges. Eine näher eingehende Bewertung des Mühlbächer Oelberges zu geben, macht der Zustand desselben unmöglich, da von dem in mehr als halber Lebensgrösse ausgeführten Werke kaum mehr übrig geblieben ist, als die Umrisse und Fragmente der Figuren und des Berges. Was an dem weichen Sandstein Regen und Wetter nicht zerstören konnten, haben die Stein würfe spielender Kinder vollendet. Während im 17. Jahrhundert eine und dieselbe Grabplatte wiederholt oder in einzelnen Teilen kopiert wurde und die gleiche Kompositionsidee in ganzen Gruppen Ver- wendung fand, gibt es dafür in den früheren Perioden der Plastik in Siebenbürgen nur den Oelberg in Mühlbach als einziges Beispiel. Der bedauernswerte Erhaltungszustand verbietet die Beantwortung der Frage, ob das Relief in Mühlbach eine eigenhändige Wieder- holung des Hermannstädter Meisters oder die Nachahmung eines Gesellen ist.^ — Mit dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts verstummten die Töne der Renaissance, die durch mehr als dreissig Jahre auf dem Gebiete der Plastik voll und rein erklungen waren. Ein halbes Jahrhundert später leben sie nochmals auf, wenn auch mit der Klangfärbung einer neuen Zeit, des Barock. Das geschah in den Statuen des Altars in der evangelischen Kirche zu Heldsdorf bei Kronstadt.^ Er wurde am Ende das 16. Jahr- hunderts aufgestellt und schliesst sich in seiner Konstruktion an den architektonischen Aufbau der meisten Altäre aus dem An- 1 s. Tafel XIT, 2. 2 Vgl. Roth: Aufgabe und Ziel der siebenbürgisch-sachsischen Kunstgeschichtsforschung. Archiv des Vereins für siebenb. Landeskunde. Band XXXII. S. 63g. —Im Separatabzug S. 9. 3 Vgl. Johann Reichart: Der Heldsdörfer Flügelaltar. Korrespon- denzblatt des Vereins für siebenb. Landeskunde XX. Nr. i und 2. — Die Abbildung siehe im «Sachsischen Burzenland. S. 607. — 75 — fang dieses Jahrhunderts enge an. Aber während jene Altäre sich grösstenteils an die Formen der Spätgotik, hin und wieder an die der Renaissance hielten, neigt der Heldsdorfer Altar in der Ver- wendung seiner ornamentalen Details dem Barock zu, wobei er in den Ueberwölbungen der Nischen in der Predella noch gotische Reminiszenzen zu wahren gewusst hat. Die geschnitzten Zierstücke, mit denen der Mittelschrein, die Nischen der vier Evangelisten, sowie die einzelnen Tafelgemälde der geöffneten Flügel in ihren» oberen Teile begrenzt sind, beruhen auf barocken Motiven. Im Ver- häknis zu den Altären aus dem Anfang des genannten Jahrhunderts erscheinen die Ausmasse des Altars ungewöhnlich gross ; er ist ohne Mensa und Bekrönung 8,75 m hoch und 7,77m breit und eben dadurch wird das Missverhältnis zwischen der Höhe des Altarschreines und der darin befindlichen Christusstatue um so auffallender. Schon aus diesem Grunde ist die Vermutung Reicharts abzulehnen, dass dieser Altar vielleicht derselben Zeit angehöre, wie der Radler, xMeeburger und Schweischer Altar und dem Meister dieser Werke zuzuschreiben sei. ^ Wir schliessen uns vielmehr der Ansicht Kühlbrandts ^ an, der den Altar der Reformationszeit, also der Zeit nach 1545, zuweist. Für die Geschichte der Plastik gewinnt der Heldsdorfer Altar dadurch Bedeutung, weil sich in ihm dreizehn aus Ahorn geschnitzte Statuen erhalten haben. Polychrom und teilweise vergoldet gehen sie über die rein statuarische Haltung hinaus. Das Bestreben durch be- wegte Stellungen, sprechende Gesten, ausdrucksvolle Haltung der Köpfe eine naturwahre lebendige Wirkung zu erzielen, ist unver- kennbar. Der Faltenwurf ist reich und frei von allem Knittrigen. In der 1,17 m hohen Predella erblickt man die in halber Lebens- grösse gehaltenen Statuen des Petrus, Moses, des Abraham vor dem Opferaltar mit dem daraufliegenden gefesselten Isaak, des Aaron im Gewände des hohen Priesters und des Paulus. Rechts und links von dem Altarschrein stehen in vier Nischen die Evan- gelisten mit ihren Symbolen, im Schrein selbst der segnende Hei- land mit der Weltkugel in der rechten Hand. Als Bekrönung dient der Kruzifixus mit zwei „Marienstatuen", wie Reichart sie nennt, 1 Vgl. Reichart, a. a. O., S. 22. 2 Vgl. Kühlbrandt: Die Kirchen und Burgen des Burzenlands. Im «Sächsischen Burzenland», S. io3. - 76 - richtig mit Maria, links, und Johannes, rechts. Beide werden wohl mit Recht als jünger angesehen, als die übrigen Skulpturen des Altars. Die ursprünglich als Nebenfiguren der Kreuzigungsgruppe an Stelle der jetzigen Schnitzereien vorhandenen „Marien" sollen aus „Silber" gewesen sein und sich gegenwärtig im Kloster des Wallfahrtsortes Csik-Somlyo befinden, wohin sie in den Unruhen der Kurutzenzeit an der Wende des 17. Jahrhunderts gekommen sind. Wenn es sich hier wirklich um zwei Marienstatuen handelt, so wäre das eine ungewöhnliche Erscheinung, denn einfache Kreuzi- gungsgruppen bestanden aus Maria und Johannes dem Jünger neben dem Kreuz. Die Statuen des Heldsdorfer Altars sind, mit Ausnahme der jüngeren Plastiken der Bekrönung, Werke eines Meisters von anerkennenswerten künstlerischen Eigenschaften. Während die Christusstatue im Mittelschrein noch konventionell ohne irgendwelche Originalität aufgefasst ist, zeigt sich in den vier Evangelisten eine von aller Ueberlieferung freie Individualisierung, nicht etwa in dem Sinne, dass die Figuren der Evangelisten den Geist ihrer Evange- lien wiederspiegeln, sondern dass jede Statue als Bild einer Per- sönlichkeit, eines in sich geschlossenen Charakters durchgearbeitet wurde. Matthäus, mit dem Symbol des Engels, der ihm über die Schulter blickt, dargestellt, hält in der linken Hand sein Buch, in- des die Rechte den Stift gegen den Mund richtet. Das Haupt ist leise geneigt. Der Komposition liegt der Gedanke eines ganz in geistige Arbeit vertieften, sinnenden Mannes zu Grunde. Das Untergewand ist tiefblau gefärbt, während das auf der Unterseite rote Oberge- wand vergoldet ist. — Lukas trägt ein Untergewand von dunkler Bronzefarbe, ein vergoldetes Obergewand mit blassrotem Futter. Zu seinen Füssen befindet sich ein langgehörnter Rinderkopf. Mit der Linken drückt er sein Evangelium an das Bein und mit der rechten Hand zeigt er auf seine Brust. Die Statue will ausdrücken : Was ich geschrieben habe, kam mir aus dem Herzen. Bei Matthäus ist Bart- und Haupthaar weiss, bei Lukas blond. — Bewegter ist die Stellung des Markus, wenn auch nicht frei von Effekthascherei. Er hält in der rechten Hand sein Evangelium hoch empor und deutet mit der linken darauf. In den Hüften ist die Figur leicht gebeugt, der Kopf etwas zur Seite gelegt. Offenbar wollte der - 77 — Bildschnitzer in dieser Sta ist ein Beweis dafür, wie wahres Künstlertum selbst in der Not und in dem Drang der Tage seine Bahnen zu finden weiss. Wie in der Zeit der italienischen Renaissance die grössten Künstler unter den abscheulichsten Verhältnissen Werke voll unsterblicher Schönheit schaffend sich betätigt haben, so hat auch Elias Nikolai die Fackel seines Geistes leuchten lassen in einer an Licht so armen Periode. Aber gerade bei ihm hat die Forschung nicht nachweisen können, ob er ein siebenbürgischer Deutscher oder ein Zugewanderter ge- wesen ist. An dieser Stelle wollen wir einen Gedanken einschieben, der nicht nur die Kunst dieses Jahrhunderts, sondern die der Deutschen in Siebenbürgen überhaupt unserem Verständnis näher zu bringen geeignet ist. Eine objektive Betrachtung der Kunstgeschichte in Siebenbürgen kann an der Tatsache nicht wortlos vorüber gehen, dass aus den Reihen des Deutschtums in diesem Lande, mit Ausnahme der Brüder Martin und Georg von Klausenburg, wirk- lich schöpferische Grössen nicht hervorgegangen sind. Die Malerei, Architektur, Plastik, selbst das Kunstgewerbe bestätigen in ihren Werken diese Behauptung mit absohiter Gewissheit. Die Er- klärung für dieses Faktum findet sich in den Geistes- und Cha- rakteranlagen eines Volkes, dessen intellektuelle Kräfte durch die Macht der Verhältnisse in künstlerischer Beziehung vorwiegend auf das Gebiet der Rezeption und nicht auf das der Produktion gedrängt wurden. Man mag diesen Mangel, an schöpferischer Kraft bedauern, aber man wird zugeben müssen, dass nicht nur die aus dem Volksboden entsprossene Kunst ein Ruhmesblatt in — 88 — der Geschichte einer nationalen Geschlossenheit bilden kann, son- dern auch die Art der Pflege, die man der Kunst überhaupt an- ^'edeihen lässt. Dass aber die Kunst, auch wenn sie nicht auf der hohen Sprosse der Vollkommenheit steht, zu Zeiten furcht- barer innerer und äusserer Wirren in der deutschen Siedlung Siebenbürgens eine Heimstatt gefunden hat , darauf kann bei aller Bescheidenheit dennoch hingewiesen werden. Auch im 17. Jahrhundert gab es eine Kunst, wenn gleich ihr anzumerken ist, dass ihr das Beste, der Sonnenschein gefehlt hat. Die Grabsteine, die den V'erewigten in ganzer Figur und vollem Ornat darstellen, nötigen zu der Frage nach dem Vorbild oder nach den Anregungen zu dieser Darstellungsart. In Deutsch- land, Oesterreich und Ungarn finden sich in ungezählter Fülle ebenfalls Portraitgrabsteine bürgerlicher Standespersonen und man- che allgemeine Uebereinstimmung der Eigenheiten in Komposition und Ornamentik gibt die Gewähr, dass Siebenbürgen mitten im Strom gestanden ist. In seinem Wesen ist aber der bürgerliche Portraitgrabstein offenbar durch die Rittergrabsteine beeinflusst ja durch dieselben geschaffen worden. Auf den Grabsteinen von Beamten, Geistlichen und Patriziern erscheint die den Rittergrabsteinen entlehnte Idee in das Bürgerliche übersetzt. Wie auf jenen Denkmälern der adelige Herr gepanzert, gegürtet, be- wehrt und gespornt mit allen Abzeichen seines Standes und dem Wappen seines Geschlechts dargestellt wird, so hält auf unseren Platten der Sachsengraf den Streitkolben der Hermannstädter Königsrichter in der Hand und ist angetan mit dem schweren, bortenbesetzten Mantel, mit Dolman und wuchtigen Stiefeln, und der sächsische Pfarrherr oder Bischof wird in vollem Ornat, im langen Leibrock und krausem Mantel mit dem Evangelienbuch und dem Tüchlein in der Hand abgebildet, und hier wie dort fehlt es nicht an Wappenschilden und symbolischen Bildern ihres Amtes und ihrer Würde. In Deutschland und Frankreich und in den Ländern, die von ihnen stilistisch befruchtet wurden, waren die Rittergrabsteine in erster Reihe ein Produkt der Gotik gewesen. Aus ihnen ent- wickelte sich, wie wir gesehen haben, der bürgerliche Grabstein, der dort schon im 16. Jahrhundert weite Verbreitung gefunden hatte. Wir erinnern nur an den Grabstein des Bürgermeisters - 89 - Weisse in der Kirche zu Endschütz. ^ In Siebenbürgen jedoch kommt der bürgerliche Grabstein erst im 17. Jahrhundert zu all- gemeiner Aufnahme. Zeitlich liegt zwischen jenen gotischen Denk- mälern und unseren Bildnisgrabsteinen ein Raum von vierhundert Jahren, aber gerade dieser Umstand ist lehrreich, weil sich darin zeigt, wie das künstlerische Motiv einer fernabliegenden Vergangenheit weit ab von den Gegenden seiner Entstehung und seiner Uebung, nachdem es in seinen Heimatländern den Wandel seines Stils und des Geschmacks durchgelebt hat, praktische V'erwendung unter Anpassung an lokale Verhältnisse fand. Darin aber liegt nun wieder der Hinweis auf einen ganz wesentlichen Zug der deutsch- siebenbürgischen Kunst, dass diese Kunst nur im Zusammenhang mit der geistigen und künstlerischen Kultur der deutschen Länder- gebiete und der deutschen Kunst entstehen und weiter leben konnte. Der bekannteste Künstler des 17. Jah.rhunderts ist Elias Nikolai. Von klaren Grundsätzen beseelt, weiss er seine Be- gabung in den Grenzen seines Könnens zu betätigen. Die sichere Beherrschung einer eigentümlichen Stilrichtung, die sich aus Mo- tiven der Renaissance, des i^arock und des Naturalismus zusam- mensetzte, sein feines Gefühl für Form und Proportion, die in- dividuelle Art im Portraitieren legen den Gedanken nahe, dass er seine Kunst, die er hier ausgeübt hat, nicht im Lande er- worben hat. Seine Herkunft ist unbekannt und alle Vermutungen darüber ohne festen Untergrund. Die Behauptung, dass „Nikolaus Elias von Amsterdam und Elias Nikolai von Hermannstadt, wenn nicht gar eine und dieselbe Person gewesen, zum mindesten in nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander gestanden haben müssen," stützt sich auf den Namen des Nikolaus Elias, von dessen Hand das Reichsmuseum in Amsterdam zwei Gemälde aufbewahrt.^ Die Zufälligkeit der Namensähnlichkeit, selbst der Namensgleichheit kann nichts beweisen, ja gegen eine nieder- ländische Abstammung sprechen die Werke unseres Künstlers ihrem ganzen Charakter nach. Nach G. D. Teutsch ist er „ein 1 s. die Abbildung bei P. kehfeldt: Bau- und Kunstdenkmaler Thüringens. Heft XXV, zwischen S. 274 und S. 275. 2 Vgl. Wenrich, a. a. O., S. 64 f. — 90 — Deutscher aus Wien" gewesen, der in Hermannstadt eine Heim- stätte gefunden — doch fehlt auch hier die Bestätigung dieser Annahme.-' Was wir über EHas, den Steinmetzen, den Sohn des Nikolaus wissen, ist ledighch folgendes: Der Matrikel der ev. Pfarrge- meinde zu Hermannstadt zufolge war Elias Nikolai dreimal ver- heiratet. Der Name seiner ersten Frau ist verschollen, da die Trauungsmatrikel nur bis zum Jahre 1648 zurückreicht. Am 13. Juni 1649 heiratete er als Witwer Anna Hegyesch, die Tochter des Kronstädter Ratsgeschworenen und früheren Stadt- hannen Andreas Hegyesch, doch löste der Tod schon nach kurzer Zeit auch diese Ehe. Die auf diese Heirat Bezug nehmende No- tiz in der Trauungsmatrikel der Hermannstädter ev. Gemeinde lautet unter dem angegebenen Datum : „Elias Nicolai bildt und sleinhawer viduus" nimmt zur Frai Anna „Andreae Hegyesch der gewesen rathgeschworne vnd honnen der Königlichen Stadt Cronen hinterlassene eheleibliche tochter". Zum drittenmal ver- mählte er sich mit Margarethe, der Witwe des am 14. März 1654 verstorbenen Pfarrers von Thalheim Georg Ehrmann, was aus der das Datum des 7. Februar 1655 nennenden Eintragung in die angeführte Matrikel zu entnehmen ist. Es heisst da: „Elias Nicolai Bildt und Steinhawer viduus" nimmt zur Gattin „Marga- retha rev(erendi) domini Georgii Ehrmann pastoris olim Dalyensis relictam viduam". Doch auch diese Ehe war nur von kurzer Dauer; am 2i. Juni 1660 wird in das städtische Erbschafts- teilungsprotokoU ein Ausweis der beweglichen und unbeweglichen Habe der dritten Frau Nikolais eingetragen. An diesem Orte er- fahren wir, dass das Erbe unter anderem aus zwei Häusern be- stand und dass ausser einem .... Sohn des alten Nikolai noch zwei Kinder am Leben waren: Elias Nikolai und Katharina Ni- kolai.^ Da das älteste Werk unseres Meisters, das Grabdenkmal des 1685 verstorbenen Magnaten Georg Apaffi ist, so liegen wenig- stens 25 Jahre seines Lebens nicht völlig im Dunkeln. Nikolai kann, aber er muss nicht ein Ausländer gewesen sein. Ein ' G. D. Teutsch, a. a. O., S. Sog. 2 Vgl. Indicateur archeologique, XXII, p.ii3. Dr. L.Eber: Tom- beau de George Apaffy p. iii. — — 91 — Deutscher war er aut jeden Fall, sonst wäre er, wie es die Zunft- satzungen genau vorschrieben, nicht in die Gilde der Maurer auf- genommen worden, als deren Mitglied er im Jahre 1638 dem Fürsten Georg Rakoczi I. in Hermannstadt den Treueid schwur.^ Sind wir nicht in der Lage, den Lebenslauf unseres Künstlers in allen Punkten zu verfolgen, so bieten seine Werke die Mög- lichkeit, ein volles und allseitig geschlossenes Bild seiner künst- lerischen Persönlichkeit zu entwerfen. Das Höchste, was Elias Nikolai geleistet hat, ist zugleich seine früheste, uns bekannte Schöpfung, ist das Grabmal des Georg Apaffi, des Vaters von Michael Apaffi L, das ihm von seiner Gemahlin Barbara, einer geborenen Petky (f 1660) errichtet wurde. ^ Auf der Deckplatte des als Sarkophag in grauem Marmor ausgführten Werkes liegt Georg Apaffi in voller Rüstung barhäuptig in sanftem Schlummer, lebensgross dargestellt. Die rechte Hand ist unter das Haupt geschoben, die linke hält den Säbelgriff umspannt. Die Beine sind übereinander geschlagen, das Haupt ruht auf einem Kissen, das ein Brokatmuster von prächtiger Zeichnung zeigt. Der Körper liegt ebenfalls auf einem schmalen Kissen. Rings um die Gestalt rankt sich ein sehr gewandt stili- siertes Ornament, dem die Apaffische Wappenpflanze, der Wein- stock, als Hauptmotiv zu Grunde liegt. Zu Füssen Apaffis wächst er aus der Erde, auf der sich allerlei Gräser und Pflanzen ange- deutet finden: Maiglöckchen, Primeln und Glockenblumen. Der Weinstock teilt sich gleich unten in zwei HauptJiste, die sich nun auf beiden Seiten hinaufwinden. In dieses Geranke von Reben, Blättern und Trauben fügen sich allerlei ritterliche Gegenstände, Engelfiguren und symbolisches Nebenwerk, Schriftbänder und Wappenbilder ein, so dass das Ganze ein höchst eigen- artiges und trotz seiner Fülle nicht überladenes Aussehen erhält. In der linken unteren Ecke sitzt im langen Hemde ein Knäblein mit anmutiger Haltung und. Gesichtsbildung, wahrscheinlich als Genius des Lebens gedacht, neben ihm ist ein Totenschädel sichtbar. In der gegenüberliegenden Ecke ragt aus dem Boden Brust- und 1 Vgl. Steinmetz Elias Nikolai. Siebenbürgisch-deutsches Tage- blatt Nr. 861 3, 1902. Daraus abgedruckt im Korrespondenzblatt des Vereins für siebenb. Landeskunde XXV, S. 70 ff. 2 s. Tafel XIX, XX, XXI. — 92 — Kopfteileines menschlichen Skelettes empor, das in den hoch erhobe- nen Knochenhänden und zwar in der linken eine Sanduhr und in der rechten eine Sense hält. Ueber diesen beiden Symbolen des Lebens und des Todes, der menschlichen Hinfällit^keit und Vergänglichkeit ist in das Rebengeranke auf beiden Seilen je ein Henkelkrug mit Rosen und Maiglöckchen darin gestellt und darüber ist links eine Sturmhaube und rechts ein Paar Handschuhe angebracht. Darüber erhebt sich nun wieder auf jeder Seite je eine Engelfigur als Wappenschildträger. Der Engel auf der linken Seite hält das Apaffische Familienwappen, be- stehend aus dem Helm mit Traubengeranke und einem Schwert, und der Engel auf der rechten Seite trägt das Wappen derer von Petky, mit dem säugenden Pelikan sowohl über der Krone im Schild, als auch auf dem Helm als Zier.^ Oberhalb des Hauptes Apaffis schwebt vor einer aufgehenden Sonne die Taube als vSymbol des heiligen Geistes, die sich auch auf anderen Werken Nikolais vorfindet. Die Langseite, der die Gestalt des ruhenden Fürsten den Rücken zuwendet, bestehend aus einer grossen Kartouche, in den Formen spätester Renaissance, enthält in ihrer Mitte eine Inschrift- tafel, die dem Andenken des Gregorius Apaffi, des Sohnes des Georg Apaffi (f 1637) gev^idmet ist. Um diese Schrifttafel rankt sich in üppigster Weise, aus dem Wappenhelm mit dem Schwert hervorwachsend, ein Rebengewinde mit Blättern und Trauben, in das sich ritterliche und kriegerische Embleme, Sturm- haube und Mütze, Pauken und Säbel, ein Schwert und ein Ge- schütz, geflügelte Engelköpfchen und flatternde Vögel einfügen. Auf der Schmalseite zu Füssen des liegenden Apaffi sind in Hoch- relief drei verstorbene Kinder des Apaffischen Ehepaares dargestellt. Das kleinste liegt auf der Bahre und wird von den beiden Brüdern, die zu Häupten und Füssen des kleinen Toten betend knien, be- trauert — gewiss ein liebenswürdiger Kompositionsgedanke, wenn auch die Gruppierung und die schwerfällige Gewandung die Wirkung beeinträchtigen. Ein Knabe hiess Franz, der zweite Nikolaus, der Name des dritten, noch im Säuglingsalter entschlafenen Kindes ist nicht überliefert, wenigstens konnte er nicht festgestellt werden.^ 1 Vgl. Siebmacher: GroPes und allgemeines Wappenbuch, 4, XV; Der Adel von Ungarn von G. v. Csergheö, Nürnberg iSg3. Tafel 363. 2 Vgl. Nagy 'lvän: Magyarorszäg csaladai czimerekkel es nemzek- rendi tabläkkal. Pest 1857, I, S. 3i. - 93 - Die Lan^^seite des Sarkophags, der Georg Apaffi das Gesicht zuwendet, verewigt das Andenken der Mutter und der Gattin des verstorbenen Herrn und enthält hauptsächlich die Widmungsin- schrift des Werkes. An den Ecken des Sarkophags sind vier allegorische Figuren angebracht: Glaube, Liebe, Hoffnung und Gerechtigkeit, in einer durchaus nüchternen und wenig graziösen Weise ausgeführt. Die Epigraphik dieses Werkes bewegt sich in dem gebräuch- lichen Wortreichtum jener Zeit. Rings um die schwere Deckplatte läuft die auf Georg Apaffi bezügliche, durchwegs in Initialen ge- haltene Inschrift: „Magnificus Dominus, Dominus Georgius Apaffi de Apanagyfalva celsissimo Transylvaniae principi ab intimis con- siliis idemque comes comitatus de Küköllö meritissimus, et assessor tabulae judiciariae laudatissimus: postquam invicta christiani pec- toris patientia pertinacem capitis dolorem tolerasset; animam suam pie juxta et hilariter deo creatori ac redemptori suo reddidit, anno Christi M. D. C. XXXV aetatis suae XLVII A. D. Februarii XVni, inter tertiam et quartam horam matutinam: mortalitate sua non longe post hic deposita." Um die Seitenfläche, die dem Andenken des Gregorius Apaffi gewidmet ist, zieht sich die Inschrift: „Generosus Dominus Grego- rius Apaffi de Apanagyfalva, illustrissimi Transylvaniae principis cubicularius . . . cerae, placidissime obiit Albae Juliae ^ anno Christiano M. D. C. XXXVII aetatis XIX A. D. Julii XVIII corpore huc ad optimi parentis cineres honoreficentissime trans- lato." Oberhalb der Tafel in der Mitte der Langseite steht: „De- functus loquitur" und darunter: «nie ego qui sacris Musarum operatus, et almae Qui Semper colui relligionis opes : In mediis aulae qui vixi fluctibus insons Principis observans, oflficiique memor : Et qui matris eram spes unica, firma columna Atque domus patriae: desubito ecce cado. Ecce cado nondum numerans tria lustra : sed ecce Quod negat aula soli, pensat id ara poli.» 1 Lateinischer Name für «Weissenburg», das heutige Karlsburg. — 94 — Auf der Schmalseite am Kopfende des Sarkophags ist aut einer Leiste um die Inschrift des mittleren Teiles zu lesen: „Ecechiel XXX VlI. v. 12. Ecce ego aperiam tumulos vestros et educam vos de sepiilchris vestris popule mi, et inducam vos in terram Israel v. 13 et scietis quia ego Dominus cum aperuero sepulchra vestra et duxero vos de tnmulis vestris popule mi et dedero spiritum meum in vobis et vixeritis et requiescere vos faciam super humum vestram." Auf der quadratischen Fläche dieser Schmalseite sind folgende Disticha eingemeisselt : «Commendare solent ahos quae singula, Apaffi; In te certatim cuncta videre licet. Stirps antiqua tibi, generoso peictus honesto Excoctum, conjux turturis instar amans: Natorum series, series et avita bonorum, Legati gravitas, consilii integritas: Ingenuus vultus, mores gravitate nitentes, Inque deum pietas, inque homines probitas: Haec tibi dum vixti, divino numere vidit Zoilus ipse, data : hic vidit et hocce datum, Corde quod infracto superasti proelia morbi Et contemsisti spicula mortis ovans O felix animi ! Tribuit miseratio Jovae Vivere cui saucte, cui placideque mori.»» An dem Fussende des Sarkophags sind in der Umrahmung des Mittelfeldes zwei Disticha angebracht, von denen das auf der linken Seite befindliche lautet: «Semestris binusque cito, Franciscus avitae I.ibertatis amans regna suprema peto.» Das Distichon auf der rechten Seite lautet : «[Annjam cum medio certanti aeterna triumphi [NJicolao aeterni laurea plexa mihi est.» Oberhalb der Gruppe der Apaffischen Kinder ist ebenfalls in poetischer Form eingemeisselt: fi[Innocua AJpafidum trias heic cubat. Impare cursu, At genere illustri, et sorte favente pares. Carceris obscuri medius, divina! moraeque Impatiens jam jam natus ad astra redit.» Auf dieser Seite befindet sich auch die Signatur des Künstlers, .der er in begreiflichem Stolze ein reicheres Ansehen gab, als es — 95 — später seiner Gewohnheit entsprach. An einem Seilchen hängt die in Form einer Cartouche der Hochrenaissance modellierte Tafel herab und darauf liest man : «Sculpsit Elias iNicolai Cibinium manens.» Die linke Lan^seite enthält in der Umrahmung der Inschrift- tafel die Widmung: „Generosa do[mina] Barbara Petki, mag- nifici d(omi)ni, d(omini) : Johannis Petki Consiliarii Cancellarii ac sedis Siculicalis Udvarheli Capitanei , nec non comiti comi- tatus Dobocensis quondam Transylvaniae consultissimi filia mari[to] eheu desideratissimo, fiho[qiie] suavissimo superstes; hoc monu- mentufm) honoris et amoris ergo fieri fecit; afFectu(m) sufu)m conjiigalem et maternum serio testata hoc disticho" und auf der grossen Tafel in der Mitte dieser Langseite lesen wir folgendes Gedicht : «Ecce Corona mei capitis iacet una maritus, Signaculum mortis filius ecce jacet His ego moesta quidem, fidei sed plana, dicavi Hunc tumulum ; condatque simul ossa mea. Si quando visum fuerit tibi, jova redemtor, Ut te parte fruar nobiliorc mei, Sic erit ut tumulo nos tres claudamur eodem ; Sic erit ut thalamus nos teneatque poli. Interea viduae mihi sis, plus alme, maritus Tnterea natis sis pater ipse meis.» «Conjunx Apafii modico sub marmore Georgi Clara soloque polo Barbara Petki jacet. Vis vitam? pietas: casum? sub principe clades Rakocio natos tres simul hostis habet. Maximus emoritur medico alter tempore liber. Principis at minima Dacia sceptra parat. Nati absunt gemebunda migrat ; fiducia; nato Designat media in morte futura bona, Princeps Apafius Michael celsissimus heros Apposuit matri, quam pius ipse piae.» Darunter in kleineren Buclistaben : „Denata Anno Domini l66o aetatis suae 62." An sonstigen Inschriften liest man auf dem Schriftband der Kindesfigur auf dem Sarkophagdeckel: Fliob 14: „Homo, natus de — 96 — muliere brevi vivens tempore repletur multis miseriis, qui quasi flos aegred[itur et cjonteritur, et fugit vekit uinbra." Um das Skelett zieht sich ebenfalls ein Spruchband, das leider sehr stark beschädigt ist. Darauf stand zu lesen: „[Quod tu es, e^ü fai. Quid e^o sum, tu eris. — Omnis enim c]aro [sicut foenum vete]rasc[it] : Perpe[tuum hoc foedus est qu]od morier. Syr: I." — Auf dem Traubenstock zu P'üssen des Toten steht der Satz: „Hodie mihi, cras tibi." — Die beiden Buchstaben über dem linken Wappen: G. A. bedeuten „Georgius Apaffi" und die über dem rechten Wappen: B. P. „Barbara Petky". — Am Rande der Sarkopha^platte dem Kopfende zu sind die vier Buchstaben : D. O. M- S. zu deuten als: „Deo optimo maximo supremo," und C. S. am oberen Rande der rechten Langseite als : Cum suis ; die Buch- staben auf der gegenüberliegenden Seite schliesslich: Q. F. F. Q. S. sind die Anfangsbuchstaben des lateinischen Spruches: Quod felix faustumque sit.^ Der prächtigste Teil des ganzen Werkes ist der Kopf Apaffis! Kraft und Charakter ruht auf dem Antlitz, tiefer Friede auf dem starkknochigen Schädel. Die Portraitähnlichkeit ist von über- zeugender Glaubwürdigkeit. Die Haare des Hauptes und des Bartes sind auch hier in derselben Manier behandelt, von der Nikolai auch in seinen späteren Werken nicht mehr abgewichen ist. In der unverkennbaren Absicht nach möglichst naturgetreuer Wiedergabe des Haares gelangte er zu einer stilisierenden Aus- arbeitung der Haarbüschel und der einzelnen Haarfäden, die dann zu einem typischen Merkmale seiner Skulpturen geworden ist. Auch der Schnitt des Bartes ist eine Eigentümlichkeit seines Stils. Die Ausführung ist in technischer Beziehung peinlich sauber und sorgfältig und erstreckt sich bis auf die kleinsten Details. Einzelne Weinblätter, die feinsten Ranken, die Ziselierung der Rüstung, die Musterung auf dem Kopfkissen, das Säbelgehänge, mit einem Worte die ganze Arbeit ist mit dem liebevollsten Eingehen in alle Einzelheiten geschaffen worden. Wenn wir auch in der ornamentalen Verwendung des Wein- stocks, der Apaffischen Wappenpflanze, in Verbindung mit ritter- lichen und kriegerischen Emblemen eine Frucht der künstlerischen 1 vgl. Dr. Eber, a. a. O., S. 97 ff. — 97 - Phantasie unseres Meisters zu schätzen haben, so hat er sich in der Hauptsache an die Idee der Rittersarkophage angelehnt, wie wir sie auch im Karlsburger Dom in den Marmorsarkophagen des Johann Hunyadi ("j- 1456), seines Sohnes Ladislaus (1456 in Ofen hingerichtet), des Johannes Corvinus, der Königin Isabella (i~ ^559) und ihres Sohnes Johann Sigismund {-^ 1571) und in dem Sarkophag des Georg Schüköschd von Gross-Terem in Gross- Terem, vom Bildhauer Peter Dioszegi von Klausenburg 1632 ge- schaffen,^ besitzen. Stilistisch gehört unser Sarkophag der späten deutschen Renaissance an, doch verrät die Ornamentik, besonders auch die Auffassung der allegorischen Figuren eine Hinneigung zu eigener persönlicher Richtung. In dem Geranke der Weinreben des Apaffischen Sarkophags ist jene Fröhlichkeit der Form ent- halten, die allerdings vielfach ausartend die 'Grabdenkmalplastik des 17. Jahrhunderts beherrschte. So sehr wir die Vorzüge dieses Werkes anerkennen, so können wir es doch nicht übersehen, dass sich in den allegorischen Figuren an den vier Ecken des Sarkophags eine schwerfällige Befangenheit und Unbeholfenheit kundgibt. Die poetische Absicht wurde zur hausbackenen Prosa! Dass Nikolai diese Gestalten über- haupt schuf, kennzeichnet ihn, vom Standpunkte seiner Zeit gesehen, als modernen Künstler, wie er sie aber schuf, beweist, dass dieses Gebiet nicht seine Stärke bildete. Die Haltung ist gezwungen, der Faltenwurf ebenso wie auf der Kindergruppe übermässig glatt und monoton. Die Anordnung des Haares kann man nur als bürgerlich simpel bezeichnen, und die Köpfe sind derb in den Formen, der Gesichtsausdruck leer. Man wird solche Züge eines Werkes, an dem sich sonst Form- gewandtheit und Lebhaftigkeit des ornamentalen Bauwerks ver- einigen, nicht anders erklären können, als wenn man die Verhältnisse in Betracht zieht, unter denen Elias Nikolai lebte. In der sieben- bürgisch-sächsischen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts waren die Vorbedingungen für die Darstellung des Würdevollen, Gemessenen, Ruhigen gegeben. Für Vorwürfe, in denen diese Gedanken zum Ausdrucke kommen sollten, liefen die Modelle auf der Strasse 1 Vgl. Blasius Orban; Aszekelyföld leiräsa IV, 48. Daselbst eine Abbildung des Sarkophags; — Wenrich^ a. a. O., S. 53. ROTH. 7 — 98 umher, anders aber lag die Sache bei schwierigeren Aufgaben. Die Personifizierung abstrakter Begriffe erforderte einesteils nicht nur die höchste Künstlerschaft, sondern auch Anregung und Schulung, vor allem auch entsprechende Modelle. Dazu boten die Städte Siebenbürgens keine Gelegenheit. So kommt es, dass in den allegorischen Frauenbildern am Sarkophage Apaffis nichts anders verkörpert erscheint, als vier Bauernmädchen in steifer Pose. Da sie weder künstlerisch gedacht, noch inhaltlich bedeutend sind, kann ihre Schwäche nicht wunder nehmen. Aber trotzdem sind gerade diese Gestalten für die Beurteilung Nikolais von besonderem Wert, denn er war der erste, ja der einzige Künstler, der sich an eine solche Aufgabe herangewagt hat. In späterer Zeit mehren sich ähnliche Probleme an Epitaphien, ent- sprechend der Strömung der Zeit, die an symbolischen Dingen Freude gewonnen hatte. Im l8. Jahrhundert erreicht diese Nei- gung zum Symbolisieren und zum AUegorisieren ihren Höhe- punkt, und eine grosse Anzahl von Gedenktafeln und Denkmälern schwelgt geradezu darin. Wir erinnern nur an das Epitaphium des Sachsengrafen Matthias Semriger (*}" 1680) im Brukenthal- schen Museum zu Hermannstadt.' Der Kontrast zwischen den vier weiblichen Figuren und den übrigen Teilen unseres Sarkophages ist auffallend. Wie tadellos in Form und Ausführung ist die Cartouche mit der Signatur des Meisters, wie schwungvoll die Zeichnung der Langseiten und die Ornamentation des Deckels, wie lebendig der Kopf des Georg Apaffi, wie liebenswürdig das Knäblein als Symbol des Lebens! Die Komposition der Kindergruppe hätte gewiss geschickter durch- geführt werden können, auch enthielt sie keinen originellen Ge- danken, war (loch dieses Motiv der Toten, die einen Toten be- weinen, auf Darstellungen mit Gestalten des Stifters und seiner Familie weit verbreitet und sehr beliebt, aber gerade in ihrer Naivität liegt das Anziehende. Eine weitere Eigentümlichkeit Nikolais bestand darin, dass er auf allen seinen Grabsteinen den Gedanken des Schlafes hervor- heben wollte, ja, in der bildnerischen Wiedergabe des schlafenden Gesichtes hat der Künstler seine ganze Innerlichkeit konzentriert. 1 s. Tafel XXVIII, i u. 2. 99 — Das Grabdenkmal ist früher in Malmkrog aufgestellt gewesen inid wurde 1902 in das Ofener Nationalmuseum überführt. Das Entstehungsjahr des Sarkophags ist nicht genau bekannt. Georg Apaffi starb 1635, sein Sohn Gregorius am 18. Juli 1637, demnach könnte man 1638 als die Zeit der Errichtung annehmen da Elias Nikolai jedenfalls mehr als ein halbes Jahr zur Ausführung verwenden musste. Sicher ist, dass die auf den Tod der Barbara Petky, der Gemahlin Apaffis Bezug nehmende Inschrift nach ihrem Tode, also nach 1660 angebracht worden ist, und zwar von dem siebenbürgischen Fürsten Michael Apaffi I. (geboren l632 ge- storben 1690). Unvereinbar mit der auf dem Sarkophag befind- lichen Kindergruppe ist die Angabe bei J. Nagy,^ dass der Ehe der Barbara Petky nur drei Söhne entstammen, während die In- schrift mit Gregorius vier erwähnt, gleichzeitig aber auch das Rätsel löst. „Impatiens jam jam natus ad astra redit", kann nur bedeuten, dass das schlafend dargestellte Kindlein im zartesten Alter starb und deshalb ungetauft begraben wurde. Die Erhaltung des Werkes ist im allgemeinen nicht schlecht zu nennen, immerhin sind seine Beschädigungen erheblich. Der Figur der Fides fehlt der Kopf, dem Genius des Lebens fehlen die Hände und den geflügelten Schildträgern die Arme. An der Gestalt des Georg Apaffi ist die Nase, ein Teil der linken Hand und die untere Hälfte des Säbels abgeschlagen. Den beiden be- tenden Kindern sind ebenfalls Nasen und Hände abgebrochen, das gleiche Schicksal hatten die Nasen der Tugendjungfrauen an den Ecken des Sarkophags, ein Teil der Spruchbänder und des Skeletts. Durch all das wird aber der Gesamteindruck dieses Werkes nicht beeinträchtigt, in dem die umfangreichste, wenn auch nicht die bedeutendste Skulptur in Siebenbürgen vorliegt. In der kleinen Kapelle zu Malmkrog, in der der Sarkophag früher stand, befand sich ehedem ein aus Holz geschnitzter Bal- dachin, mit Emblemen, Wappenschilden und Inschriften, die in- haltlich, wenn auch nicht mit dem Wortlaut der Inschriften auf dem Sarkophag übereinstimmten. Er ist gegenwärtig total abhanden ge- kommen. Noch 1880 soll er vorhanden gewesen sein. Die ge- ringen Aufzeichnungen lassen einen Schluss über Alter und Aus- 1 Vgl. cn. a. O., S. 5i. — lOO — sehen dieser Schnitzerei nicht zu. Nicht unmöglich ist es jedoch, dass sie den Schalldeckehi über den Kanzeln glich, die gerade am Ende des 17. Jahrhunderts in üppiger Formfülle des Barock in vielen sächsischen Kirchen errichtet wurden.-^ Von den Grabsteinen, die Elias Nikolai für Hermannstädter, Birthälmer und Schässburger Besteller lieferte, weicht der Grab- stein des Georg Heltner,^ (-f 1640) in der Bergkirche zu Schässbiirg durch die Art seiner Komposition ab. Während nämlich die Grabdenkmäler Nikolais, mit Ausnahme des Denk- mals des Valentin Frank ^ und des Tobias Sifft den Verstorbenen in Lebensgrösse der ganzen Figur darstellen, enthält das Grab- denkmal des Georg Heltner in seinem mittleren Teile das Relief 1 Vgl. Reichsgraf Dominik Teleki von Szeck : Reisen durch Un- garn und einige angrenzende LHnder, aus dem Ungarischen übersetzt von Ladislaus von Nemeth. Pest i8o5 S. i25ff. — Der Text der Wiener Ausgabe vom Jahre 1796 weicht hier etwas ab. — Vgl. Siebenbürgische QuaVtalschrift 81. S. 294 f In der Wiener Ausgabe lautet das nicht uninteressante Urteil des Grafen Teleki über unser Werk folgendermassen : der Sarkophag «befindet sich in einer Kapelle auf einem Hügel über der Gruft, in der Georg Apaffis Körper liegt. Auf dem oberen Teile des Monuments liegt Georg Apaffi gepanzert, aus Stein (grauer Marmor) gehauen, neben ihm sein Wappen und viele emblematische Figuren, gleichfalls avis Stein. An den vier Seiten liest man viele Inschriften; an der einen aber sind G. Apafis drei Knaben ausgehauen, wie einer tot daliegt und die andern zwei um ihn knien. Diese sind mit dem Vater begraben. Jede Ecke des Denkmals hat eine ausgehauene Figur . . . Schade, dass dieses Monument mit so vielen Schriften überladen ist, die teils des- wegeii, teils weil sie nicht überall an gehörigem Orte eingegraben sind, nicht nur des Lesers Auge ermüden und ihm widrig sind, sondern das Denkmal selbst entstellen. Ueber dem gaizen steht ein Baldachin, der aber neueren Ursprungs ist. Auch an diesem ist zu viel Schrift, worunter manche nur mit andern Worten das sagt, was die am Steine enthalt. Auch an diesem Baldachin ist das Apatfische Wappen nebst dem seiner Gemahlin in Holz geschnitzt, gemalt und vergoldet . . . Der Verfertiger des Monuments war Elias Nikolai, ein Hermannstädtcr Bildhauer, der ohne seine Kunst nach den Regeln der Aesthetik gelernt zu haben, dennoch sein Meisterwerk dargestellt hat, dass es als ein Werk damaliger Zeiten und nach dem damaligen Geschmack beurteilt, in jeder Rück- sicht schön genannt w^erden kann. Indessen lasst sich auch jetzt noch, mit kritischen Augen betrachtet, viel Kunst und Schönheit darin finden, und des Künstlers wird mit verdientem Lob gedacht. Das Denkmal ist in Siebenbürgen um so viel merkwürdiger, da es daselbst kein ahn- liches gibt.» Die letzte Behauptung ist falsch. Vgl. S. 97. 2 Vgl. Friedrich Müller: Die Schassburger Bergkirche, Archiv des Vereins 1. s. Landeskunde I, S. 327. 3 s. Taf XXII, 2. — lOi — einer ganzen Familie: Vater, Mutter, drei Töchter und drei Knaben, alle in altsächsischer Tracht, die weiblichen Personen in gefälteltem Kirchenmantel mit Gürtel und dem „bortenen" Kopfputz, die Knaben mit Leibbinden und weitärmeligen Ober- kleidern , der Vater in dem Festgewande der städtischen Bürger mit „Dolman" und „Mente". Oberhalb dieses Reliefs befindet sich ein Wappen von Engeln gehalten mit einem Gewinde von Blumen und Früchten umgeben, in dessen Mitte man einen Rosenstock mit drei Blüten und eine geöffnete Schere erblickt — offenbar eine symbolische Umschreibung der Vergänglich- keit und des Todes. Auf diesem Schilde lesen wir : „Selig sindt die Barmherzigen. Georgius Heltner", und unterhalb des Rosenstockes: „Auf dein gross martrsterben und leidn komn wir o Herr zu dir bescheydn." Das untere Drittel des Steines füllt die Inschrifttafel aus mit dem offiziellen Poem darauf: «Epitaphium Hic tibi mortales Georgio fieltnere relictas Exuvias madidis ponimus ecce genis Heu medio vitae cursu suspicat ademtu Quae tibi pars vitae Sacrae perta fuit, Manibus ista tuis tuis damus ast ubi Me vocat ecce acqueus jungar ut sponsa tibi. Sculps(it) Elias Nicolai.» Erst sechs Jahre später begegnet uns eine neue Arbeit des Meisters. Es ist dies der schönste Grabstein, den er geschaffen. Das W erk ist dem Andenken des Sachsenbischofs Georg Theilesius (t 1646) gewidmet.^ Der 242 cm hohe und ilO cm breite Stein ist in der Sakristei der ev. Kirche zu Birthälm, dem alten Bischofs- sitz, aufgestellt. In Lebensgrösse und in vollem geistlichem Ornat ist die achtunggebietende Gestalt des heimgegangenen Bischofs dar- gestellt. Das Auge ist geschlossen, über dem Antlitz des prächtigen Kopfes mit dem langen Patriarchenbart und der hohen Stirn ruht ein Hauch des Friedens. Nicht ein Totenportrait wollte der Künstler geben, sondern den schlafenden, sanft ruhenden Mann. Wahrlich schön ist ihm das gelungen — man vermeint in dem stillen Raum der Sakristei die Atemzüge des Schlummernden zu hören und doch liegt über dem Gesicht die Wehmut des Scheidens, der 1 s. Tat. XXII, I. — 102 — Schmerz des Sterbens ausgegossen. Nicht die höchste Kunst ist in dem Werk zu suchen, denn es hat es keiner der Grossen und Unerreichten geschaffen, aber dennoch verkörpert es das tiefe Ge- fühl eines lebendigen, warmen Künstlerherzens. Die hischrift des Buches im rechten Eck zu Seiten des Kopfes besagt: „Georg(ius) Theilesius Sentagaten(sis) ^ per Anagra: surge age selecte sancta sentis, surge, age selecte hei! nam gaudia sentis Olimpi, sancte tibi Jesus, quae bone serve ! dabit." Die Umschrift, in Initialen gehaken, lautet: „Praesulis hoc clari Theilesi, lassa Georgi Sarcophago, laudem membra labore cubant. Fervidus et gravis docuit qui dogma Lutheri, Secula cui similem pauca, tulere virum. In domino placide mortuus hic Bir- thalbini pastoratus et Episcopatus sui Ecc(lesi)arum Saxonicarum An(n)o 19. Aetat(is) suae 64. Mense Decembr(i) Die S(ancti) Andr(eae) Anno Christi 1646." Auf dem Kissen, auf dem die Füsse des stehenden Bischofs ruhen, befindet sich die 'Signatur: „Fecit Elias Nicolai." ^ Das ornamentale Beiwerk erscheint hier auf das Notdürftigste beschränkt. Das Evangelium in der einen, ein Wappen mit einem aufrecht stehenden Löwen in der anderen Ecke, beide von kleinen Engeln gehalten, ist alles. Der Nachdruck liegt in der künstlerischen Konzentration des Kopfes. Sechs Jahre nach Georg Theilesius starb dessen Nachfolger im Amte Christian Barth (f 1652).^ Auch ihm hat Elias Nikolai den jetzt in der Sakristei der Birthälmer Kirche aufgestellten Grabstein verfertigt und sich dabei im wesentlichen an die Kom- position des Theilesius'schen Epitaphiums gehalten. Dass der in voller Amtstracht abgebildete Bischof mit der linken Hand einen grossen Anker an sich presst, ist künstlerisch wenig vorteilhaft und es scheint, als habe der Künstler dieses Motiv auf besonderen Wunsch seines Auftraggebers verwendet, denn der Grabstein wurde 1649, ^ilso noch zu Lebzeiten Barths hergestellt. Die Por- traitähnlichkeit des Verewigten ist dadurch verbürgt, Die ausser- 1 Sentagatensis ist die latinisierte magyarische Bezeichnung für «der Agnethler». Agnetheln heisst magyarisch Szent-Agota. 2 Vgl. hierzu die laschritten bei Johann Michael Sa'zer : Der königl. freie Markt Birthalm in Siebenbürgen. Wien 1881. S. 401 f. 3 s. Tafel XXII, 3. — 103 — ordentliche Lebenswahrlieit können wir auf das Arbeiten nach dem lebenden Modell zurückführen. Die aus^^esprochene Neigun^^ Nikolais nach möglichst grossem Realismus konnte sich hier voll ausleben und so ist die Frisclie der Wiedergabe des Kopfes mit dem kahlen Schädel, den starken Backenknochen, dem rund ge- schnittenen Vollbart, in dem sich der Nikolaische Stil der Haar- behandlung wiederfindet, entstanden, die das Können des Meisters im besten Lichte zeigt. Die Komposition weicht insoweit von dem vorigen Grab- steine ab, als die Gestalt vor einen Rundbogen gestellt ist, der von zwei schmalen Säulen getragen wird. Auch hält der Bischof statt des traditionellen zur Amtstracht gehörigen Tüchleins wie schon bemerkt, einen Anker als Symbol des festen Glaubens in der linken Hand. F'erner fehlt hier die Taube, die sich über dem Haupte des G, Theilesius befindet und ihre Flügel vor einer flammenden Sonne ausbreitet, in deren Mitte das Wort: n^PI^ eingemeisselt ist. Zwei geflügelte Engelsköpfchen in den beiden oberen Ecken sind der ganze Schmuck unseres Grabsteins. Ebenso wie bei dem Epitaphium des Georg Theilesius hat Nikolai auch hier die Falten des Gewandes lang ausgezogen und nur an den engen Aermeln durch bewegtere, kleine P\ältchen für Abwechs- lung gesorgt. Das Material besteht bei beiden Grabsteinen aus einem fein- körnigen, graugelben Sandstein, die Ausführung ist genau und sorgfältig. Die Ausmasse des Barthschen Grabsteines betragen 211 cm in der Höhe und 103 cm in der Breite. Die Inschrift auf dem Anker lautet: „Anchora meae salutis gratia Patris per Christum aquisita." Die in Initialen verfasste Umschrift besagt: „Praesulis hoc tumulo praeclari membra quiescunt: Christiano cui nomen et omen erat ! Barth cognomento: patriae lux, nobile sidus Saxonicae nostrae firma columna domus. Anno aetatis suae 55 adhuc vivus exculpi curabat, mense Majo anno 1649. Denatus vero 16. Julii anno Dei-hominis 1652, vixit itaque annos 58. Fecit Elias Nicolai."^ Im Jahre 1648 war Valentin F r a n k,^ Graf der säch- sischen Nation gestorben. Ihm einen Grabstein zu setzen wurde ' Vgl. die Inschrift bei Salzer, a. a. O., S. 404. — 104 Elias Nikolai beauftragt. Er hat auch diese Aufgabe mit feinem Geschick gelöst und in den Kopf des schlafend dargestellten Mannes jene köstliche, atmende Ruhe gelegt, deren plastische Verkörper- ung seine eigentliche Meisterschaft ausmachte. Keiner seiner sie- benbürgischen Zeitgenossen kam ihm darin gleich, und da er da- bei alle charakteristischen Merkmale der Kopfbildung und alle Eigentümlichkeiten der Gesichtszüge beizubehalten wusste, so war er im Besitze jenes Künstlertums, das seine Werke zu beseelen verstand. Aber nicht wie auf den Grabsteinen der Bischöfe Thei- lesius und Barth gab er hier die ganze Figur, sondern nur ein Kniestück. Die Einfügung des Wappenschildes und der Inschrift- tafel in die Komposition des Werkes mag wohl über besonderen Wunsch der Besteller erfolgt sein, und nicht ohne inneres Wider- streben wird er auf die Darstellung der ganzen Gestalt verzichtet haben, liebte er doch eine einheitliche und möglichst einfache Komposition. Die Auffassung des Kopfes, die prächtige Weich- heit in der Behandlung des Haares, der ruhige Fluss der Kleidung, und die ungezwungene Haltung der Hände zeigen seine bild- nerischen Fähigkeiten von der besten Seite. Diesmal hat er, was die äussere Form anbelangt, das oblonge Rechteck der Grabsteine an den Ecken beschnitten und sein Hochrelief in eine halbkreis- förmige Nische gestellt und die dadurch entstandenen Dreiecks- flächen mit geflügelten Engelsköpfchen ausgefüllt. Frank trägt das sächsische Patrizierkostüm. Elias Nikolai war gewiss kein Künstler in dem Sinne, in dem man von Michel Angelo oder Canova spricht, aber er war in den Schranken seiner Begabung ein Mann von klaren Zielen und liebenswürdigem, niemals banalem Ausdruck. Er sah nicht nach den Sternen und verlor deshalb den Boden nicht unter den Füssen. Was im Bereiche seines Könnens lag, hat er zum höch- sten Grad des für ihn Erreichbaren erhoben. So kommt es, dass alle Köpfe auf den von ihm geschaffenen Grabmonumenten einen gemeinsamen Zug aufweisen, den Zug beseelter Ruhe in Ver- bindung mit einem gemilderten Realismus und fast möchte man meinen, dass er, um diese Verbindung erreichen zu können, seine Gestalten stets im Zustande des Schlafes dargestellt hat. Die Umschrift dieses Werkes ist nicht in erhabenen Buch- staben ausgeführt, wie sie Nikolai sonst bevorzugte, sondern in — 105 ~ eingravierten Initialen und lautet: „Monumentum generosi, pru- dentis ac circumspecti domini Valentini Frank civit(atis) Cibin- iensis judicis regii et Saxonum comitis. viri de patria optime meriti in Christo superatis vitae huius fragilitatibus beate obdor- mientis anno Christi 1648 die 10 Mali aetatis 57." Auf der Inschrifttafel., die den unteren Teil des Grabsteines einnimmt, liest man in poetischer Form: oHaec loca qui transis, consiste parumper amice, Valentini hic Franc ossä sepulta jacent. Quis fuerit, quaeris? Pietas, res, virtus et aequum Dicet et in sera posteritate canet. Consul erat patriae bis binos urbis et ununi Annos posl comitis ciaret honore tribus.» Die Signatur lautet: „Fecit Elias Nicolai".^ Franks Grabstein wird in der Vorhalle der Hermannstädter ev. Pfarrkirche aufbewahrt, ist aus Sandstein gehauen und bemalt. Ob Nikolai aber bei allen seinen Skulpturen von der Farbe Ge- brauch gemacht hat, lässt sich als sicher annehmen. An den beiden Birthälmer Grabsteinen finden sich Spuren einstiger Be- malung. Dass die Polychromierung plastischer Arbeiten ihren Rea- lismus erhöhen kann, ist gewiss. Die Sache lag im allgemeinen so, dass man sich im 17. Jahrhundert in den meisten Fällen für bemalte Skulpturen entschied. Ebenso, wie bei dem Grabstein des Valentin Frank hat Ludwig Reissenberger bei dem ebenfalls in der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche befindlichen Grabstein des Bürger- meister s T o b i a s S i ff t ("t" 1651) auf Elias Nikolai als den Urheber hingewiesen.^ Die aufgefundene Signatur: Fecit Elias Nicolai bestätigte die Annahme. Entgegen seiner sonstigen Ge- wohnheit hat sich Nikolai, statt das Portrait des Verstorbenen zu geben mit der Darstellung des Wappens begnügt. Als Schmuck dienen zwei Engel als Schildhalter, geflügelte Engelsköpfchen in den oberen Ecken und unterhalb der Inschrifttafel ein schlafender Knabe, als Genius des Todes, wie er so oft angetroffen wird. 1 Vgl. Wenrich, n. a. O., S, 54. 2 Vgl, Reissenberger^ Text zu den «KirchUchen Kunstdenkmalern aus Siebenbürgen». Wien 1887. S. i5. io6 - Die Randschrift des Grabsteines lautet : „Sepultura ampliss (imi) ac cosulti(ssimi) viri D(omini) Tobiae Sifft Consularis quondam Or- bis Cibin(ii) meritiss(imi) obiit Anno Christ(i) 1651 die 10 Marti aetatis suae 58. Fecit PLlias Nicolai." Die Aufschrift lautet: «Epitaphium. Ecquis in hoc tumba requiescit morte peremptus? Umbra refer defuncti corporis. En Tobias Quod genus hic vitae quas est sectatus et artes Vivus adhuc? Functi corporis umbra refer. Urbis honoratus rexit bene Consul habenas Jura(ue) Cibiniae civibus aeque tulit. Acer erat scelerum vindex et cultor honesti. Hei nos ! hei cives! hei cadit ante diem ! Quis vero hoc elogo decoravit carmine marmor? Pro mentis gratum, quem decet esse cliens: Haec is scripta dabat, quo nata nepotibus essent Venturis olim. Caetera tumba tegit.»i Was Elias Nikolai sonst an grösseren Arbeiten geleistet hat, entzieht sich nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung un- serer Kenntnis. Jedenfalls hat unser Meister seinen Lebensunter- halt nicht ausschliesslich als Bildhauer erworben, denn dem Gebrauch der Zeit entsprechend war er wohl auch Architekt oder wenn wir uns deutlicher ausdrücken dürfen : er war auch Maurermeister. Mehr als einmal wurden schon in früherer Zeit Steinmetz- meister als Erbauer von Klöstern, Kirchen und Kapellen urkund- lich erwähnt. Der Steinmetz und Bürger von Kronstadt, Meister Konrad hatte um das Jahr 1454 bei dem Bau der Klöster von Tövis und Boythor mitgeholfen; 1496 wird der Steinmetz Georg Daum für die Erbauung einer St. Leonhardskapelle in Senndorf bei Bistritz mit 20 Gulden bezahlt, i486 übernimmt der Her- mannstädter Steinmetz, Meister Andreas die Renovierung der Grossauer Servatiuskirche und an dem Schässburger Dominikaner- kloster hatte der Steinmetz Benedikt Servet mitgearbeitet.^ In den Bildhauern erblickte man Vertreter des Baugewerbes und aus diesem Grunde waren sie Mitglieder der Maurerzunft, wie es auch 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 10 1. Vgl. Wenrich, a. a. O., S. 44 ff. Hier auch die urkundlichen Belege. — 107 ~ Elias Nikolai gewesen. So kam in den Künstlern jener Tage kein Künstlerstolz auf und deshalb hat auch unser Meister kleinere Arbeiten auszuführen nicht verschmäht. Der Mann, der den Sar- kophag für den Magnaten Georg Apaffi geschaffen hat, hat ohne weiteres auch Bauten, Türstöcke, Torbogen und Kleinigkeiten übernommen. Eine dieser Kleinigkeiten ist erhalten geblieben. Es ist das Wappen des Christian H i r s c h e r und des Michael Weiss aus dem Jahre 1650, das früher an dem Hermannstädter Hause, grosser Ring Nr. 4 angebracht war und sich gegenwärtig in der archaeologischen Sammlung des Bruken- thalschen Museums befindet. Auf dem länglichen Stück liest man: „Chrf^tiani Hirscherii defecit mascula proles. Michaelis Weissi mox quoque deficiet. lUiiis ergo domus fuero, cui jure perenni Me Dens et Weissi stirps generöse dabit. Fecit Elias Nicolai. 1650."* Das letzte uns bekannte und beglaubigte Werk des Meisters ist ebenfalls eine Kleinigkeit, dazu in Holz gearbeitet, ein Epi- taphium zum Andenken an den Königsrichter und Sachsengrafen Michael A g n e t h l e r ("j" 1645), das nichts Bemerkenswertes dar- bietet, als die Tatsache, dass Elias Nikolai in der Holzschnitzerei wenig Uebung sein eigen nannte. Die beiden Engel als Wappen- trägerin der Bekrönung, die Johannesstatuette in dem rechten Seiten- stück — die vierte Figur ist verloren gegangen — sind wirklich hölzern. Sehr schön ist das Oelbild in dem Mittelstück mit einer Auferstehungsdarstellung, doch ist es nicht erwiesen, ob es Nikolai selbst gemalt hat. Auf der Rückseite des Epitaphiums ist mit Oelfarbe angeschrieben: „Fecit Elias Nicolai." Das Epitaphium ist ebenso wie das Bild schlecht erhalten und wird gleichfalls in der archäologischen Sammlung des Brukenthalschen Museums auf- bewahrt. Im Anschluss an das Nikolai-Oeuvre haben wir uns mit einem Werke abzufinden, das fälschlich dem Elias Nikolai zugeschrieben worden ist. Es ist dies der Grabstein des Bürgermeisters Stefan Man {f 164.7) i^i der Bergkirche zu Schässburg, der ganz im Gegensatz zu der von Nikolai stets beobachteten Ge- i Vgl. Emil Sigerus: Datierte Werke des Elias Nikolai. Korre- snondenzblatt des Vereins für siebenburgische Landeskunde. XXIX, S. 71 und Eber, n. a. O., S 112. — 108 — • wohnheit nicht signiert ist. Wichtiger ist das Ergebnis der stil- kritischen Untersuchung. Die lebensgrosse Darstellung des Bürger- meisters ist befangen, eckig und höchst unbeholfen ; in dieser Figur ist keine Spur von jener Leichtigkeit in Linienführung und Formbeherrschung zu finden, die man bei Elias Nikolai zu finden gewohnt ist. Der Kopf des Dargestellten bot dem Meister dieses Grabsteines Schwierigkeiten , aus denen er nicht frei kommen konnte. Er ist geradezu verzeichnet und Nikolai war, wie aus allen seinen Arbeiten hervorgeht, ein gewandter Zeichner. Die viel zu weit auseinander liegenden Augen , die wulstigen Lippen, die glatte Haarbehandlung ist nicht Art des Elias Nikolai. Die linke Hand ist so weit nach unten gesetzt, dass der unter dem langen Mantel verborgene Arm unnatürlich lang gedacht werden muss; einen solch auffallenden, anatomischen F'ehler hätte Nikolai nie- mals begangen. Auch in technischer Beziehung herrscht bei weitem nicht jene Feinheit, die den Beschauer Nikolaischer Werke zu erfreuen vermag ; das zeigt sich besonders in der Kleidung ganz deutlich. Der Faltenwurf sucht allerdings Naturtreue, aber er ist zu schwer und derb, um überzeugen zu können. Nun lässt sich nicht leugnen, dass der Mansche Grabstein an die Art des Elias Nikolai erinnert, besonders in den allge- meinen Umrissen der Komposition, ja man darf, wenn man auch die gleiche Hand nicht zu erkennen vermag, von einer direkten Abhängigkeit sprechen. Der Grabstein des Bürgermeisters Stefan Man in Schässburg ist dem Grabstein des Bischofs Georg Theile- sius in Birthälm^ nachgebildet worden ! Dass der erste mit offenen, der zweite mit geschlossenen Augen dargestellt worden, ist leicht erklärlich. Der Schüler wollte den Meister überbieten und über- sah, dass das, was er besser machen wollte, das beste Können seines Meisters umfasste. Mit einer kleinen Abänderung ist Nikolai kopiert worden. Die Art, wie Nikolai seine Grabsteine an den Rändern nach Innen abdacht, um für das Hochrelief der Gestalt Raum zu schaffen, die Sonne mit dem Worte T^^TV, die beiden Wappen in den oberen Ecken, die Aeusserlichkeiten also kehren wieder — aber wo bleibt der innere Gehalt, den Nikolai seinen Figuren zu geben verstand, wo das Leben, wo die feine Stilisierung? 1 s. Tafel XXII, i. — 109 — Wenn nun Müller sa^t: „Ich halte auf Grundlage der Gleich- zeitigkeit und der auch in der unverwüstlichen Malerei sich offen- barenden hohen Vollkommenheit den unter 2 (Grabstein des Georg Heltner)^ aufgeführten Nikolai für den Schöpfer auch dieses Werkes wofür ihn auch die Sage erklärt,"^ so können wir diese Behaup- tung nicht zu der unsern machen. Die Beschreibung aber, die der verdienstvolle Begründer der siebenbürgisch-sächsischen Kunst- geschichte von diesem Grabstein gibt, ist so genau, dass sie kaum übertroffen werden kann. Sie sei deshalb hierher gesetzt: „Eine Männergestalt halb erhaben gearbeitet, ^'4." hoch, nimmt fast die ganze Breite des Steines ein. Der Anzug derselben be- steht aus einem geblümten dunkelblauen Rock, bis zum Boden reichend mit gninem Aermelaufschlag, in der Mitte durch eine rotseidene Binde zusammen gehalten, darüber ein blauer Doll- man ^ weiss gefüttert mit einem kurzen Kragen aus feinem Rauchwerk, durch eine rotgerandete Agraffe am Halse geschlossen. Die linke mit einem Siegelring geschmückte Hand hält ein weisses am Rand mit Blumen gesticktes Schnupftuch und einen Strauss von Rosen, die rechte den hohen Rohrstock mit einem wahr- scheinlich goldenen Knopf. Das graue Haupt ist entblösst, die Haare sind in der Mitte gescheitelt ; ein langer weisser Bart fliesst auf die Brust herab, ein stark gedrehter Schnurrbart ziert die Oberlippe. An den Füssen bemerkt man rund geschnittene, oben mit einer Nat versehene Stiefel. Rechts von dem Standbild in der oberen Ecke ist das Wappen angebracht: aus der Krone stei<^t ein Löwe mit offenem Rachen ; das Schild zeigt eine männliche Figur in rotem Oberkleide mit kurzen A ermein, unter denen das grüne Unterkleid hervorblickt, von grüner Leibbinde gehalten, die Rechte schwingt ein mächtiges Schwert mit einem Kreuzgriff, die Linke hält einen Ring empor. Links von dem Steinbild ist wieder ein Wappenschild, darin der Spruch : „Spes mea Christus." Die Umschrift lautet: „ Ampliss(imi) et circum- 1 Siehe S. 100. 2 Friedrich Müller, a. a. O., S. 33o und Archäologische Skizzen aus Schassburg. Archiv des Vereins für siebenbürgischc Landeskunde. Bd. II, S. 428. — Wenrich, a. a. O., S. Sj. 3 Den Mantel, den der sächsische Bürger nur über die Schuher hing, heisst «Mente», wahrend mit «Dolman» das Untergewand, der Leibrock bezeichnet wurde. — 110 — spect(i) viri d(omi)ni Stephaiii Man urbis Se^^esvar^ aedituo, 5 consulis An 14 meritus: qui obiit anno 1647 die 4. Oct(o)br(is) aetat(is) suae 57. terra est sordida, sit beata quamvis auro, tum varijsq(ue) picta gemmis. Culmen cerne beationis hic vere, liic bonitas quiesqiie." — In der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche werden unter der grossen Anzahl von Grabmonumenten vier Denkmäler aufbewahrt, die in hohem Grade für die Geschichte der Plastik in Siebenbürgen von Bedeutung sind. Es sind Portraitgrabsteine, die die ganze Gestalt wiedergeben und einem ausgesprochenen Realismus huldigen. Ohne Frage von künstlerisch sehr veran- lagten Meistern geschaffen, reihen sie sich den Werken des Elias Nikolai würdig an, ja, in einzelnen Zügen ragen sie über sie hinaus. Dabei weisen sie untereinander doch ein so grosses Mass von auseinandergehenden Eigentümlichkeiten auf, dass sie stilistisch voneinander nicht beeinflusst worden sind. Dabei zeigt es sich, dass das älteste Werk trotz des Mangels an perspektivischer Rich- tigkeit, die meisten künstlerischen Vorzüge und das jüngste trotz der sicheren Behandhmg des Reliefs und der dadurch gebotenen perspektivischen Verkürzungen tiefer steht, als das älteste. Die vier Werke, von denen hier die Rede ist, sind die Grabsteine der K ö n i g s r i c h t e r Valentin S e r a p h i n (f 1689), ^ A n- dreas Fleischer (f 1676),^ Mathias Semriger (f 1680)^ und Petrus Weber (f 1710).^ Wenn man den Grabstein des Sachsengrafen Andreas Fleischer und den des Sachsengrafen und Königsrichters V a - 1 e n t i n S e r a p h i n nebeneinander stellt, wird man kaum glauben, dass die Entstehungszeit der beiden W^erke nur um ungefähr 40 Jahre auseinander liegt. In der Fleischerschen Grab- platte ein durch nichts gemildertes Bestreben nach rücksichtsloser Naturwahrheit, in dem Denkmal Seraphins ein Realismus, den man nach der Art seiner Behandlung kaum anders, als Stili- sierung der Wirklichkeit bezeichnen kann. Und trotzdem erhält ' «Segesvär» ist der magyarische Name für «Schassburg». 2 s. Tafel XVIII, 2. s s. Tafel XXIII, 3. 4 s. Tafel XXIII, 2. 5 s. Tafel XXIV, 3. 6 s. Tafel XVIII, 2. — III — man, wie bei den Skulpturen des Elias Nikolai den Eindruck, als sei die untersetzte Gestalt mit dem schweren Pelzmente, dem wohl- genährten, etwas nach links gewendeten Gesicht mit den strengen Augen und dem stattlichen Vollbart dem Leben abgelauscht wor- den. Die Stellung der beiden mit schwerem Schuhwerk beklei- deten Füsse ist freier und richtiger beobachtet als auf dem Grab- stein des Andreas Fleischer. Der Schmuck des Steines ist auf ein Minimum reduziert, da er nur aus zwei Engelsköpfchen in den Ecken zu Seiten des Kopfes besteht. Die Umschrift be- schränkt sich auf die notwendigsten Daten. ^ Stilisierte Plastik ! Der Grabstein des Sachsengrafen Valentin Seraphin ist keine vereinzelte Erscheinung. Man kann geradezu sagen, dass die Stilisierung von Bart, Tracht und Haltung zu den immer wiederkehrenden Zügen der siebenbürgischen Plastik im 17. Jahrhundert gehört. Das findet man an dem Grabstein des Gross-Schenker Pfarrers Paulus Whonner (gestorben 1639)^ ebenso, wie an vielen anderen Werken, besonders auch an den Kron- städter Grabdenkmrdern. Selbst Elias Nikolai hat sich, wie wir angedeutet haben, ^ von dem Drang nach einer Behandlung der Formen im Sinne einer stilisierten Bearbeitung von Gewandfalten und Haaren gerne und konsequent leiten lassen. Allerdings fragt es sich, ob diese Stilisierung bei allen Meistern, die von ihr Ge- brauch gemacht haben, eine Folge bewusster absichtlicher Ueber- arbeitung der naturgetreu beobachteten Formen gewesen, oder ob sie als ein Produkt der werkstättischen Ausbildung des be- treffenden Bildhauers zu betrachten sei, der sich in der Darstellung von Gegenstrmden und Körperformen, ebenso gut wie in der Kom- p;;sitionsart an bestimmte handvv^erklich überlieferte Typen anlehnte. Die begabteren Meister haben, so dürfen wir vielleicht die Sache fassen, mit Bewusstsein stilisiert, die weniger selbständigen sind in den vorgezeichneten Geleisen weitergegangen. Bei jenen war es Stil, bei diesen Manier, bei jenen war es eigene Auffassung, bei diesen Befangenheit in der Ueberlieferung, schematische Arbeit. 1 Bei Möckesch; a. a. O., S. 71 ist die Umschrift unvollständig wiedergegeben; «Valentinus Seraphin 1. R. C. (judex regius Cibiniensis) obiit 20 Junii 1639.); s. Tatel XVni, 3. 3 Vgl. S. 96. — 112 — Wie in den Ateliers vielbeschäftigter Meister Gesellen und Lehr- jungen Edelsteine, Schmuckgegeiistände, Kleidungsstücke nach feststehenden Rezepten malten, so ist in ähnlicher Weise mancher Grabstein nach der fertigen Schablone entstanden. Freilich Hessen sich nicht alle Geister in solchen Formalis- mus einspannen ! Mit Bewusstsein durchbrachen sie die Fesseln einer nüchternen Auffassung und gedankenlosen Ausübung der Kunst. Das tat in dieser Zeit Elias Nikolai, das tat der Meister des Fleischerschen Grabsteines. Zu den schönsten Reliefgrabplatten gehört das Denkmal des Sachsengrafen und Königsrichters .Andreas Fleischer (f 1676^*0^ Die unnatürliche Haltung der Hände und die mit den Haken gegen- einander gekehrten Füsse, der etwas zu kurze Hals sind offenbare Mängel, die bei den übrigen hervorragenden Vorzügen der Arbeit nur als eine Folge der Entwicklung und Ausbildung des Künstlers be- griffen werden können. Der Mann, der diesen Grabstein ge- schaffen hat, war entweder ein Autodidakt oder er hat eines tüchtigen Vorbildes, der Unterweisung in einer guten Werkstätte zu entraten gehabt. Die beiden anmutigen Putten in den oberen Ecken des Steines beweisen, dass nicht mangelnde Begabung die betonten Unrichtigkeiten verschuldet hat, sondern die Unkenntnis der perspektivischen Verkürzung, wie sie jedes Relief beansprucht. Das künstlerisch Bedeutende dieser Grabplatte ist der Kopf des Andreas Fleischer mit seinem harten, bis auf die Fältchen der Haut und die Haare des Bartes und Kopfes gehenden Realismus, der durch die polychrome Behandlung des ganzen Werkes noch ge- steigert wird. Man hat durchaus das Gefühl, dass der Kopf so gewesen ist, wie er hier am Stein geformt uns erscheint, und die scharfe Individualisierung macht die Portraitähnlichkeit glaubhaft. Vielleicht geht man nicht fehl, wenn man anninunt, dass die über- zeugende Wahrheit in der Wieder^^abe des Schmerzenszuges im Gesichte nur auf das Arbeiten nach dem lebenden Modell zurück- zuführen sei, wie es ja nicht selten geschah, dass man noch bei Lebzeiten für seinen Grabstein sorgte, wie es der Bischof Christian Barth getan hatte.^ Hat aber der unbekannte Meister unseres 1 Vgl. Kirchliche Kunstdenkmäler aus Siebenbürgen, Blatt 10 der Tafeln, S. 18 f. des Textes. — s. Tafel XXI II, 3. 2 Vgl. S. 102 f. — 113 — Steines nur aus der P>innerung heraus geschaffen, so ist sein Können um so mehr anzuerkennen. Die (iestah des Dargestellten ist in das bekannte und au der Abbildung erkennbare sächsische Patriziergewand gehüllt, wo- bei nicht nur das Pelzwerk, die Knöpfe und der Gürtel wahr- heitsgetreu wiederge;^el)en sind, sondern auch das Brokatnmster des Doinian. Das dekorative Beiwerk besteht in dem von zwei schwebenden Putten getragenen Wappen, einem Kruzifix auf einem Tischciien, und aus den beiden Kindergestalten, die die Inschrift- cartouche halten. Auffallend ist es, dass das Mente nicht nur umge- hangeii ist, wie las sonst regelmässig der Fall war, sondern dass die Aermel uber^iezogen sind. Der Wortlaut der vorteilhaft kurzen Inschrift besagt: „.^pectabi(lis) gener(osus) ac ampl(issimus) D(omi)- n(us) Andreas Fleischerus illustr(is) Transyl(vaniae) principis con- siliar(ius) intim(u^) et metr(jp(olis) cibin(ien)>^(is) judex reg(ius) et Saxonum in Tran(sylvani)a comes obyt in D(()mi)no anno MDCLXXVl die V. men(sis) Fe'bruarii) aetat(is) LVI Annorum . . . Z. In te domi,ne speravi non ronfundar in aeternu(m)." Den Künstler, dem die Grabdeckplatte des Sachsengrafen und Köni;^sric!Uers M a t t h i a s S e m r i g e r ("J- 1680)^ zu ver- danken ist, keimen wir gleichfalls nicht. Schon die Art, wie er die Fpigraphik auf diesem Werke anbrachte, zeigt ihn als einen Mann, der seine eigenen Wege ging. Fr hat die Inschriften auf drei Medaillons, deren beide unten in den Ecken befindliche von Genien gehalten werden, eingemeisselt. Das Bildnis Semrigers ist in Hoch- relief ausgeführt. 1 >ie lebensgrosse Gestalt trägt den knopfreichen Dolman, der über dem Leib vom Gürtel zusanmiengehalten wird, und das mit Horten und s. Tafel XXV, 3. — 134 — Aulae consultor varios avertere casus Et docius varias saepe subire vices Gens patria hunc comitem, vocat hunc Aula alma dynastam Colomannum bis titulis posthuma sec(u)la vident.» Von der üblicben Komposition der Wappengrabsteine weicht das Grabdenkmal des Sachsengrafen Michael Agnethler {-f 1645) insoweit ab, als die gewöhnliche Um- schrift fehlt und sich oberhalb des Wappens in einer Cartouche mit aufgerollten Rändern eine Inschrift und auf der unteren Hälfte des Steines, die vollständig ohne Schmuck geblieben ist, eine zweite Inschrift vorfindet. Das Wappen von zwei Engeln gehalten ist zwar gut gezeichnet, reicht aber in Bezug auf Schwung und Gewandtheit der Formgebung an keines der vorigen Werke heran. Der Grabstein befindet sich ebenfalls in der Ferula der Hermann- städter Stadtpfarrkirche. Die Inschrift des oberen Teiles lautet : «Memoriae posteritatis Ne pergas, Heu ! Viator quin potius, Si vacat, accede, Et postqaum pauca cognoveris, Rem tuam curatum, abito.» Die untere Hälfte des Steines hat folgenden Inhalt : «Hic Situs est, cognoscere vis? Michael Agnethler, Regius judex Cibiniensis. Vir fuit Ingenii virtute et solertia magnus, Consilio promptus, religione purus, Vita integerrime acta clarus Collapsorum paucorum instaurator diligens, Qui Senator existens Ob prudentiam singularem Exemplor(um) vetustor(um) peritiam miram Per omnium bonorum gradus Ad consulatum urbis Et deinde consensu sereniss(imi) principis Ad regium judicatum progressus, De re publ(lica) patr(ia) et omnibus Bene (meritus) Obiit {anne 1645. die 18. Maji aetatis 5g.) Der erste Grabstein, an dem sich das Barock vor- zudrängen weiss, ist dem Andenken des Christo phorus Offner (-f 1 574) und des Christophoriis Greising ("f gewidmet. Stilistisch kann diese Skulptur nur im 17. Jahrhundert entstanden sein, woraus sich als weitere F'olge ergibt, dass die Familie des Christophorus Greising durch diesen Grabstein auch den vor 81 Jahren heimgegangenen Grossvater ehren wollte. Die Komposition des Steines besteht aus der in der Mitte befindlichen Inschrifttafel und den beiden Wappen, von denen das obere durch die beiden Buchstaben C. G. als deni Christophorus Greising gehörig, das untere aber durch die Buch- staben C. O. als das des Christophorus Offner bezeichnet wird. Das ornamentale Beiwerk besteht aus echt barocken Schnörkeln und Hörnern, aus tiefausgebauchten Medaillons, aus Tauben, Peli- kanen und Fruchtgewinden. Die Art, wie die Umschrift auf den nach innen abfallenden schmalen Flächen angebracht ist, findet sich sonst nicht, enthält aber dadurch, dass die sonst übliche Umrandung fehlt, den Nachteil für die Wirkung des formreichen Steines, dass die ganze Komposition nicht straff zusammengefasst wird. Die Randschrift hat diesen Wortlaut : „Sepultura nobilium pru(dentium) ac circumsp(ectorum) viror(um) Christophori Offneri civis rei publ(icae) Cibin(iensis) et Christophori Greising tes (?) senat(oris) rei publ(icae) Coronensis, praefati Christoph(ori) Offneri nepotis, quor(um) ille a(nn)o 1574 d(ie) 5. Junii e medio viven- tium fatorum vocatione sublatus, hic vero 1655 24 No- v(embris)." Die Inschrift, auch hier in poetischer Form verfasst, sagt : «Quod nobis terra parens corpus mortale dedisti Accipis an munus jam tibi reddimus tuum. Haec niirari nimis qui legis ista dilecte Memor esto aevum sie properare tuum. Hic animam, quae a te solo est pater optime coeli Admitte, ut tuum sit sine fine manens.» 1 Während der Offner-Greisingische Grabstein in einigen wenigen Teilen, so in den aufgerollten Rändern der Inschrifttafel Erinne- 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 38. — 136 — rungen an die Renaissance besitzt, so steht das Grabdenkmal des Andreas Literatus (7 1662), das gleich dem vorigen in der Ferula der Stadtpfarrkirche zu Hermannstadt aufbewahrt wird, vollständig auf dem Boden des Barock. Im Jahre 1678 errichtet, besteht es aus drei Teilen. In der Mitte des Steines befindet sich das Wappen, umgeben von einem Lorbeerkranz, darüber ist ein Inschriftmedaillon angebracht und darunter hat ein Medaillon mit einem schlafenden Knaben, der sein Haupt auf einen Totenkopf legt und in der Hand eine Laterne hält, offenbar eine Allegorie auf den Tod als Schlaf, Platz gefunden. Natürlich v^ird von den stilistischen Elementen der Hörnchen und Bogen, der Schneckenwindungen und Spiralen, von der Stilisierung der Engelskopfflügel, kurz von allen Mätzchen des Barock aus- giebig Gebrauch gemacht. Die Umschrift lautet: „Hoc monumentum amor(is) conjugalis Annae Graffianae mortuo vivens viro nobili et strenuo d(omino) Andreae Literati (!),^ qui an(no) 1662 14 Mart(ii) ob(iit) aet(atis) 47, erigi curavit an(no) 1678." Auf dem Medaillon liest man: «Mortuus ut vivas, vivus moriaris, oportet, Asuesce ergo priusquam moriare, mori.»2 Der letzten Gruppe der Grabsteine sind die symbolischen und zusammengesetzten, d. h. aus verschiedenen Motiven, heral- dischen, allegorischen und dekorativen Elementen bestehenden Grabmonumente zuzurechnen. Schon im 16. Jahrhundert begegnet uns ein Denkmal, das ganz ausserhalb der in Siebenbürgen gebräuchlichen Motive steht. Es ist in der Form einer verkürzten Grabplatte gehalten und dem Andenken der Gemahlin des Sachsengrafen Petrus Haller von Hallerstein, Margaretha Budai^ gewidmet. Die beiden Cartouchen mit den Inschriften, der Perlenstab, das Karnies mit stilisierten Blättern als Umrahmung, in der Art vieler aus Holz geschnitzter Altarbilderrahmen ausgeführt, kennzeichnen den Renaissancecharakter des ansprechenden Werkes. Margarethe 1 Es soll heissen «Liierato». 2 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 46. 3 s. Tafel XVJ, 2. - 137 - Budai kniet mit ihren vier verstorbenen Kindern vor dem Kruzi- fixus. Die fünf Gestalten bewahren alle die gleiche Stelluno, das verschiedene Alter drückt sich in der stufenweise wiedergegebenen Grösse der Personen aus. Die Komposition der Gruppe ist dem- nach sehr einfach. Der Gesichtsausdruck der Köpfe offenbart keine höhere künstlerische Durchbildung, auch das Haupt Jesu kann nicht als schön bezeichnet werden, und doch gebührt diesem Werke besondere Beachtung, weil es nach Art und Auffassung eine Einzelerscheinung bildet. Der Grundgedanke der Gruppe ist nicht neu. Aehnliche Kompositionen, in denen die V^erewigten betend dargestellt werden, gibt es in Deutschland in unzähligen Variationen,-^ aber im Bereiche der siebenbürgisch -sächsischen Landeskirche ist von diesem Motive nur hier Gebrauch gemacht worden. Die Inschrift der oberen Cartouche lautet: „Epitaphium ho- nestae ac piae dominae Margaretae Budai egregii Petri Haler iunioris consortis quae obiit Janu. XV, MDLXVI." Die poetische Inschrift der unteren Tafel lautet : «Qu£e mihi quaterni rapuerunt pignora partus Hsec eadem vitam fata tulere meam Sic statuit de me domini firmata voluntas In cuius capio gaudia vera sinu.» Der Meister dieses Werkes ist uns nicht bekannt. — Unter den Skulpturen des 17. Jahrhunderts, die hierher zu zählen sind, nimmt wieder die älteste den ersten Platz ein. Der Grabstein des Hermannstädter Bürgermeisters Johann Roth '^-f 1617) und dessen Gattin Dorothea Rauin 1617) ist in zeichnerischer Beziehung geradezu virtuos, in technischer Hinsicht aber meisterhaft ausgeführt. Er ist aus grauem Marmor angefertigt und befindet sich in der Ferula der Pfarrkirche zu Hermannstadt. Zwei Inschrifttafeln, in der Mitte dazwischen ein Medaillon, bilden die drei Teile der Kompo- sition. In famos behandelten Renaissancemotiven, die nur hin und wieder einen geringen Zug zum Barocken verraten, schlingt sich ein Geranke und Gewinde von Früchten und Bändern, die 1 s. die Abbildung des Grabmals des Bischofs Konrad von Thüngen bei Bode, a. a. O., S. 232. — 138 — hier durch Löweiiköpfe, dort durch Greifenschnäbel festgehalten werden. In dieses reizende Darcheinanderfliessen der Linien stellt der Künstler zwei Engel als Träger des Medaillons und zwei Kinderfigürchen neben die obere Aufschriftcartouche und durch all dies erreicht er einen ausserordentlichen Reichtum der Zeichnung, deren hohe Vollkommenheit besonders in dem Pelikan des Medaillons in der Mitte des Steines zu Tage tritt. Aus den Initialen der Umschrift entziffert man folgendes: „Sepultura et memoria viri ut dignitate ampliss(imi) sie eruditione praeclari d(omi)ni Johannis Roth consulis rei pub(licae) Cibinien- (sis) meritiss(imi) et pudicissi(imae) lectiss(imae)q(ue) foeminae Dorotheae Rawin conjugis ejusdem dilectiss(imae). Quorum ille anno Chr(ist)i 1617 die Octobris 1. haec vero anno ... 8. die Maji 2 placide beateque in Domino obiere." Die Inschrift der oberen Tafel ist ebenfalls in Initialen ver- fasst, bezieht sich auf Johann Roth und lautet: «Si quis praeclarorum monumenta erecta virorum Jure tulit, factis nomina digna suis Hern tu Jane sacros Pario cum marmore cippos Es meritus vitae perpetuosque dies. Infracto fasces animo geris urbis, alroces Nec refugis vultus hostis (a)etate trucis Squalentem lacrimis patriam gentemque paternam Consilio prudens auxilioque juvas NuUa tuos igitur laudes nomenque tacebunt Secula. Posteritas haec tua facta canat. Sedibus insuper alti throni aeterna capessus Praemia, per Christ(um) regna beatus orans.» Die Inschrift auf der unteren Tafel ist der Gattin Johann Roths gewidmet und ist gleichfalls in poetische Form gekleidet ; sie hat folgendes zum Inhalt : «Hunc superis Dorothea tuum fugientem maritum Vitas et in hoc recubas contumulata loco. Non formae splendor non te pietasque fidesque De mortis potuit surripuisse manu. Nomine non solum Dorothea sed omine dicta Jura colis socynon temeranda tori. Jure igitur clarus post tristia busta superstes Te tuus ex merito sie tueatur honos.«i 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 95 f. — i39 — Eine ganz eigenartige Komposition findet sich auf dem Grabstein des Her mann Städter Stadtpfar- rers Petrus Richelius ("j* 1648). In dem oberen Teile- des Steines, der mehr als ein Drittel des Rechteckes einnimmt, ist in einer kreisrunden Fläche ein Relief mit der Darstellung der Arche Noah angebracht, über der die Taube mit dem Oel- zweig schwebt. Auf dem Bande, das um dieses Relief gelegt ist, liest man: „Vita mihi Christus mors mihi lucrum." Oberhalb der Taube ist in einem herzförmigen Eelde das Wort rV^i!T sehen. Zwei männliche Gestalten, von denen man auf der rechten Seite, vom Beschauer aus gesehen, Johannes den Täufer mit Buch und Lamm erkennt, während die auf der linken Seite stehende Figur in- folge Mangels jeglichen Attributes nicht bestimmt werden kann, flan- kieren das Rundrelief. Als Schmuck dienen mehrere geflügelte Engels- köpfchen, Früchte und die beiden Buchstaben P. R., als Abkürzung- für „Petrus Richelius". Eigentümlich ist der Gedanke, dass das ganze Relief als eine an Bändern hängende Kartouche von besonderer Form behandelt ist. Aufbewahrungsort auch dieses, aus Sandstein gemeis- selten Denkmals ist die Ferula der Stadtpfarrkirche in Hermannstadt^ Die Umschrift des Grabsteines, in lateinischen Initialen geschrie- ben, lautet: „Epitaphium reverendi et clarissimi viri domini Petri Rihelii pastoris eccle(siae) Cibiniens(is) digniss(imi) doctissimi meritis- simi, qui obiit anno Domini 1 648 die 3 1 Octobris aetatis vero suae 55." Die in ganz ungewöhnlicher Weise, nicht in der Richtung der Breite, sondern in der der Länge des Steines angebrachte Auf- schrift hat folgenden Inhalt : «Petrus eram, solido petrae fundamine nixus, Dum fiuerent vitae tela caduca meae. Nulla hinc tempestas, non fulmina saeva potentum, Non quae vana suis viribus ira furit. Sed neque tartareo quae monstra feruntur in antro, Deturbare mea me potuere petra, Una aliquid voluit mors in me, sed neque totum Subdidit imperio trux licet illa suo, Scripta mihi coelo sunt nomina, grataque multis. Fama volat fatum non subitura locis. Tu quoque te victam mors ipsa fatebere quondam In petra hac Petrus cum redivivus ero.»* 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 117 f. - 140 — Die Vorliebe für die delvorativ jedenfalls dankbaren Motive der Heraldik war allgemein. Ja, sie ging so weit, dass auf Grab- steinen von Geistlichen, die kein Recht auf die Führung eines Adelswappens besassen, symbolische Figuren, Kelche und Bücher, hin und wieder auch Gegenstände, die auf ihren Namen Bezug nahmen, als Wappenbilder verwendet wurden. Wenn auf dem Grabstein des Superintendenten Weyhrauch ein Wappen mit einem Weihrauchfass gemeisselt wurde, weshalb sollte der Pfarrer Martinus Rosaler us von Keisd nicht die Rosen zu seinem Wappen wählen ? ! Sein Grabstein ist im Chor der evan- gelischen Kirche zu Keisd eingemauert. Zwischen zwei Inschrift- tafeln mit aufgerollten Rändern befindet sich ein Medaillon mit drei blühenden Rosen, die aus einem Herzen herauswachsen. Zwei Engel halten mit einer Hand dieses Medaillon, während sie mit der andern Hand einen Kelch mit der Hostie und eine Bibel emporhalten. Unterhalb dieses Wappens schläft ein Knabe, dessen Attribute, Totenschädel und Sanduhr, ihn als Genius des Schlafes erscheinen lassen. Engelsköpfchen, Arabesken und Voluten dienen zur Verzierung der Skulptur. Die nur zum Teil lesbare Umschrift lautet : „Hoc sibimet charisque suis posuit monumentu(m) Martinus Rosalerus past(or) Kyzd(ensis) . . . Auf der oberen Inschrifttafel liest man: «Denascor Anno i65o die 21. Aug(usti) aet(atis) 61. Hic mea jam placide Rosaleri membra quiescunt, Martini hic populu(m) coelica jussa doces Lustra fere quatuor; vitam pertaes(am) acerbam In coelo jam me gaudia qua(n)ta man(en)t.» Auf der unteren Inschrifttafel liest man : «Obi(i)t in initio anni D(omi)ni Roslerianarum putresco hic 16 alba rosarum 38 Sara paret filia chara meis Sed putrescam esto in Christo 29 rursum revirescam — Extrema dederit cum tuba laeta die.» Auf dem Schriftband, das als Einfassung des mittleren Me- •daillons dient, liest man den Spruch : „Per multas tribulationes i — 141 — oportet nos intrare in re(gionem) coeloruni." Oben schliesst sich das Schriftband um eine Krone, worauf sich die Worte beziehen : „vincenti dabitur" (silicet ; corona). Als letzten Grabstein dieser Gruppe erwähnen wir das Mo- nument des Her mann Städter Senators Mi- chael Schwartz {f 1655). Die Skulptur, in der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche aufbewahrt, ist aus drei Kompositionsgliedern ohne jede ornamentale Verbindung zu- sammengesetzt. Ueber der Aufschrifttafel erhebt sich von zwei Engeln mit Blumenzweigen gehalten ein Wappen und darüber eine Darstellung des auferstehenden Christus in flachem Relief von einem Rundbogen umrahmt. Mit kräftiger Polychromierung versehen ist dieses Werk eine minderwertige Arbeit, künstlerisch sehr mangelhaft aufgefasst, allein durch den Umstand interessant, dass hier zum erstenmal eine Erzählung der Heilsgeschichte plastisch verwertet wurde. Die Wolken, von denen der Heiland emporge- tragen wird, sind schreiend ungeschickt modelliert und der Körper des Auferstehenden unrichtig wiedergegeben. Die Umschrift des Schwartzischen Monumentes lautet: „Mo- numentum viri consultiss(imi) specta(bi)lis nec non prudentiss(imi) Domini Michaelis Swarzii, quondam senatoris senioris hujus urbis fidelissimi, meritissimi, qui obiit in Domino A(nn)o 1655 die 24 Novembris aetatis 39." Auf den Säulen und dem Bogen um das Relief stehen die Worte : „Christus ut e tumulo redit ut praedixerat ante concidit illa tremens custodia caeca sepulchri." Die übrigen hischriften, die sich nicht nur auf dem Schriftband oberhalb des Christushauptes, sondern auch auf dem Rande und dem Deckel des Sarkophages befinden und teilweise stark be- schädigt sind, übergehen wir. Die Ausführung des Steines konnte durch die schlechte Be- schaffenheit des porösen und brüchigen Steines nicht besser aus- fallen, als sie ist — Obwohl die Plastik des 17. Jahrhunderts sich hauptsächlich auf das Gebiet des Grabmonumentes beschränkt hatte, so dass es den Anschein hat, als habe sie alle übrigen Aufgaben ver- gessen, so sind uns aus dieser Zeit dennoch einige Werke erhalten geblieben, die an sich den Beweis erbringen, dass sich — 142 — die Bildhauerkunst gelegentlich auch an anderen Stoffen ver- suchte. Zu den plastischen Werken, die gegen das Ende des 17. Jahrhunderts entstanden , gehört der H e r m a n n s t ä d t e r Roland, eine Sandsteinstatue, die früher auf dem grossen Ring als Zeichen dafür, dass die Stadt das Recht des Blutbanns besass, aufgestellt war, gegenwärtig aber in der städtischen Rüst- kammer verwahrt wird. Stellung und Haltung sind steif und hölzern, die Art, wie der Mann, von der Vorderseite gesehen, das Schwert anfasst, ist nicht naturgetreu beobachtet. Die Rück- ansicht ist besser. Der Umstand, dass die Figur mit Sturmhaube, Harnisch und Oberschenkelschienen und einem eij^enartigen Knie- schutz bekleidet ist und dass diese Panzerung durchaus das Ge- präge des 17. Jahrhunderts trägt, erleichtert seine Datierung. Da es aber unwahrscheinlich ist, dass in Hermannstadt erst im 17. Jahrhundert eine Rolandssäule aufgerichtet wurde, so darf man wohl annehmen, dass unsere Statue an Stelle einer älteren, zu Grunde gegangenen aufgestellt worden ist. Künstlerisch wenig wertvoll, ist sie doch kulturhistorisch von Bedeutung. — Den Skulpturen des 17. Jahrhunderts sind endlich noch die Apostelstatuen der Sc h^iss burger Bergkirche und im Museum „ A l t - S c h ä s s b u r g " beizuzählen.^ In den neunziger Jahren des lö. Jahrhunderts schuf Martin Stock den Ahar für die Bergkirch.e in Schässburg;^ da Martin Stock, der Maler, nirgends als Bildhauer bezeugt ist, es anderseits aber feststeht, dass ihm der Bau des ganzen, in unklaren Renaissance- formen aufgeführten Altares übertragen worden ist, so muss sich die Frage erheben, ob er auch der Schöpfer dieser sechs Holz- skulpturen gewesen ist, ja, es m.uss sich bei genauerer Betrach- tung der Gedanke aufdrängen, ob denn diese Statuen nicht älter seien, als der Stocksche Altar. Schon der Umstand, dass von sechs Statuen, die untereinander durch Auffassung, Ausführung und technische Behandlung zusammengehören und offenbar Werke eines Meisters sind, nur vier auf dem Altar Platz gefunden haben 1 s. Tafel XXVI, 2 u. 3. 2 Vgl. Friedrich Müller, a. a. O. Archiv des Vereins für siehen- bürgische Landeskunde 1, S. 335. Ueber Martin Stock vgl. Csaki : Führer durch die Gemäldegalerie. Hermannstadt 1901.S. 3o3 ff. — 143 — sollen, ist bedenklich. Ferner deutet der Erhaltungszustand dieser Schnitzvverke unbedingt auf ein höheres Alter hin; auch ist der Stil mit dem i8. Jahrhundert unvereinbar. Die Schässburger Gewandfiguren gehören zum Besten, was jene Zeit geschaffen hat. Die Richtung ihres Meisters war durch- aus realistisch ; dem Barock, dem damals auf Orgeln, Epitaphien und Altären ein weiter Spielraum überlassen wurde, ist hier auch die geringste Konzession nicht zugestanden worden. Man bemerkt keine Uebertreibung in Stellung und Haltung, keine Neigung zu Schwulst und Ueppigkeit, im Gegenteil ist eine strenge Beobachtung der Natur wahrzunehmen. Der Gesichtsaus- druck ist ernst, die Stellung einfach, natürlich und ungezwungen und dabei scheint diesen lebensgrossen Statuen ein gemeinsamer Zug innezuwohnen. Vielleicht erkennen wir ihn richtig, wenn wir meinen, der Künstler habe die Absicht gehabt, alle Figuren in innere Beziehung zueinander zu bringen, indem er sie in gegen- seitigem Gespräch darstellte. Die Art, wie er dieser Aufgabe ge- recht wird, zeugt von grossem Geschick. Die Ruhe des Paulus, die Leidenschaftlichkeit des Johannes kommen in den Gesten der Hände und in der Haltung der Arme trefflich zum Ausdruck. Das sorgsame Arrangement der Gewandung, durch die die Körper- formen durchschimmern, bezeugen, dass der unbekannte Künstler Herr seines Stoffes war. Es lässt sich nicht übersehen, dass diese Statuen ganz ausser- halb des Geistes stehen, den die Skulptur des 17. Jahrhunderts in Siebenbürgen sonst offenbart. Sie muten uns wie ein Zurück- greifen auf die beste Zeit des 16. Jahrhunderts an. Das einzig Barocke dieser Bildwerke ist die weisse Farbe, an deren Stelle an einzelnen Teilen der Gewandung ein Goldstreifen verwendet wird. Es handelt sich hier offenbar um die Anwendung einer künstlerisch verwerflichen Tendenz : Holzstatuen das Aussehen von Marmorbildern zu verleihen. Nicht ohne Wehmut betrachten wir diese Skulpturen, da sie doch den Schluss der Holzplastik im Sachsenlande bezeichnen. Was in der Folgezeit auf dem Gebiete •der Holzschnitzerei hervorgebracht wurde, ist zum grössten Teile allergröbster Dilettantismus, wir erinnern nur an die schrecklichen Statuen des Kruzifixus und der Apostelfiguren in der ev. Kirche zu Deutschkreuz, zu Prüden u)id Bodendorf. — U4 - Dass nun diese Skulpturen mit dem Auftrage, den Martin Stock für die Schässburger Bergkirche erhalten hatte, unmittelbar nichts zu tun haben können, geht aus einer vergleichenden Neben- einanderstellun^4 alles figürlichen Schmuckes an diesem Altar hervor. Das „obere Stockwerk" des Altars wird von zwei auf Wolken ste- henden Engeln flankiert und ausserdem beleben zwei Putten die unnötige Verlängerung des mittleren Architravs. Zwischen diesen Engeln und Putten einerseits und den Apostelfiguren anderseits bestehen die augenfälligsten Unterschiede. Die fehlerhafte Modellie- rung der Köpfe, die unruhige Gewandbehandlung, die unmöglichen Wolken, auf denen die Engel stehen, die keineswegs hervorragende Wiedergabe der nackten Kinderkörperchen kontrastieren in so eklatanter Weise mit der Güte der Apostelfiguren, dass gleichen Ursprung anzunehmen ausserhalb des Bereiches der Möglichkeit liegt. Die Wahrnehmung, dass die Schässburger Apostelfiguren im Gespräch stehend dargestellt sind, führt nun zu dem wei- teren Schluss, dass sie ursprünglich in einer Reihe aufgestellt waren. Eine Bestätigung bietet die Ueberlieferung, dass in unruhigen Zeiten aus der Bergkirche die „silbernen" Statuen der Apostel geraubt worden sind. Wir dürften deshalb nicht fehlgehen, wenn wir annehmen, dass in dieser Kirche einst- mals ein Altar stand, auf dem die Apostel zu einer grossen Gruppe vereinigt, den Schmuck desselben bildeten. Nach der in Kriegszeiten erfolgten Zerstörung und Beraubung dieses Altars wurden die übrig gebliebenen Statuen bei Seite gestellt, bis vier von ihnen auf dem Stock'schen Altar wieder zu Ehren ge- langten. — Die Höhe, die die Plastik zu Beginn des l6. Jahrhunderts erreicht hatte, war dem Geschlecht der kommenden Zeit zu er- klimmen nicht beschieden. Die Holzplastik zumal war abwärts gegangen, so weit sie überhaupt noch Lebenszeichen gab. Zu den Werken des 17. Jahrhunderts, deren Erwähung in einer Gesamtdarstellung der Plastik nicht fehlen darf, gehören die beiden Statuen der Apostel Petrus und Paulus, die auf dem abgetragenen Altar in Burgberg standen.'^ Während die 1 s. Tafel XXVII, i u. 3. — 145 — Paulusfigur eine ruhige Haltung bewahrt, zeigt die Statue des Petrus eine unnatürliche Beugung im Schluss, wie sie im Barock nicht selten beobachtet werden kann. Die Körperproportionen sind bei beiden Figuren verfehU, der Oberkörper viel zu kurz geraten, der Hals des Petrus ist zu dick und das Gesicht des Paulus von einer ganz unmöglichen Länge. Der Faltenwurf ent- behrt der Anmut und das Haar ist ungeschickt behandelt. In Summa — es sind keine Meisterwerke, obwohl mit der Ver- goldung nicht gespart worden ist. Ein Engelsköpfchen von diesem Altar befindet sich im Besitz des Verfassers. — Wir haben schliesslich einer Sitte zu gedenken, die weite Verbreitung gefunden und viel zum Schmuck und zu der künst- lerischen Ausgestaltung der Kirche beigetragen hatte. Sie bestand darin, verstorbenen Männern, seltener Frauen und ganzen Familien eine Gedenktafel zu widmen und dieselbe an den Wänden des Kircheninnern zu befestigen. Diese Sitte ist natürlich auch nichts an- deres, als ein entlehnter Gebrauch, der von auswärts in die deutsche Kolonie hineingetragen worden war. Schon im l6. Jahrhundert in einzelnen Fällen gepflegt, erfreuten sich die Gedenktafeln im 17. Jahr- hundert grosser Beliebtheit, die bis tief in das 18. Jahrhundert anhielt. Die Epitaphien sind zwar nicht immer die einfachste Form des Denkmals, aber doch die billigste Lösung der Aufgabe, der Nach- welt ein Erinnerungszeichen an Abgeschiedene zu überliefern. Wie sehr die Vorliebe für diese Zeichen der Pietät ging, beweist am besten der Umstand, dass in vielen Fällen dem Heimgegangenen nicht nur eine Grabsteinplatte, sondern auch ein Epitaphium er- richtet wurde. Stilistisch halten sie sich nicht strenge an eine Richtung, bald sind sie im Geschmack des Barock, bald in dem der Renaissance oder in einer Verbindung beider Arten ausge- führt. Meistens sind diese Gedenktafeln aus Holz geschnitzt, ver- goldet und bemalt, doch hat auch Alabaster und Stuck, hin und wieder auch Metall in gegossener und getriebener Arbeit Ver- wendung gefunden. Das Thema der künstlerischen Komposition blieb sich im allgemeinen gleich; die Mitte des Werkes nimmt entweder die Inschrifttafel ein, um die sich in abwechslungsreicher Fülle or- namentales oder figurales Zierwerk schlingt, oder es tritt an Stelle dieser Inschrift ein gemaltes oder geschnitztes Bild vorwies ROTH. 10 — 146 — ^eiid mit Bezugnahme auf den Auferstehungsglauben, wobei dann die Inschrift in eine Cartouche des Untersatzes verlegt wird. Da- durcli, dass zuweilen auch gemalte Darstellungen einzelner Fa- milienglieder in vollem Staat an den Medaillons der flügelartigen Seitenteile der Umrahmung angebracht werden, erlangen diese Epitaphien einen gewissen Reichtum äusserer Ausgestaltung nicht nur, sondern bieten auch für die Geschichte des Kostüms eine wichtige Fundgrube. Allegorische Darstellungen und symbolische Figuren sind eben so häufig verwendet worden wie heraldische Motive. Nur selten ist der Name des Meisters bekannt geblieben, aber die grosse Anzahl der erhaltenen Epitaphien und der trotz -der individuellen Auffassung der einzelnen Stücke schon durch die Natur ihrer Bestimmung geschaffene Typus beweist, dass dieser Zweig der Bildschnitzerei nicht wenige Meister beschäftigt hat. Sie konnten sich bei dem Bau solcher Gedenktafeln an ge- gebene Vorbilder anlehnen, dabei aber von ihrem Rechte der in- dividuellen Auffassung und Ausgestaltung weitgehenden Gebrauch machen. Von diesen aus Holz, Alabaster oder Metall gearbeiteten Epitaphien unterscheidet sich eine Gruppe, die in Stuck ausge- führt wurde und schon räumlich mit grösseren Ansprüchen auf- trat. Während sich aber jene über das ganze Siedelungsgebiet ausbreiteten, in kleineren Dorfkirchen, wie z. B. in Jakobsdorf bei Agnetheln ebenso gut angetroffen werden wie in den grösseren Stadtkirchen, sind diese nur in Hermannstadt kultiviert worden, und zwar vom Jahr 1694 angefangen bis zum Jahr 1770. Der Kunstwert dieser Grabdenkmäler ist im ganzen genom- men nicht hoch einzuschätzen. Die darauf befindlichen Gemälde sind zum grossen Teile kaum mehr als schüchterne Versuche, der skulpturelle Schmuck sehr primitiv, das Ornament oft über- laden und die Proportionswerte des Aufbaues verschoben, aber trotzdem sind einige Epitaphien erhalten geblieben, die auch einen feinen Geschmack zufrieden stellen können. In ihnen begegnet zu- weilen ein glückliches Form- und Stilverständnis. In ihrer To- talität bilden sie einen integrierenden Bestandteil des Kunst- lebens in Siebenbürgen durch volle zwei Jahrhunderte. Dass so viele unter ihnen mehr gewerbliche als künstlerische Schöpfungen — 147 - sind, verstehen wir aus denselben Gründen, die bei der Beurtei- lung der Grabbteinplastik massgebend waren. Man mag über die künstlerische Bedeutung dieser Epitaphien denken, wie man will, ihr dekorativer Wert darf nicht gering an- geschlagen werden. Es ist unendlich zu bedauern, dass dies nicht beachtet worden ist und dass nur noch wenige Gedenktafeln an dem Orte belassen wurden, an dem sie ursprünglich ange- bracht waren. In feuchten Sakristeien und modrigen Turmgewölben ist ihrer eine Unzahl zu Grunde gegangen. Hier und dort wurde ihnen ein günstigeres Plätzchen gegönnt, aber sie gehören hin, wo sie einstmals hingen, an die kahlen Wände des Kircheninnern, deren Nüchternheit durch diese formenreichen Gedenktafeln einer malerischen Abwechslung weichen würde. Wenn noch Reissen- berger klagte, dass die Epitaphien die Hermannstädter Stadtpfarr- kirche durch ihre Stilwidrigkeit den harmonischen Eindruck des Gesamtbildes störten und aus diesem Grunde zu beseitigen seien, ^ wenn man an vielen Orten in der Zerstörung alter Kunst- und Kulturdenkmäler geradezu wetteiferte, so ist darin eine Verirrung zu erblicken. Denn was in und an einem alten Gebäude von Jahrhunderten zusammengetragen worden ist, muss als historischer Niederschlag gelten und daran zu rühren wäre pietätlos. Ueber allem Streben nach Stilreinheit darf der Sinn für das Malerische und die aesthetische Stinmiung nicht verloren gehen. Die Grundform des barocken Epitaphiums scheint im Zusam- menhange mit dem Autbau des barocken Altares zu stehen. Hier wie dort dient die Bekrönung und Umrahmung mit ihren Pilastern und Säulen, Voluten, Architraven und Seitenstücken als architektonisches Gerüst und Zierwerk für den mittleren Teil, das Heiligenbild oder die Inschrift. Die Mensa der Altäre vertritt bei den Gedenktafeln der untere Teil. Beide haben im Wesentlichen den gleichen Zweck : dem frommen Gefühl sichtbaren Anhalt zu geben. Der Altar will der Andacht, den gottesdienstlichen Hand- lungen einen Mittelpunkt gewähren, das Epitaphium der pietät- vollen Erinnerung, und so zeigt sich auch hier, dass bestimmte x\b- sichten bestimmte Formen zu finden wissen. Wie der Altar, so ist 1 Vgl. Ludwig Reissenberger : Die ev. Pfarrkirche A. B. in Her- mannstadt. Hermannstadt 1884, S. 24. - 148 - auch das Epitaphium ein Kultusgerät, wenn auch ohne dogma- tische und kirchhche Sanktion. Und noch eines scheint erwiesen zu sein. Das Epitaphium hat sich aus der Grabplatte entwickelt. Die ältesten Epitaphien lehnen sich nach Auffassung und Formgebung ganz an die Grab- platten an, es sei nur an die steinerne Gedenktafel der Marga- rethe Budai (i* 1566)^ in der Hermannstädter ev. Stadtpfarrkirche erinnert. Als im 17. Jahrhundert das hölzerne Epitaphium aufkam und Motive des Altarbaues sich aneignete, entstand schliess- lich die Gedenktafel in ihrer typischen Form. In besonderer Weise wurde die Pflege des Epitaphiums durch den Umstand ge- fördert, dass die Verschlussplatte der Gruft in vielen Fällen unter den Gestühlen der Kirche lag und infolgedessen nicht gesehen werden konnte. Es war nur natürlich, wenn die Nachkommen ihren Verstorbenen ein sichtbares Denkmal errichten wollten. Auch bei den Epitaphien ergibt sich die Tatsache, die auf allen Gebieten der siebenbürgisch - sächsischen Kunstgeschichte wiederkehrt, dass sie nicht etwa eine provinzielle Spezialität be- deuten, sondern nach Form und Bestimmung den Gedenktafeln Deutschlands^ — von andern Ländern sei abgesehen — an die Seite gestellt werden können. Aus diesem Grunde kann es nicht liberraschen, wenn in der Kollegienkirche zu Jena Gedenktafeln angebracht sind, die mit den unsrigen in weitgehender Ueberein- stimmung stehen. Daraus geht aber wieder hervor, was zu be- tonen stets neue Gelegenheit vorhanden ist, dass die siebenbür- gisch-sächsischen Meister ihre Formenwelt nicht selbständig ge- schaffen haben, sondern sich in ihren Arbeiten an den im Aus- lande gepflegten Stil anlehnten, den kennen zu lernen, Wander- schaft hinüber und herüber Veranlassung genug geboten hatte. Allerdings ist dadurch nicht mehr als eine allgemeine Wahrheit gewonnen, denn es erhebt sich sofort die Frage : wo liegen, wenn solche Zusammenhänge unverkennbar sind, die landschaftlichen Berührungspunkte, welches sind die Lokalschulen, die auf den siebenbürgischen Epitaphienbau von Einfluss gewesen sind ? Wir gestehen ein, dass die bisherigen Untersuchungen darauf keine Antwort zu geben vermögen. Auch die vorliegende Arbeit musssich 1 s. Tafel XVI, 2. 2 Vgl. Otte : Handbuch der kirchl. Kunstarchäologie, Bd. I, S. 344ff. — U9 — begnügen, spezielle Probleme anzudeuten und die genetische Ent- wicklung der künstlerischen Vergangenheit auf allgemeiner Grund- lage zu kennzeichnen. Wir teilen die Besprechung der Epitaphien des 17. Jahr- hunderts nach dem verwendeten Material ein und betrachten die Gedenktafeln aus Metall, Holz bezw. Alabaster und Stuck. Zu der ersten Gruppe gehört, wenn wir von der gegossenen Metallplatte an einem Pfeiler der südlichen Reihe im Schiff der Hermannstädter Stadtpfarrkirche absehen, die ausser einem Wappen eine längere Inschrift enthält, nur ein Werk, es ist das Epi- taphium des Valentin Franck von FVanc kenstein (f 1697], wohl ein Nachkomme des Sachsengrafen gleichen Namens.^ So bedenklich es ist, innerhalb einer bestimmten Epoche oder in der gesamten künstlerischen Entwickelung eines Volkes einem Werke den Vorrang vor allen übrigen zu geben und es für das schönste und beste zu erklären, so liegen gewiss in bestimmten Denkmälern der Kunst Höhepunkte ihrer Ent- faltung vor. Für das Kunstleben der Siebenbürger Sachsen be- deutet das Epitaphium Valentin Francks einen solchen Höhepunkt. Auf einer versilberten Zinntafel, die von einem starken, einfach profilierten Rahmen umfasst wird, ist eine Inschrift eingraviert und um diese Inschrift schlingt sich ein Reliefornament in Renaissance- formen, die einen deutlichen Einschlag des Barock verraten. In den vier Ecken öffnet sich dieses Ornament zu Medaillons. In diesen Medaillons liegt das Bedeutende des ganzen Werkes. Es sind Re- liefs, in Kupfer getrieben, versilbert und vergoldet und von einer wunderbaren Feinheit der Ausführung und entzückenden Lebendig- keit der Darstellung. Die Reliefs stellen die Vertreibung aus dem Paradiese, Tobias mit dem Engel Raphael ringend, das Brustbild Francks und sein Wappen dar. Zwei Reliefs mit der Darstellung des Kruzifixus und der Auferstehung Jesu sind verloren gegangen. Das Portrait Francks ist ganz besonders wertvoll. Die gesamte Kunstentwicklung der Siebenbürger Sachsen bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts besitzt kein Bildnis, das man, was Wahrheit der Auffassung, Glaubwürdigkeit der Portraitähnlichkeit und technische Vollkommenheit anbelangt, diesem als gleichwertig an die Seite 1 s. Tafel XXX, i. — 150 — stellen könnte. Trotz seiner Kleinheit ist der Kopf so klar her- ausgearbeitet, Haar und Bart so weich modelliert, die Augen so schön gezeichnet und das ^anze Antlitz so beseelt, dass man nicht müde wird, diese entzückende Arbeit zu betrachten. Diese Lebenswahrheit teilt das Portrait mit dem Relief der V^ertreibung aus dem Paradiese. In eilendem Schritt verlassen Adam und Eva den Garten Eden vom Engel getrieben, der in den Wolken schwebt. Adam geht in tiefer Trauer davon, Eva wendet sich mit flehenden Gebärden nach dem Engel zurück, als bäte sie um Gnade. Die nackten Körper sind reizend modelliert, das Ganze schön komponiert und trefflich ausgeführt. Das dritte Bild stellt den mit dem Engel ringenden Tobias dar. Es ist eine Szene voll packender Lebendigkeit, voll wilder Bewegung. Wie der Engel Raphael Tobias am linken Schenkel und an der linken Schulter fasst, und wie sich Tobias mit aller Kraft dagegen wehrt, ist prächtig wiedergegeben. Die Sicherheit der Kom- position mit ihrem schwungvollen Linienfluss, die Kraft und Drama- tik des bewegten Vorganges ist ausserordentlich packend dargestellt. Das letzte Medaillon enthält ein Relief des Franckschen Wappens, originell in ein Rankenornament hineingefügt. — Die Ansicht, dass dieses Epitaphium eine Arbeit des Hermannstädter Goldschmiedes: Sebastian Hann sei, der 17 13 gestorben war, er- mangelt der näheren Begründung.^ Wir kennen den Meister nicht. Die Inschrift der Gedenktafel, die ehedem am dritten Pfeiler gegen Westen der nördlichen Reihe im Schiff der Hermannstädter ev. Pfarrkirche hing, jetzt aber in der archäologischen Sammlung des Brukenthalschen Museums aufbewahrt wird, lautet: „Munde immunde! Quare es nmndus? An quia tam pulchra creatura? An quod a tam mundo authore creatus? Erras! Munde immunde vale, quae sunt mundana recuso ! Mundus eras. Sed te filii tui filiaeque fecerunt immundum. Inter quos et ego immundus at dolorosus ! Quem gratia dei Et sanguis domini nostri Jesu Christi Mundificat ab omni peccato Vale Atque iterum vale Et mundificare Valen- tinus Franck a Franckenstein natus 20 Oktobr(is) ann(o) 1643, denatus 27. Sept(embris) 1697. Aetat(is) Ann(i) 54." ^ — 1 Vgl. Reissenberger, a. a. O., S. 42. 2 Vgl. Mückesch, a. a. O., S. io3f. — 151 — Das hölzerne Epitaphium scheint erst um die Mitte des 17. Jahrhunderts aufgekommen zu sein. Das älteste, dem Andenken des Sachsengrafen Michael A g n e t h 1 e r geweiht, trä^^t die Jahreszahl 1645 und ist eine signierte Arbeit des Elias Nikolai im Brukenthalschen Museum, von der schon die Rede war. Noch ganz in den Formen der Renaissance gehalten, ist sie mit gedrechselten Knöpfen, Engeln und Statuettchen in bescheidener Weise verziert. Die hischrift ist auch hier im Medaillon des unteren Abschlussteiles angebracht und lautet: „Fide, sed cui vide. lustitiae cura Illustrisque hunc gratia firmat Semperque ultorem senserunt crimina sanctum. M(ichael) A(gnethler) J(udex) r(egius) c(ibiniensis) obiit Anno 1645 18 May aet(atis) 59." ^ — Weit reicher ist die Gedenktafel des Johann Simonius ("i" 1660) mit geschnitzten Ornamenten versehen.^' Gegenwärtig in der archäologischen Sammlung des Brukenthalschen Museums in Hermannstadt autbewahrt, hing sie früher an der Mauer des nörd- lichen Seitenschiffes der Stadtpfarrkirche zwischen dem ersten Fenster und der Treppe zur Orgelempore. Die Grundelemente dieses Epitaphiums: Säulensockel, Säulen und Architrav sind in Hochrenaissance ausgeführt, alle anderen Teile aber, Seitenstücke, Bekrönung, Untersatz mit üppigem, geschnitztem Barockornament versehen. Der mittlere Teil umfasst das Wappen, dessen auf einem Löwen reitender Mann als eine ganz reizvolle Leistung zu betrachten ist. Unterhalb des Kranzes, der das Wappen ein- schliesst, liest man auf einer Leiste: „Mors Christi vita nostra." Die kurze Inschrift ist auf dem Medaillon des Untersatzes ange- bracht und lautet: „Johann Simonius Consul ob(iit) A(nn)o 1660 d(ie) I 1 May aet(atis) s(uae) 47 et ejus conj(ux) Agneth(a) Franckin A(nn)o 165H d(ie) 6 Oci(obris) aet(atis) 28." ^ — Dieselbe Grundform weist auch das Epitaphium des S a c h s e n g r a f e n Andreas Fleischer (-j- 1 676) auf. Der Aufsatz und verschiedene andere Teile sind verloren gegangen, auch die Füllung des Mittelstückes. Statt der Säulen tragen zwei Meerweibchen (eines fehlt) den oberen Architrav. Ganz sonderbar 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 74. s. Tafel XXIX, i. 3 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 97. — 152 — ist die Verwendung zweier Engel, die sich mit den Köpfen nach unten gewendet in das Ornamentrelief des Untersatzes .einfügen. Durch und durch barock empfunden ist das Ornament en relief aus Holz geschnitzt, das sich awf den nicht ohne Schwung gezeichneten Seitenbacken und dem Untersatz befindet. Gleich dem Epitaphium des Johann Simonius und allen übrigen Gedenktafeln ist auch das Denkmal des Andreas Fleischer in kräftigen Farben bemalt ge- wesen. ;Der Aufl^ewahrungsort dieses Erzeugnisses der ornamen- talen Plastik ist die archäologische Sammlung des Brukenthalschen Museums ; ehemals hing es am zweiten Pfeiler, von der Orgel- empore nach Osten zu gereclmet. Die Inschrift im Untersatz hat folgenden Wortlaut : „Hic in Christo placide quiescit vir beatus spectabilis ac generosus dominus d(ominus) Andreas Fleischer regius judex Cibiniensis Saxon(um) Comes et Regni Transilv(aniae) Consil(iarius) aulicus obiit Anno 1676 die 5 Febr(uarii) aetatis suae 56. Symbolum : In te Domine speravi non confundar in Aeternum. Psal. XXV." ' — Die meisten Epitaphien in Siebenbürgen weisen sehr wenig figuralen Schmuck auf, da man sich in der Regel damit begnügte, das Mittelstück mit einem architektonischen Gerüste aus Säulen und Architraven zu umgeben und nach oben und unten orna- mental abzuschliessen. In einem völlig anderen Geiste ist das Denkmal des Sachsengrafen Matthias Semriger ['\ 1680) entstanden,^ denn dieses in reicher, üppiger Holzschnitzerei gehal- tene Werk ist eine plastische Allegorie des Auferstehungsglaubens. Die Mitte dieses Epitaphiums nimmt ein ovales, von einem Lor- beerkranz umrahmtes Relief ein, das die Auferstehung Christi darstellt. Jesus schwebt mit der Siegesfahne aus dem Sarkophag empor, um den die Kriegsknechte gelagert sind. Ein Teil von ihnen liegt im tiefen Schlafe, andere erwachen oder blicken ge- blendet von der wunderbaren Erscheinung aufwärts. Nach oben legt sich über den Lorbeerkranz ein dickes Fruchtgewinde, das mit den Ranken und Schenkeln eines üppigen Ohrenorna- mentes verbunden ist. Ein Engelsköpfchen dient als Träger einer Konsole, auf der eine Knabenfigur als Genius des Todes mit 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 72. 2 s. Tafel XXVIil, 1 u. 2. - 153 - Schädel und Sanduhr steht. Sein rechter Arm stützt sich auf das in durchbrochenem ReHef gearbeitete Wappen Semrigers, das von einem ovalen Schriftband umrahmt wird, auf dem die Worte stehen: „Pietas constans et firma coronat." Zu beiden Seiten des AuferstehungsreUcfs erheben sich zwei Mädchenfiguren in schwergefalteter Gewandung, als allegorische Ge- stalten gedacht, von denen wir auf der linken Seite vom Beschauer an dem Buche, das die Figur in der Hand hält, den Glauben und rechts die Liebe erkennen. Nach unten hin wird das Epitaphium von dem Inschriftmedaillon abgeschlossen, das mit Ornamenten und Arabesken verziert nach oben hin in ein Engelsköpfchen ausläuft. P^ormgebung und Auffassung sind durchaus barock empfun- den und der Freude an der Ueppigkeit der Komposition offen- bar keine Schranken gezogen. Das ganze Schnitzwerk ist reich vergoldet und sicherlich ist es von den Zeitgenossen als eine prächtige Arbeit bewundert worden. Ob wir selbst dieses Epita- phium für schön halten oder nicht, ist schliesslich Sache des Ge- schmacks, aber unter den Denkmälern der barocken Holzplastik nimmt das Epitaphium des Matthias Semriger den ersten Platz ein. Das Relief des grossen Ovals hat seine Vorzüge. Die Komposition ist lebendig, die bekannten Abstufungen in der Stellung der schlafenden und erwachenden Krieger am Grabe sind nicht ohne Geschick betont, wenn auch der Gesichtsaus - druck daran erinnert, dass die Plastik der Holzschnitzerei seit langer Zeit von jener Höhe herabgesunken war, auf der sie auch in Siebenbürgen im ersten Viertel des i6. Jahrhunderts ge- standen. Desgleichen kann wohl auch die anatomische Rich- tigkeit der aufwärts schwebenden Heilandsgestalt nicht als ein- wandfrei angesehen werden. Besser sind jedenfalls die beiden Jungfrauen mit dem verbindlichen Lächeln auf den rundwangigen Gesichtern und der dralle Genius an der Spitze. Lehrreich ist die geschichtHche Stellung dieses Werkes, denn in ihm lebte am Ende des 17. Jahrhunderts, ebenso wie es vor- her in den Apostelfiguren der Schässburger Bergkirche der Fall gewesen war, ^ die Holzplastik noch einmal auf, nicht nur als or- namentale und dekorative Bildhauerei, sondern als statuarische 1 Vgl. S. 142 ff. — 154 — Plastik. Es war ein Zurückgreifen auf eine alte Ueberlieferung im Geiste einer neuen Zeit. Es ist wie ein Blütenansatz im späten Herbst. Zwar sind in diesem Jahrhundert noch einige andere Altarstatuen entstanden, so die Figuren des Petrus und Paulus am abgetragenen Altar in Burgberg/ aber sie sind in bezug auf künst- lerischen Wert mit diesem Epitaphium nicht einmal annähernd zu vergleichen. Hier ist zum erstenmale der Versuch gewagt worden, der Gedenktafel einen geistigen Inhalt zu geben, einer Idee künst- lerischen Ausdruck zu leihen, und so ist der unbekannte Meister über die Gepflogenheit, die Epitaphien lediglich als Zierwerk auszu- führen, einen Schritt weiter hinausgegangen. Es war eine Tat, die in der Folgezeit nicht ohne Nachahmung blieb, denn plastische Alle- gorien treten von nun an auch an anderen Werken zutage, am merkwürdigsten an dem Hauptischen Stuckepitaphium in der evan- gelischen Stadtpfarrkirche zu Hermannstadt. ''^ Das Denkmal des Matthias Semriger hing früher an dem letzten, nach Osten zu befindlichen Pfeiler der südlichen Reihe im Schiff der Hermannstädter ev. Stadtpfarrkirche und wird jetzt in wohler- haltenem Zustande in der archäologischen Sammlung des Bruken- thalschen Museums aufbewahrt. Die Aufschrift des Medaillons hat diesen Wortlaut: „Piis manibus sp(ecta)b(i)lis ac g(ene)rosi, nec non ampl(issimi) ac circumsp(ecti) d(omi)ni Matthiae Semrigeri il(lust)r(is- si)mi ac cels(issimi) Tran(silvan)iae princ(ipis) consil(iarius) int(imus) Sax(onum) com(itis) ut et civitatis cibin(iensis) jud(icis) regii anno 1680 die Aprilis in D(omi)o placide defuncti aetatis suae ann(o} 56. A conjuge moestissima positum."^ — Anders als das Epitaphium des Matthias Semriger ist die Gedenktafel des Sachsengrafen Georg Armbruster"^ (f 1685) nur in einzelnen ornamentalen Teilen barock, in seinem Aufbau, in seinen Säulen insbesondere in deutscher Renaissance ausgeführt. Zum erstenmal begegnet an diesem Werk geschnitz- ter Alabaster, denn nur das Gerüst und die Architrave sind aus Holz gefertigt. Eigentümlich ist es und direkt stilwidrig, dass sich ohne jede innere Berechtigung auf der Abdachung des Epi- 1 s. Tafel XXVII, 1 u. 3. 2 s. Tafel XXX, 2. 3 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. jb, 4 s. Tafel XXVIII, 3. — 155 — taphiums ein Wappenschild mit allegorischen Statuettchen erhebt. Als Füllung des Mittelstückes erwähnt Reissenberger eine aus Alabaster geschnitzte Pietä, die leider vorloren gegangen ist.^ Schön sind die Säulen, deren Schaft im unteren Teile mit einem Fruchtgehänge verziert ist, und die Lövvenmasken, recht mangelhaft die Statuetten auf dem gerügten Aufsatz und an den Seitenstücken. Dieses Epitaphium hing vordem ebenfalls in der Hermannstädter Stadtpfarrkirche und befindet sich jetzt in der archäologischen Sammlung des Brukenthalschen Museums. Die Inschrift lautete folgendermassen : «Vivo tibi moriorque tibi dulcissime Jesu Spes mea tu moriens, spes redivivus eras.» „In symbolum gratitudinis erga spectabilem g(ene)rosum am- pl(issimum) prudent(em) circumspect(um) d(o)m(i)num Georgium Armbrusterum ill(ustrissi)mi et cels(issimi) princip(is) consiliar(ium) int(imum) totius nat(ionis) Saxon(icae) comit(em) ac reg(ium) jud- (icem) civ(itatis) cibin(iensis), qui obiit anno 1685 die 7 Jan(uarii) aetatis suae anno 56, positum a genero Georg Glock p. c."^ — In reichster Renaissance, gleichfalls mit Verwendung von Ala- baster ist eines der schönsten Epitaphien in Siebenbürgen gear- beitet. Es befindet sich in der archäologischen Sammlung des Brukenthalschen Museums, hing früher an dem mittleren Pfeiler der südlichen Reihe in der Hermannstädter ev. Stadtpfarrkirche und ist dem Andenken des Bürgermeisters Christian Reichart (t 1695) gewidmet.-^ Die im Rundbogen geschlossenen Nischen, eine grössere und zwei kleinere, in denen sich ursprünglich Statuetten be- fanden, werden von einem schweren mit verschiedenen Stäben und Karniesen reich verzierten, gebrochenen Architrav überdeckt, der von Pilastern und in der vorderen Reihe v^on zwei Säulenpaaren ge- tragen wird. Dieser Kompositionsgedanke wiederholt sich in dem oberen Aufsatz, der selbst von einem achteckigen Medaillon und zwei Engeln bekrönt wird. Dieser klare Aufbau ruht auf einem gekröpften Sockel, der nach unten in ein grosses, ornamentiertes Medaillon ausläuft. Sowohl der mittlere Teil, als auch die Be- krönung werden von je einem flügelartigen Paar von Seitenstück en- 1 Vgl. Reissenberger, a. a, O., S. 41. 2 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. q3. 3 s. Tafel XXIX, 2. — 156 — flankiert. Die Statuetten sind leider bis auf zwei alle verloren ge- gangen. Das Epitaphium ist eine feine, bemerkenswerte Arbeit. Be- sonders schön ausgeführt sind Stäbe und Schmuckleisten, mit denen der Sockel und die beiden Architrave verziert sind. Stilistisch ist dieses Epitaphium in den Formen der Renaissance gehalten, aber der statuarische Schmuck, allerdings nur noch in den beiden En- geln der Bekrönung vorhanden, ist barock empfunden, worauf schon das stereotype Lächeln der runden Gesichter hinweist. Die sehr wortreiche Inschrift ist auf Pergament geschrieben und dieses Pergament auf das Medaillon des unteren Abschluss- teiles aufgeleimt, ein Gebrauch der auch sonst geübt wurde, wie, um ein Beispiel anzuführen, an dem Epitaphium des Ratswerwandten Johann Kertsch (f 1748)^ in der Sakristei der Mediascher Pfarr- kirche. Die Inschrift der Reichartschen Gedenktafel besagt folgendes: „Subsiste, qui Christiani nominis vis esse aemulus, viator ! Prostat hic, paucarum quas superare potes, plurium quas Vix imitari vales, idea virtutum et bonorum i6l8 anno nocte Christi- natali sacra, natus inde 45 ann(os). Centn m vir, 59 Hopnarius (!), 63-tio rubeae turris porcolabius (!), 64 Senator, 74 Villicns, 7^ Sedis Judex, 84 capitis Daciae germanicae consul, mox simul principis, ac inde regii Gubernii Consiliarius Intimus, quem eo minus ab hasta ad fasces sublatum mirere, quo certius, a curis, in(n)ocentia candi- dum, fervore candentem, moribus dulcem, ingenio liberalem, sa- crorum studiorum, pavore vacuum, vitiis asperum, virtute maturum, votorum tenacem, animo generosum, comperit nostra, nescique meretur, abs te, avita aetas, Longaevus ille, quia parentibus obe- diens, pater spectabilis, generosus ampliss(imus) prud(ens) ac cir- cumspect(us), Joh(annis) Gassneri, ingenui pronepotis venerandus proavus, a(nno) 43 Barbarae Henselin, a(nno) 64 vero Agnethae Helvigiae, 90 hujus seculi defunctae maritus, liberorum Catharinae, Christiani, Johannis, Christiani vicissim et Andreae^ beatissimus pater Christianus Reichart anno 1695 die 15 Marti(i) tibi et mundo dixit vale. Vixit annos LXXVI mens(es) 2. septim(anas) 3."^ — Zu den Epitaphien des 17. Jahrhunderts gehören schliesslich zwei aus Stuck gefertigte Denkmäler, die beide in einem Jahre 1 s. Tafel XXX, 4. 2 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 77 f. — 157 — entstanden und an der Nordwand des Mittelschiffes der Hermann- städter Stadtpfarrkirche angebracht sind. Die Ornamentik beider Werke kann man kaum einer anderen Stilart zuschreiben, als der der Renaissance, aber trotzdem vermissen wir die klassische Ruhe, die Harmonie der Teile, das Edle in diesen Werken, so dass man den Eindruck erhält, als ob durch und durch barockes Empfinden Renaissancemotive verwendet habe, das diese in einem Falle übermässig üppig, im anderen Falle mit einer höchst absonderlichen Kompositionsidee verbunden, ausgestaltet hat. Wir betrachten zunächst das Epitaphium der Fa- milie F r a n c k von F r a n c k e n s t e i n, das im Jahre 1694 errichtet wurde. Es ist an der Nordwand des Schiffes der Her- mannstädter Kirche oberhalb des dritten Arkadenbogens, von Osten her gerechnet, angebracht. In einem von einem Eichen- kranz umgebenen Oval triumphiert der Ritter Georg, in ergötzlicher Weise mit ungarischen Stiefeln bekleidet, in dem Habitus und in der Tracht einem zeitgenössischen Haiduken nicht unähnlich, mit Schwert und Schild über das erlegte Drachentier. Die Umschrift: „Semen mulieris conteret caput serpentis," deutet auf die allegori- sche Bedeutung des Bildes hin. Oberhalb dieses Mittelstückes halten zwei Engelputten das Franckensteinsche Wappen, von dem aus sich ein schweres Fruchtgewinde von vier Putten getragen nach unten senkt. Unterhalb des Ovals befindet sich in der Mitte das Inschriftmedaillon, von dem aus sich zwei üppige Renaissance- blätterarabesken in elegantem Schwünge aufwärts ranken. Die nackten Kinderkörperchen wirken mit ihren kurzen Beinchen ko- misch, als Ganzes betrachtet aber muss man dieser Arbeit, wenn man ihr auch einen höheren Wert nicht konzedieren kann, de- korative Wirkung zugestehen, die durch die einfache Polychromier- ung in den Farben weiss, schwarz und gold gehoben wird. In dem Inschriftmedaillon liest man: «Viderat hanc mundi fabricam par dulce parentum Atque duo fratres, haec ul et ille soror. Bina thori conjux gnatus gnataeque duobus Sideribus natae portio magnae mei. Jam contemplantur coelestia regna Jehovae, Mirantur numen laetaque verba canunt: Nunc immunde mihi tue phasmata munde, celebra Hae nobis, prae te, coelica tecte placent.» „Memoriae Charissimi parentis D(omi)ni Valentini Franck Sen(ioris) Sax(onum) Com(itis) civ(itatis) Cib(iniensis) lud(icis) Regii (ob(iit) 1648). Matris celsae D(ominae) Agneth(ae) Kleinin (ob(iit) 1658), duorum fratrum Georgii (ob(iit) 1650) et Danielis (ob(iit) 1629). Soror(is)"Mariae (ob(iit 1645). Conju(gis) Margar(ethae) Glockner (ob(iit) 1692), filioli Valent(ini) (ob(iit) 1684 et filia(e) Agneth(ae) (ob(iit) 1634. et secund(ae) conj(ugis) Annae iMariae Rosin (ob(iit) 1696) usque ad Advent(uni) Christ(i) Salvatoris hic qLiiesc(unt) nec non Sor(oris) Agneth(ae) (ob(iitj 1658) et fil(iae) Mariae (ob(iit) 1674) aliorsum deposit(ae) ex obligatione posiiit et scripsit Valentiniis Franck Alter(ior) Exc(ellentissimi) Gub(ernii) Reg(ii) Trans(ilvaniae) Consil(iarius) Int(imus\ Sax(onuni) com(es) Civ(itatis) Cib(iniensis) Jud(ex) Reg(ius) IÖQ4." ^ — An dem Wandfeld oberhalb des letzten nach Osten zu be- findlichen Arkadenbogens im Mittelschiff der Hermannstädter Stadtpfarrkirche befindet sich das Epitaphium der Fa- milie Haiipt,^ das von den Erben des Johann Haupt über An- regung des Johann Zabanius im Jahre 1694 errichtet worden ist. Der eigenartige, mehr originelle als künstlerisch bedeutende Kom- positionsgedanke besteht in der symbolischen Verwendung des Haupt- ischen Wappentieres, eines springenden Hirsches. Den mittleren Teil des Epitaphiums nimmt ein Relief ein, das in einen Eichenkranz hin- eingestellt ist. Darüber ist das F'amilienwappen und darunter das Medaillon mit der Inschrift angebracht. Um diese drei Teile schlingen sich nun von Arabesken und Schriftbändern verziert sechs Medail- lons, in denen je ein Hirsch abgebildet ist, der nun mit anderen Bildern zur Illustration des darüber befindlichen Spruches dient. Nach oben hin wird die figurenreiche Komposition von einem Spruchband, das schwebende Putten halten, abgeschlossen und darauf liest man: „Sicut cervus ad aquarum fontes ita anima ad deum." Nach unten hin endet das Denkmal in einen toten Hirsch, den zwei in wilder Bewegung begriffene Gerippe an eine Stange festgebunden tragen. Die Sprüche über den einzelnen Seitenreliefs lauten: „Colimba ^ comite felix lab(itur)", darunter werden ein springender Hirsch und 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 106 f. 2 s. Tafel XXX, 2. 3 soll heissen: «columba». — 159 — •eine Hand sichtbar, die aus den Wolken ragt und eine Taube hält. Das nächste darunter befindliche Relief stellt eine Hirschkuh, eine fliegende Taube und einen Vogel dar, der die Hindin mit einer Kette lenkt. Der dazu gehörige Spruch lautet : „Hoc frano (?) secunda." Das dritte Medaillon mit dem Spruch: „Audenes (Au- dacem) fata juvant" zeigt eine Säule mit einem davor steigenden Hirsch. Auf dem nächsten Medaillon erblickt man unter dem Wort: „Deo dante" einen gekrönten Hirsch, der einem Szepter nachstrebt, das eine Hand, die aus den Wolken hervorragt, ihm entgegenhält. Die Darstellung darunter enthält nur einen Hirsch und den Spruch : „Nil volet invidia", und auf dem letzten Medaillon kniet eine Hindin vor einer Kerze, die abermals eine aus den Wolken hervorgestreckte Hand hält. Das Wort dazu lautet: „E cruce ad (l)ucem(i)". Zu dem Schlusstück, dem gefällten Hirsch, der von den beiden Skeletten getragen wird, gehört der Satz : „Hic fugae terminus!" Wir müssen gestehen, dass wir eine genügende Deutung der mystisch-allegorischen Gedanken, die dem Schöpfer dieses Werkes vorschwebten, zu geben ausser Stande sind. Einzelne Worte sind falsch abgeschrieben worden : „audenes'' für „audacem", „ucemi" für „lucem". In einer glücklicheren Lage befinden wir uns dem Relief in dem Mitteloval des Epitaphiums gegenüber. Vor dem in den Wolken erscheinenden Heiland knieen zwei Männer und ein Knabe in betender Stellung. Wir werden nicht irren, wenn wir in diesen Figuren Grossvater, Vater und Sohn erblicken, denen das Denkmal geweiht ist. Im Hintergrunde nahen ein Mann und zwei Frauen gleich den vorigen in sächsischer Tracht — es sind die Stifter des Epitaphiums. Die befestigte Stadt im Hintergrunde kann man mit einiger Phantasie als Hermannstadt erkennen, wenigstens lässt der grosse Turm mit den vier Ecktürmchen seines Daches diese Auf- fassung zu. Die Inschrift des Medaillons lautet : „Beati sp(ectab)lis ac g(ene)rosi Domini Johann(is) Haupt cels(i) Trans(ilvaniae) Princ(ipis) Consiliarii Intim(i) Saxonicae Na- tionis Comitis Confirmati ac Judicis Civit(atis) Cibin(iensis) Regii 64 aetatis Anno 1686, 7 Febf(uarii) denati, filiique generosi Domini Andreae Haupt Anno aetatis 87, 1686, 12 Marth defuncti ut et — i6o — nepotis Joh(annis) Haupt, puelli septennis Anno 1687 parentibus coiituniulati, menioriae ab haeredibus haeredumque niaritis erec- tum Inventore M(agistro) Johanne Zabannio Senat(ore) Cib(iniensi) ac Not(ario) provinc(iae) Anno 1694.."^ — Und damit ständen wir am Ende unserer Ausführungen über die bildnerische Kunst im 17. Jahrhundert. Die wenigen noch vorhandenen Erzeugnisse der Kleinplastik, Alabasterstatuettchen im Nationalkostüm, deren eines im Brukenthalschen Museum auf- bewahrt wird,^ die plastische Ausschmückung der barocken Ge- häuse der damals entstandenen Orgeln lassen einerseits erkennen, dass in dieser Zeit kein Gebiet der Plastik unbebaut geblieben ist, anderseits aber lassen sie auch wahrnehmen, dass die Plastik immer mehr und mehr nicht ihrer selbst willen, sondern des de- korativen Zwecks wegen gepflegt wurde. Aus diesem Grunde erscheint es natürlich, dass die Holzschnitzerei eine Vorliebe für das Barock hervorkehrte. Und in der Tat sind derartige Werke, deren Bestes die konsequente Durchbildung und Anwendung der barocken Ueppigkeit und Formenfreudigkeit ist, in allen Teilen des Landes entstanden. Es seien hier nur die Schalldeckel der Mediascher, Stolzenburger und Mediascher Kanzeln erwähnt, von denen besonders der der Mediascher Pfarrkirche durch seine Grösse und reiche Ausführung hervorragt. Ausserdem verdienen die Schnitzereien an der ehemaligen Orgel in der Klosterkirche zu Schässburg^ und an der Orgel in der Sadtpfarrkirche zu Hermannstadt als Denkmäler reinsten Barocks ge- nannt zu werden. Die letzte hat Johann West aus Bartfeld in Ungarn im Jahre 1672 fertiggestellt,* die erste ist ein Werk des Hermann- städter Malers Jeremias Stranovius, wie aus einem im ev. Pfarramts- archiv zu Schässburg befindlichen Vertrage zu ersehen ist. Stra- novius hatte 1681 den Altar der Klosterkirche hergestellt und darauf war ihm auch der Bau der Orgel übergeben worden.'^ Stranovius scheint sich demnach auch mit Bildschnitzerei beschäf- 1 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 102. « s. die Abbildung im Archaol. crtesitö 17, 1897, S. 416, 3 Diese Orgel ist 1906 abgetragen worden. * Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 1 1 1. — Auf der Orgel die Inschrift : «Dieses Werk ist Gott zu Ehren erbaut A. 1672.0 5 Vgl. Fr. Müller : Archaolog. Skizzen aus Schässburg. Archiv des Vereins für siebenb. Landeskunde. II. S. 426. — i6i — tigt zu haben. Obwohl der Künstler den Bau der Orgel über- nommen hatte, hat er sich wahrscheinlich nur auf die „Malerei" und Schnitzerei beschränkt, während er das eigentliche Orgelwerk weiter vergab. Die Engel und Engelsköpfchen, die in dieser Zeit ungemein oft als dekorative Motive verwendet wurden, verraten kaum mehr als die Betätigung formgewandter Handwerker, die nicht imstande waren, ihren Gestalten Ausdruck und Leben einzuhauchen. Es handelte sich den Meistern einer grossen Gruppe von Werken lediglich um die dekorative und nicht um die aesthetische Wir- kung in jenem höheren Sinne, die auf einer strengen Beobachtung der Natur und dem Streben nach der Wiedergabe ihrer Wahrheit beruht. Die Stilisierung wurde zur Tendenz und darin lag die Ursache für die innere Haltlosigkeit dieser Richtung. Es war ein Glück, dass die Art des Jeremias Stranovius und des Johann West nicht allgemein durchdrang. Während ihnen und anderen Meistern über dem Schwelgen in der Ueppigkeit des Barock die höheren Ziele der Kunst verloren gingen, suchte eine Reihe von Künstlern, wie wir gesehen haben, aus dem Joch der gedanken- losen Stilisierung loszukommen. So weit sie wirklich Künstleri- sches geschaffen haben, haben sie einem gesunden Realismus ge- huldigt, und gerade hierauf beruhen die Vorzüge jener Portrait- grabsteine, die sich durch liebevolle Ausführung nicht nur, son- dern auch durch überzeugende Lebenswahrheit auszeichnen. In diesem Jahrhundert stehen neben jenen Werken, bei denen man den Eindruck erhält, als hätten sich ihre Schöpfer im dekorativen Beiwerk nicht genug tun können, auch jene, die sich von dem Einfluss einer überwuchernden Richtung frei zu halten wussten. Das charakteristische Merkmal dieser Richtung ist die Verwil- derung des Ornaments, die auch an den Verzierungen der Orgeln in Schässburg und Hermannstadt, an manchem Epitaphium und Schalldeckel wahrgenommen werden kann. In Deutschland hatte sie gegen das Ende des dreissigjährigen Krieges begonnen und war bald in „jene wilde, plumpe, schwerfällige und zugleich sinn- lose Art übergegangen, welche den Charakter der Barockzeit kennzeichnet,"^ in Siebenbürgen brauchte man nicht lange zu 1 Falke: Geschichte des deutschen Kunstgewerbes. Berlin 1888. S. 170. ROTH. I I — l62 — warten, bis der neue Geschmack der Geschmacklosi^dzeugnissen dieser Art und dieser Zeit nicht selten be- merken können. Die Denkschrift ist auf einem Medaillon an der Vorderseite des Sarkophags angebracht und hat folgenden Inhalt : D(eo) OJptimo) M(aximo). Cenotaphium Michaelis Czekeli de Rosen- feld Provinc(iae) Sax(onicae) in Tran(silvan)ia Consularis S(anctae) C(aesareae) R(egiae) A(postolicae) M(ajestatis) Guber(nii) Consil(iar)is act(uarii)int(imi) aulae vicepraef(ecti),cui beneficio sacris sua pietas rei publ(icae) deliberato temperamentum prudentia constabat vixit annos LXXXX sub ausp(iciis) supr(emi) numinis fortunae utriusq(ue) Victor aetatis humanae superator obiit Cibinii Idib(us) Oct(obris) MDCCLXX dolor o(nm)ium ac desiderium post fata superstes exem- pli et nominis immortalitate fjecerunt) et haeredes pos(uerunt)." ^ — Ausser den angeführten Werken sind im 18. Jahrhundert noch eine Reihe anderer Arbeiten entstanden. Es sind teils Grab- ^ Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 49 f. 2 Vgl. Möckesch, a. a. O., S. 109. — 173 — steine ohne hervorragendere Bedeutung oder lehrreiche Züge — wir verweisen auf die V\^a p p en st ei n e der Katharina und Mar- garetha Seulerin (die erste 1 708, die zweite 1 7 10 gestorben) in. der Kronstädter Stadtpfarrkirche/ teils sind es Holzschnitzereien, in der Regel der Gekreuzigte zwischen iMoses und Paulus oder zwischen Paulus und Petrus als Altarschnuick, wie in Boden- dorf. Die dekorative Plastik bewegte sich mit Vorliebe in den Formen des Barockornaments, das uns schon an den Orgeln in Hermannstadt und Schässburg begegnete und nun 1732 auch an der in diesem Jahre renovierten Orgel der Pfarrkirche in Mediasch wiederkehrt. Ueber die Kosten dieser Schnitzereien, sind Aufzeichnungen erhalten, die nicht ohne Interesse sind. In einem Mediascher Stadtprotokoll findet sich nämlich von der Hand des Magistratsnotärs Daniel Conrad von Heydendorf folgende Anmerkung: „Anno 1732. Zur h. Fastenzeit ist die grosse Orgel in hiesiger Kirche, nachdem zuvor die ganze Kirche reno- virt, auch fort und zwar aus dem Chor in den sogenannten na- vem Ecclesiae mit vieler Mühe transportiret worden; da dann selbige von dem Orgelbauer mit vielen neuen Werken, sowohl zinnernen, als hölzernen Regessen vermehrt worden. Sehr grosse Unkosten causiret, da nämlich dem Orgelbauer gezahlet worden für seine Mühe allein ung. fl. 85, dem Maler für das hölzerne Schnitzwerk allein, ohne das Vergülden und Malen, fl. 30, Wein urn(as) 15, Korn Kübel 8 : so dass dieses zu bestreiten, von einem löbl(ichen) Magistrat angeordnet worden, öffentlich unter der Hochmess eine freie Gabe von allen Kirchenkindern zu sam- meln ; womit denn diese Ausgaben gestillet und das Werk end- lich nach Wunsch durch Gottes Gnade verfertigt ist."'^ Demselben Jahrhundert gehört ferner ein B a r o c k al t a r an, der in der ev. Kirche zu Rotberg bei Hermannstadt auf- gestellt ist. Hinter der Altarmensa erhebt sich ein Unterbau mit gebrochener Fassade und darauf ruht auf sechs korinthischen Säulen ein Baldachin, der in eine von barocken Voluten getragene Kuppel ausmündet. Unter dieser Bedachung befindet sich ein Kruzifixus 1 Vgl. Hermann und Gusbeth, a. a. O., S. 1 1 ; die Abbildung dazu auf Tafel L Nr. i. 2 Vgl. Andreas Gräser: Umrisse zurGeschichte der Stadt Mediasch- Hermannstadt 1862, S. 48. — 174 — mit Johannes und Maria zu beiden Seiten, sowie zwei allegorische Figuren. Technisch einw^andfrei behandelt, smd diese Statuetten, trotzdem sie in Stellung und Ausdruck süsslich und allzu em- findsam anmuten, ein schönes Beispiel für die Pflege, die gerade der Kleinplastik in diesem Abschnitt nicht ohne Erfolg zu teil ge- worden ist. Bedeutendere Denkmäler der Plastik sind uns in der Festung zu Karlsburg, die 17 15 nach einem Plane des Prinzen Eugen von Savoyen angelegt wurde, erhalten. Obgleich nicht aus der Kulturarbeit der Siebenbürger Sachsen hervorge- gangen, sind sie ohne Zweifel Werke deutscher, wahrscheinlich österreichischer Bildhauer. Ausser einer ganzen Reihe kriegeri- scher Gruppen, Atlanten, Karyatiden fesseln besonders die mytho- logischen Reliefs an den Festungstoren mit Darstellungen aus der Herkulessage in gewandter Vortragsweise, wenn auch die Genauig- keit der Zeiclmung hin und wieder zu wünschen übrig lässt. Die Reiterstatue Kaiser Karls VI., die in der Art der römischen Impe- ratorenstandbilder ausgeführt und auf der Spitze des Haupttores aufgestellt ist, bezeugt feines Gefühl für die dekorative Wirkung gedacht, ist aber als Kunstwerk von zweifelhafter Güte. Das Pferd ist plump und schwer, anatomisch mangelhaft, besser die Figur des Kaisers, bei dem allerdings die emporgehobenen Arme den unangenehmen Eindruck des Theaterpathos hervorrufen. — Etwas jünger dürften die beiden Sandsteinfiguren der Pallas Athene und des Mars im Garten des Hauses Nr. 9 in der Brückengasse zu Hermannstadt sein, die wir nicht höher ein- schätzen können, als als dekorative Statuen, die man damals häufig in den Gärten der Vornehmen und Hochgestellten verwendet hat. Schliesslich weisen wir noch auf die Stuckreliefs mytho- logischen Inhalts hin, die sich an der Decke eines Hermannstädter Hauses Saggasse Nr. 18 erhalten haben. Sie stellen in der beweg- ten üppigen leichtlebigen und leichtsinnig-liebenswürdigen Art des Rokoko Götterszenen dar und scheinen von Wiener Meistern ge- schaffen worden zu sein. Fruchtbar ist das 18. Jahrhundert auf dem Gebiete der Plastik in Siebenbürgen nicht gewesen, aber immerhin war sie nicht ganz in Vergessenheit geraten. Bald aber sollte es anders werden! Ausgang. Im Jahre 1813 wurde dem Sachsengrafen Baron Michael von Brukenthal in der Ferula der Hermannstädter Stadtpfarrkirche ein Epitaphium im Stile des P2mpire errichtet, das in Wien angefertigt worden war und die in Zinkguss hergestellte Büste des Verewigten zeigt; ^ im Jahre 1898 wurde dem Reformator Johannes Honterus in Kronstadt ein Bronzestandbild geweiht, das ein Werk des Berliner Bildhauers Harro Magnussen ist, und ein Jahr darauf wurde auf dem freien Platz vor der evangelischen Stadtpfarrkirche in Hermannstadt das ebenfalls aus Bronze gegossene Denkmal des Bischofs G. D. Teutsch enthüllt, das vom Stuttgarter Bildhauer Karl Adolf Donndorf geschaffen worden war. In jüngster Zeit entstand eine nach dem Tode des Künstlers Emerich Tamas in Bronze gegossene Selbst- potraitbüste, die jetzt im Brukenthalschen Museum aufbewahrt wird und ein Kelietbildnis des Johann Honterus von Georg Donath in den Sammlungen des Schässburger Gymnasiums. Das ist alles und es ist sehr wenig ! Nur die Büste des leider zu früh verstorbenen Emerich Tamäs ist sächsische Arbeit, die übrigen Werke sind deutsche Plastik, die nach Siebenbürgen verpflanzt wurde. Aus dem Volksboden ist sie nicht, hervorgegangen ! So aber wiederholt sich die Erscheinung, die in der Blütezeit der deutschen Plastik in Siebenbürgen im ersten Viertel des lö. Jahrhunderts das Wesen der Kunst bestimmt hatte, in der jüngsten Vergangenheit noch einmal: das deutsche Gemeinwesen im siebenbürgischen Sachsen- land hat die Kraft, deutscher Kunst eine Heimstätte zu bieten. 1 Den Text der Inschrift siehe bei Trausch, Schriftstellerlexikon I, S. 187. — — 176 — Und wenn vor der Schwarzkirche in Kronstadt das Honterus denkmal an die gewaltige Tat der Reformation erinnert, in der kühnen HaUang des Honterus mit der ausgestreckten Linken die Energie und Kraft der Kirchenerneuerung betonend, wenn das Bischof-Teutscii-Denkmal in Hermannstadt in der charakteristisclien Wiedergabe des grossen Mannes das Machtvolle seiner Persönlich- keit den Enkeln vor Augen hält, so bezeugen diese Werke im Grossen, was das Brukenthalepitaphium und das Donathsche Honterusrelief im Kleinen bewahrheiten, dass die Plastik als Frucht deutschen Geistes auf siebenbürgisch -sächsischem Boden bewertet werden nuiss ! Wie überall, so ist auch in der siebenbürgisch-deutschen Ko- lonie, die doch in der Hauptsache aus einem im Durchschnitt kaum wohlhabend zu nennenden Mittelstand und einem für die Pflege der Plastik nicht in Betracht kommenden Bauernstand besteht, der bil- denden Kunst in den letzten Jahrzehnten nicht jene Bedeutung zuge- messen worden, die ihr als einer lebenvertiefenden und lebenverschö- nenden Kraft gebührt. Aber je mehr sich in dem Kampfe um den nati- onalen ui^.d wirtschaftlichen Bestand des sächsischen Volkes in Sie- benbürgen die Erkenntnis Bahn bricht, dass nur die intensivste in- nere Arbeit, die Steigerung der Leistungen der Schule, die tiefere Gründung der Volksbildung, das Besinnen auf sich selbst Bürg- schaften für die Zukunft in sich tragen, um so mehr wird auch die Kunst wieder in den Besitz ihres alten Rechtes eingesetzt wer- den! Ob sie aber jemals in Siebenbürgen wieder eine solche Blüte erleben wird, wie sie sie in der Vergangenheit mehr als einmal, gesehen hat, wer könnte das voraussagen?! Wir aber wollens hoffen ! NACHTRÄGE UiND BERICHTIGUNGEN. S. 23 Z, 2 von oben erfordert vor dem Worte «wir» ein Komma, ebenso hat Zeile -i hinter dem Worte «Jahrhunderts» dasselbe Zeichen Platz zu finden. S. 28 Z. :7 von oben statt «Wortisch» «Wortitsch». Zu S. 29 wTre nachzutragen : Nach L. Reissenberger, Die evangelische Pfarrkirche A. B. in Hermannstadt, S. 48 \v"re zu lesen: «(Se- pultura) nobilis vir . * georgy * hecht v(el) Chwkas * dicii * condam * Magistiir * i civiu(m) * Civitatis * Cybin * ien S. 33 Z. 12 von unten statt «Mathias» «Matthias». S. 62 Z. 12 von oben das letzte Wort dieser Zeile «die» f."llt weg. S. 62 Z. 7 von unten ist zu lesen statt «essshatt» sesshaft». S. 63 Z. 8 von oben ist zu lesen statt «zv^'ingeno «zeugen». S. 66 Z. 12 von unten ist zu lesen statt «knüpieno knüpit». S. 91 Z. 10 von oben entlallt das Komma hinter früheste. S. 91 Z. 14 von oben ist zu lesen statt «aus^führten» «ausgeführten». S. 94 Z. 4 u. 6 von oben soll es beidemal heissen: «meus» statt «mi». S. 94 Z. i3 von oben statt «peictus», «pectus». S. 94 Z. i3 von unten statt «binusque», «bimusque». S. vj3 Z. 10 von oben statt «comiti», ((comitis». S. 95 Z. 17 von oben statt «Signaculum», «Signaclum». S. gS Z. 2 1 von oben statt «nobiliore «nobiliori». S. 106 Z. I von oben ist vor Sepultura einzufügen: M(emoriae) S(em- piternae). S. 106 Z. 2 von oben soll es heissen statt «cosulti(ssimii>; «consult(is- simi)»). S. 106 Z. 12 von oben soll heissen: «Jura(que) Cibinia civibus aequa tulit». S. 106 Z. 16 von oben statt «mentis» «meritis». S. 106 Z. 17 von oben statt «nata» «nota». S. iio Z. II von unten soll es heissen tsatt «Mathias» «Matthias». S. ijo Z. 2 von unten ist hmter «als» einzufügen «als». S, 110 Z. 23 soll «Matthias» stehen statt «Mathias». S. III Z. I der Anmerkung. Statt «unvollständig» soll es heissen «in dieser Form». S. 1 1 2 Z. 8 von unten soll statt «am» «aus» gelesen werden. Zu S. I 1 3 f . ist auf die Bemerkung Reissenbergers hinzuweisen, «Am Semrigerschen Grabsteine zwischen den Füssen des in Febens- grösse ausgehauenen S ichsengrafen findet sich das Monogramm ROTH. 178 — MB mit einem S (Sculpsit) in einem Steinmetzzeichen darüber vor.» Reissenberger, Die evangelische Stadtptarrkirche A. B. in Hermannstadt, S. 48. S. ii3 Z. 3 von oben ist statt «au», «aus» zu lesen. S. 114 Z. 10 von oben ist statt «des Mentes» «des Mente» zu lesen. S. 120 Z. 17 ist hinter «bemerkenswert» einzufügen «ist das Werkw. S. 121 Z. II u. 18 von oben soll statt « Draut'schen» und «Drautsche» gelesen werden «Drauth'schen» und «Drauthsche». S. 122 Z. i5 von üben und Z. 4 von unten soll statt «Drauth» gelesen werden «Drauths". S. 124 Z. 9 von unten soll für «Barccensi» stehen «Barcensi«. S. 126 Z. 1 von oben ist für «Mathias» zu lesen «Matthias». S. i3o Z. 7 von oben ist zu lesen lür («enthielt» «enthalt». S. i3i Z. 12 von unten ist für ^14.» zu lesen «iS.». S. i3q Z. 9 von oben ist statt «Eelde» zu lesen «Felde». S. 143 Z. I von oben fällt «sollen« aus. S. 146 Z. 14 von unten soll für «beweist» stehen «beweisen». S, i5q Z. 5 von unten soll für «sp(ectab)lis)i gelesen werden «sp(ecta- " bi)lis)). TAFELN. f Taf. I. Taf. II. Petrus Lantregen: Kreuzigungsgruppe. 1417. Hermannstadt. Taf. IV. Taf. V. Taf. VI. Taf. VII. Die Pietä des Meisters Ulrich von Kronstadt. 1506. Baron von Brukenthalsches^Museum in Hermannstadt. I Taf. IX. Veit Stoss ; Der Stammbaum Jesu. Holzschnitzerei im Schrein des Mühlbacher Altarwerkes (1490—14%). i Taf. X. Die Hcimsuchnng. Die Beschneidung. Reliefs des Mühlbachcr Altars von Veit Stoss (1490—1496) Taf. XI. Taf. XII. Taf. XIII. Taf. XIV Taf. XV. Taf. XVI. f Taf. XVil. Taf. XVllI. 1 / i^'^ ^ - Taf. XIX. Elias Nikolai: Deckel des Sarkophags Georg Apaffis (f 1635). Nationalmuseum in Budapest. Taf. XX, Taf. XXI. Taf. XXII. I Taf. XXIV. Taf. XXV. I I Taf. XXVI. Taf. XXVII. Taf. XXVIII. jl I I! -7 Taf. XXIX. Taf. XXX. Epitaphiuni des Aegidius Mangcsius (f 1740). Mediascher ev. Stadlpfarrkirche. Epitaphium des Johann Kertsch (f 1748). Mediascher ev. Stadtpfarrkirche.